20.04.2017 11:30 Uhr

Rapid-Legende Dokupil: Zeitsprung zum 70er

Das Stadthallenturnier 1994/95 - der erste Titel, den Ernst Dokupil mit Rapid holte
Das Stadthallenturnier 1994/95 - der erste Titel, den Ernst Dokupil mit Rapid holte

Ernst Dokupil wird 70! Wir wünschen dem Meistertrainer sowie Europacup-Finalisten schon jetzt vor seinem runden Geburtstag am Montag alles Gute und werfen einen Blick zurück auf den Sommer 1994. Ein Sommer, der sein Leben grundlegend veränderte. Es war der Sommer, in dem er Rapid-Trainer wurde. Und wir stellen fest, es hätte alles ganz anders sein können.

Eine weltfussball-Zeitreise: Der Wiener war beim Amtsantritt am 25. Mai 1994 nicht einmal der erklärte Wunschkandidat von Rapid. Eigentlich hätte ja Heribert Weber, der damals noch seine letzten Spiele als Aktiver in Salzburg absolvierte, Trainer werden sollen. Der Ehrenkapitän erteilte den Grün-Weißen jedoch eine Absage.

"Ich habe mich entschieden und bin in der nächsten Saison Trainer von Puch", meinte Weber damals. Lieber zum damaligen Zweitligisten, mit dem er dann abstieg, als zum Rekordmeister. Bezeichnend für die Lage in Wien-Hütteldorf, wo der Ausgleich im Insolvenzverfahren noch nicht einmal beschlossene Sache war.

Dokupil nahm den Job dankend an: "Es ist etwas Herrliches. Eine Ehre und Freude. Rapid war immer mein Wunschverein." Davor war er einige Zeit von der Bildfläche verschwunden. 1990 wurde er bei VSE St. Pölten durch Hubert Baumgartner abgelöst. Ein wenig Genugtuung war sicherlich auch dabei, dass es dann eben vier Jahre später die Rollen zwischen den beiden genau umgedreht wurden.

Ogris-Wechsel stand im Raum

Dokupil war dafür bekannt, dass er junge Talenten an Land zog und sie weiter formte. Bei Simmering beispielsweise Toni Polster, bei der Vienna dann Peter Stöger oder Andi Herzog und bei Admira Wacker Andi Ogris.

Bei Letzterem stand im Transfer-Sommer 1994, was heute oft vergessen wird, sogar ein Wechsel nach Hütteldorf im Raum. "Sportlich gesehen ist Ogris immer interessant", meinte Dokupil über den Erz-Violetten, der bei Austria-Trainer Egon Coordes in Ungnade gefallen war – weil er den Zapfenstreich überzogen hatte. Ein Transfer wäre aber letztlich für den bescheidenen finanziellen Rahmen der Grün-Weißen eine zu große Belastung gewesen.

Ein anderer, später immens wichtiger Akteur, stand bei Rapid zu dieser Zeit übrigens vor dem Abgang: Didi Kühbauer. "Man sieht, dass er läuferisch und am Ball stark ist. Mein Kommen hat sich gelohnt", gab der überaus interessierte Beobachter Friedhelm Funkel nach dem Debüt von Dokupil, ein 1:1 gegen St. Pölten, von sich.

Funkel war damals Trainer des deutschen Bundesligisten Bayer Uerdingen. Ohne Kühbauer hätte Rapid keinen Meistertitel geholt und großen Erfolge im Europacup gefeiert – so lautet die These, die nicht einmal sonderlich gewagt ist.

"Wir strotzen vor Blödheiten"

Im Sommer 1994 wurden weitere wichtige Weichen gestellt. SCR-Legende Hans Krankl stand kurz vor einem Engagement als Trainer von Sturm Graz. "Er wäre für unsere junge Mannschaft ein interessanter Mann, müsste aber zu unseren Bedingungen arbeiten", meinte Vereinsboss Hannes Kartnig damals. Stattdessen ging Krankl zum "Dreamteam" FC Tirol und der Sturm-Präsident tätigte mit seiner zweiten Wahl Ivica Osim einen Goldgriff.

Um wieder auf Jubilar Dokupil zurück zu kommen: Der passte zu Rapid wie die Faust aufs Aug'. Die damalige Mannschaft hätte keinen passenderen Trainer finden können. Den Spaß zurückbringen, das war sein oberstes Ziel. "Wir strotzen vor Blödheiten", meinte er nach wenigen Wochen im Amt.

Die Schmähbrüder, denen man damals nicht viel zugetraut hätte, stürmten in der Folge von einem Erfolg zum nächsten. Erst der prestigeträchtige Erfolg in der Wiener Stadthalle, dann ÖFB-Cup, dann Europacupfinale, Meistertitel und Champions League.

Jogi Löw stand auf dem Zettel

Am 31. März 1998 war die Luft draußen. Nach einer 0:5-Pleite gegen den LASK wurde Dokupil zum Sportdirektor, quasi zur Seite befördert. Günter Kaltenbrunner, damals Rapid-Präsident, konnte auf die Frage, ob es für den ehemaligen Erfolgstrainer nun einen Auf- oder Abstieg bedeutet, keine richtige Antwort geben: "Das liegt wahrscheinlich irgendwo in der Mitte."

Nachfolger wurde nun Heribert Weber, der eigentlich schon 1994 Kandidat Nummer eins war. Und zwei Jahre später übernahm dann wieder Ernst Dokupil. Allerdings etwas widerwillig.

"Es war eine Variante für den Notfall. Jetzt musste ich aber doch einmal überlegen, denn eigentlich kann ich nur verlieren. Aber Rapid braucht mich jetzt, das hat entschieden", meinte er damals. Zuvor schlug Dokupil dem Präsidium andere Lösungen vor. "Eine stärkere Einbindung von Savicevic war denkbar", so "Dok" damals. Unter anderem fiel auch der Name Joachim Löw, noch lange bevor dieser in Innsbruck, Favoriten oder gar beim DFB ein Thema war.

Dokupil hatte Recht, er konnte nur verlieren. Ein Jahr später wurde er wieder abserviert und durch Lothar Matthäus ersetzt. Eine große Enttäuschung, im Winter erlitt er sogar einen Herzinfarkt, von dem er sich aber inzwischen wieder erholte.

Alles Gute, Ernst Dokupil. Mögen noch viele weitere Geburtstage folgen.

Mehr dazu:
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>> Trainerhistorie SK Rapid Wien

Johannes Sturm