26.03.2017 11:26 Uhr

Aserbaidschan-Check: Gelingt der große Coup?

Dimitrij Nazarov (l.) und Co. träumen von der Sensation
Dimitrij Nazarov (l.) und Co. träumen von der Sensation

Das kleine Aserbaidschan ist die Überraschung in EM-Quali-Gruppe C. Punktgleich mit dem ersten Deutschland-Verfolger Nordirland liegt der Underdog aktuell auf Platz drei. Zwei "Deutsche" spielen eine wichtige Rolle, der Star der Mannschaft aber ist der Trainer. Der weltfussball-Gegnercheck vor dem Duell mit dem DFB-Team.

Formkurve: 

"Sie spielen die beste Quali ihrer Geschichte", warnte Joachim Löw vor dem Aufeinandertreffen mit Aserbaidschan in Baku. Nach einem 1:0-Heimsieg über Norwegen, der eine wahre Euphoriewelle entfachte, und einem Punktgewinn gegen EM-Teilnehmer Tschechien setzte es im letzten Qualifikationsspiel gegen Nordirland aber eine deftige 0:4-Pleite für den Außenseiter.

Auch der letzte Test im März gegen Fußballzwerg Katar sorgte für Ernüchterung. Gegen den Wüstenstaat quälte sich das Team von Trainer Robert Prosinečki zu einem knappen 2:1-Erfolg. 

Player to watch:

Dimitrij Nazarov. In der zweiten Bundesliga präsentiert sich der Aue-Torjäger momentan in starker Form. Viermal konnte der 26-Jährige in den letzten fünf Ligaspielen treffen.

Auf ein Tor in der laufenden WM-Qualifikation wartet der Angreifer hingegen noch. Für das Duell gegen den Weltmeister ist Nazarov aber besonders motiviert: "Es ist der bisherige Höhepunkt meiner Karriere. Ich spiele schon viele Jahre im deutschen Profifußball und darf jetzt den Weltmeister herausfordern. Da geht ein großer Traum in Erfüllung."

Neben Nazarov ist auch ein zweiter Akteur richtig heiß auf das Duell mit Özil und Co.: Frankfurts U19-Spieler Renat Dadashov gilt als Sturm-Juwel. Für die deutsche U16- und U17-Auswahl knipste der Youngster in 20 Einsätzen beachtliche 16 Mal. Nach starken Auftritten in der A-Junioren-Bundesliga folgte für den Mann mit aserbaidschanischen Eltern jetzt eine Nominierung für die A-Mannschaft vom Kaukasus.

"Ich habe letztlich auf mein Herz gehört. Hier stehen alle hinter mir", erklärte der 17-Jährige gegenüber dem "Hessischen Rundfunk" seine Entscheidung. Ausgerechnet gegen Deutschland könnte der gebürtige Rüdesheimer jetzt sein Debüt in der Nationalmannschaft feiern.

Trainer:

Der Star des DFB-Gegners steht an der Seitenlinie. Einst kickte Robert Prosinečki als Mittelfeldstratege für Real Madrid und den FC Barcelona. Seit der Amtsübernahme von Berti Vogts vor knapp zweieinhalb Jahren ist der Kroate als Nationaltrainer von Aserbaidschan tätig. 

Während sein Vorgänger vor allem auf die Defensive setzte, hat der 48-Jährige seiner Mannschaft Mut in der Offensive verordnet. "Wir müssen auch ein bisschen nach vorn denken. Ich verlange vom Team, dass es versucht zu spielen", erläuterte der Fußballlehrer im "kicker".

Dass in der Qualifikation trotzdem erst zwei Tore raussprangen, sieht Prosinečki gelassen: "In San Marino hatte wir viele Chancen, aber kaum Effizienz. Norwegen war ein sperriger Gegner mit vielen Legionären. Unser bestes Spiel haben wir beim 0:0 in Tschechien gemacht."

Viel wichtiger sei ohnehin die Entwicklung der Mannschaft. "Wir haben schon Fortschritte gemacht. Wir haben hier was verändert und die Spieler vertrauen uns", so der Coach. Bis zur Qualifikation für eine Endrunde mit Aserbaidschan sei es aber noch ein "langer Weg."

Stärken und Schwächen:

Im altehrwürdigen Tofig-Bakhramov-Stadion von Baku erwartet Löw und Co. ein Hexenkessel. 30.000 Zuschauer werden ihre Mannschaft 90 Minuten lang nach vorne Peitschen. "Hier wollen alle den Weltmeister sehen - das Stadion ist voll. Das wird ein Spektakel für das Land", stellte Prosinečki klar. Ein Vorteil, der schon beim überraschenden 1:0 gegen Norwegen deutlich wurde.

Zudem lobte Ex-Trainer Berti Vogts die Einstellung des Herausforderers. "Solange es Unentschieden steht, haben die Aserbaidschaner ein unfassbares Selbstvertrauen. Das kann man sich kaum vorstellen", warnte der Europameister von 1996 die DFB-Elf gegenüber der "Bild". 

Und dennoch hat Aserbaidschan auch in der aktuellen Qualifikation mit großen Problemen zu kämpfen. Neben der eigenen Abschluss-Schwäche förderte vor allem das 0:4-Debakel gegen Nordirland eine weitere Baustelle zu Tage: Drei der vier Gegentore fielen nach gegnerischen Standards.

Prognose für das Deutschland-Spiel:

Die deutsche Mannschaft geht ohne Frage als haushoher Favorit ins Spiel. Nur falls der heimische Abwehrriegel die Anfangsphase übersteht, könnte der Weltmeister in der hitzigen Atmosphäre von Baku gegen einen frenetisch unterstützten Gegner vor Probleme gestellt werden. 

Ein Punktgewinn von Aserbaidschan, das noch nie an der Endrunde eines großen Turniers teilnahm, käme aber einer Sensation gleich.

Falk Velten