14.06.2018 19:10 Uhr

Russland gelingt Traumstart in die WM

Pure Freude bei den Russen
Pure Freude bei den Russen

Traumstart für Russland, Jubel bei Wladimir Putin: Entgegen der schlimmsten Befürchtungen hat der fußballerisch zuletzt limitierte Gastgeber die 21. Weltmeisterschaft mit einem 5:0 (2:0)-Kantersieg über ein ganz schwaches Saudi-Arabien eröffnet.

Die Fans im Riesenreich konnten kollektiv aufatmen und feierten ihr oft hart kritisiertes Team mit Sprechchören: "Malatzi, Malatzi" - auf deutsch: "Ihr Prachtkerle".

Der erste Länderspiel-Erfolg nach 240 Tagen und der höchste Sieg in einem WM-Eröffnungsspiel seit Italiens 7:1 gegen die USA vor 84 Jahren lässt das Team von Trainer Stanislav Cherchesov auf den erstmaligen Einzug einer russischen Mannschaft ins WM-Achtelfinale hoffen - und machte auch den russischen Präsidenten in der Ehrenloge richtig glücklich.

"Wir haben uns gezielt auf den Tag vorbereitet. Das war der richtige Zeitpunkt. Der Sieg im ersten Spiel ist wichtig", sagte der trotz des Traumstarts erstaunlich sachliche Cherchesov in der "ARD". "Drei Punkte sind da. Es ist ein Turnier, es endet nicht mit diesem Spiel", fügte er an.

Juri Gasinski (12. Minute), Denis Cheryshev (43./90.+1), Artem Dzyuba (71.) und Alexander Golovin (90.+4) besiegelten vor 78.011 Zuschauern und Millionen Fans an den Bildschirmen im Duell der zwei in der Weltrangliste am schlechtesten notierten WM-Teilnehmer den so sehnlich erhofften Auftaktsieg der Sbornaja. In der Ehrenloge goutierte Kremlchef Putin den Erfolg mit einem Lächeln, nachdem er die WM mit einer Rede eröffnet und von einem "Feiertag des Weltsports" gesprochen hatte.

Rossija, Rossija! Lautstark hallten die Russland-Rufe der erwartungsfrohen, aber auch sorgenvollen Fans durch das riesige Luschniki-Stadion. Der Druck auf Stürmerstar Fjodor Smolov und seine Kollegen war förmlich greifbar. Nur keine Pleite zum Auftakt. Die erste Erlösung folgte schnell. Alexander Golovin flankte auf Gasinski. Der Blondschopf köpfte zur Führung ein.

Der erste Versuch, gleich ein Treffer: Das war bei einer WM zuletzt Deutschland 2006 durch Philipp Lahm beim 4:2 gegen Costa Rica geglückt, twitterte Opta. In der Präsidenten-Loge reichte Putin mit einem breiten Grinsen dem saudischen Kronprinzen Mohammed bin Salman die Hand.

Das Tor brachte Ruhe ins Spiel, fast zu viel Ruhe. Denn die Sbornaja schnaufte erstmal durch. Dass dies gegen die Saudis gefährlich sein kann, hatte schon die deutsche Elf im mauen Test in Leverkusen (2:1) vergangene Woche erfahren müssen. Einen schnellen Vorstoß über Jassir Al-Shahrani konnte Topstürmer Mohammed Al-Sahlawi (21.) aber nicht nutzen.

"Ich glaube nicht, dass es einen Einfluss hatte, dass wir im ersten Spiel gegen den Gastgeber gespielt haben. Wir müssen unsere Lehren aus dem Spiel ziehen und im nächsten Spiel konzentriert auftreten. Ich habe großes Vertrauen in mein Team", sagte Juan Antonio Pizzi, der Trainer von Saudi-Arabien, nach dem Spiel.

Dzagoev droht WM-Aus

Bitter endete das Spiel für Alan Dzagoev schon nach 24 Minuten. Einen Sprint musste er abbrechen, der Griff an die Rückseite des linken Oberschenkels verhieß nichts Gutes - möglicherweise schon das WM-Aus für das schlampige Genie der Russen? Dzagoev verließ das Feld mit Tränen in den Augen.

Cherchesov brachte nicht einen der Mirantschuk-Zwillinge, sondern Cheryshev. Was für ein Glücksgriff. Der Spanien-Legionär legte mit einer Körpertäuschung die große Schwäche der saudischen Defensive offen. Zwei Verteidiger rutschten ins Leere - Cheryshev donnerte den Ball zum ersten Joker-Treffer eines WM-Eröffnungsspiels ins Tor. Cherchesov nahm auch das zweite Tor erstaunlich gelassen zur Kenntnis.

Das änderte sich beim 3:0. Als Dzyuba in der zweiten Halbzeit nahezu unbedrängt einköpfen konnte, war auch der ehemalige Dresden-Torwart emotional und ballte die Fäuste. Zuvor hatte die Sbornaja in den Sicherheitsmodus geschaltet und auf Konter gelauert. Saudi-Arabien hatte keine fußballerischen Mittel, die Niederlage zu verhindern. Im Gegenteil: In der Nachspielzeit legten Cheryshev mit einem traumhaften Schlenzer und Golovin per Freistoß nochmal nach.