06.07.2018 10:57 Uhr

Kuntz: "Beim DFB schon seit einiger Zeit Probleme"

Stefan Kuntz (r.) sieht Optimierungsbedarf in der Nationalmannschaft
Stefan Kuntz (r.) sieht Optimierungsbedarf in der Nationalmannschaft

Nach dem historischen Vorrunden-Aus der deutschen Nationalmannschaft bei der Fußball-WM in Russland steht beim DFB alles auf dem Prüfstand. U21-Nationaltrainer Stefan Kuntz hat im "tz"-Interview jetzt Einblick in die Analyse gegeben.

"Vor einem Jahr wurden wir aufgrund des Confed-Cup-Sieges und des U 21-EM-Titels noch für unsere Nachwuchsarbeit gelobt. Fakt ist, dass wir beim DFB schon seit einiger Zeit Probleme anmahnen und diese auch schon aktiv angehen", nahm Kuntz Stellung zur deutschen Jugendarbeit und ergänzte: "Das ist allerdings ein langer Prozess, in dem viele verschieden Parteien eingebunden werden müssen."

Das Nachwuchssystem habe mit vielfältigen Problemen zu kämpfen. "Im Laufe der Jahre sind hier Folgeentwicklungen entstanden, das System hat dadurch Schwächen bekommen. Es sind mehr Beteiligte mit unterschiedlichen Interessen involviert, auch wirtschaftlicher Natur. Dazu haben andere Nationen vieles aus unserem System kopiert, teilweise die Schwächen erkannt und sich gegen diese gewappnet. Um etwas zu verändern, müssen aber viele Beteiligte auf ein Ziel hinarbeiten", erklärte der DFB-Verantwortliche.

Auch die Diskussion um fehlende Typen in der Nationalmannschaft betrachtet Kuntz differenziert: "Das ist nicht mit dem Nachjustieren einer einzelnen Schraube getan. Zunächst muss man zwischen Eins-gegen-Eins-Spielern und Führungsspielern unterscheiden. Zum Thema Eins-gegen-Eins-Spieler: Es ist nicht so, dass wir keine Eins-gegen-Eins-Spieler hätten. Draxler, Brandt, Sané, Gnabry sind nur einige Beispiele auf höchstem Niveau."

"Fußballer sind ein Spiegelbild der Gesellschaft"

Zugleich macht der 55-Jährige Fehler in der Nachwuchsförderung aus. "Vor einigen Jahren wurden die Inhalte der Ausbildung etwas mehr ins technisch-taktische verschoben. Dabei sind allerdings andere Aspekte wie das Eins-gegen-Eins und andere Basics etwas in den Hintergrund gerückt", so Kuntz, der für Veränderungen allerdings Zeit einforderte.

Insgesamt seien die Einflussmöglichkeiten in der Jugendarbeit aber begrenzt: "Fußballer sind ein Spiegelbild der Gesellschaft. Aber es gibt sicherlich Möglichkeiten, Einfluss auf die Persönlichkeitsentwicklung zu nehmen. Hier setzen wir in den wenigen Wochen, in denen wir in den U-Mannschaften mit den Spielern zusammen sind, an, gerade was die Vermittlung von Werten und Tugenden angeht."