09.07.2018 16:14 Uhr

Yarmolenko kehrt dem BVB den Rücken

Andrey Yarmolenko steht beim BVB vor dem Absprung
Andrey Yarmolenko steht beim BVB vor dem Absprung

Medienberichten zufolge steht Andrey Yarmolenko unmittelbar vor dem Wechsel vom Fußball-Bundesligisten Borussia Dortmund nach England. Für den BVB bahnt sich das Ende eines Missverständnisses an.

Als Andrey Yarmolenko am 28. August 2017 kurz vor Schließung des Transferfensters für 25 Milionen Euro von Dynamo Kiew zu Borussia Dortmund wechselte, sorgte er dort für große Erleichterung.

Nur drei Tage zuvor hatte der BVB Shooting-Star Ousmane Dembélé an den FC Barcelona verloren. Während der laufenden Saison fehlte dem BVB plötzlich eine zusätzliche, möglichst hochklassige Option für die rechte offensive Außenbahn.

Dass Yarmolenko nur 72 Stunden später seinen Vertrag bei der Borussia unterzeichnete, deutete auf einen Schnellschuss hin. Ein echter Panikkauf war der 27 Jahre alte Ukrainer jedoch nicht.

"Andrey ist ein Spieler, den wir schon seit langer Zeit verfolgen", verkündete Dortmunds Sportdirektor Michael Zorc bei der Vorstellung des Neuzugangs. Die Torquoten von 137 Toren in 339 Pflichtspielen für Kiew und 29 Toren in 69 Länderspielen klangen vielversprechend.

Tatsächlich handelte es sich bei der damaligen Offerte bereits um den dritten Versuch, Yarmolenko ins Ruhrgebiet zu lotsen. Die ersten beiden Anläufe waren noch an den Preisvorstellungen seines Ex-Klubs gescheitert.

Mit dem nach dem Dembélé-Deal prall gefüllten Festgeldkonto spielte die Ablösesumme in den Erwägungen der BVB-Spitze nun jedoch lediglich eine untergeordnete Rolle. Yarmolenko sei auf Vereinsebene und im Nationalteam auf "Topniveau", schwärmte Zorc vom Neuzugang.

Yarmolenko kein adäquater Dembélé-Ersatz

Fraglich war jedoch von Beginn an, ob Yarmolenko der richtige Spielertyp sein würde, um den filigranen Dembélé zu ersetzen und auf dem Flügel des BVB einen nachhaltigen Eindruck zu hinterlassen.

Fast 1,90 Meter groß, von der Statur her eher ein Mittelstürmer und bei weitem nicht so dynamisch und handlungsschnell wie sein Vorgänger -  Yarmolenko schien viel eher ein "Anti-Dembélé" zu sein, wie ihn die "Welt" bereits bei seiner Verpflichtung nannte, als der "Dembélé-Ersatz" ("Süddeutsche Zeitung").

In das klassische Beuteschema der Borussia passte der erfahrene Profi zudem nicht. Der Linksfuß war keine Nachwuchshoffnung mit Entwicklungspotential, sondern ein Spieler der seinen Zenit bereits erreicht hatte. Einen solchen Akteur in eine deutlich stärkere Liga zu holen, war definitiv ein großes Risiko.

Yarmolenko versinkt im Form-Loch

Trotzdem überzeugte Yarmolenko in den ersten Partien in einer brillant aufspielenden Dortmunder Mannschaft, die sich unter dem neuen Trainer Peter Bosz an die Tabellenspitze der Bundesliga katapultierte. 

"Andrey Yarmolenko lässt die Fans Dembélé vergessen", titelten die "Ruhr Nachrichten" nach dem Gala-Auftritt des Neuen beim 3:0-Sieg gegen den Hamburger SV. In diesem Spiel war Yarmolenko die dritte Torvorlage im dritten Bundesligaspiel für den BVB gelungen.

Doch spätestens als die anfängliche Bosz-Euphorie schwand, tauchte auch der Ukrainer immer mehr ab. Während der Negativserie von zwölf Spielen ohne Sieg zwischen September und Dezember, die in der Entlassung von Bosz mündete, schaffte es Yarmolenko nicht mehr, seine Leistung auf den Platz zu bringen.

Kein Führungsspieler, sondern nur Mitläufer

Zudem entpuppte sich der vermeintliche Führungsspieler in einem zusehends verunsicherten Team als Mitläufer. Yarmolenko war nicht derjenige, der seine Mannschaftskollegen in der schwierigen Phase mitreißen konnte.

Und während der BVB sich unter dem neuen Trainer Peter Stöger zunächst stabilisierte und wieder Ergebnisse einfuhr, schaffte es Yarmolenko nicht, seine Form der ersten Spieltage wiederzufinden.

Zu allem Überfluss zog sich der 77-malige Nationalspieler im Februar eine Sehnenverletzung im Fuß zu. Mehrere Monate Pause waren die Folge. Am Saisonende reichte es lediglich noch zu zwei Kurzeinsätzen als Einwechselspieler.

Konkurrenz beim BVB für Yarmolenko zu groß

Beim neuen BVB-Coach Lucien Favre darf Yarmolenko nun gar nicht mehr vorspielen. Bereits am Montag soll er den Medizincheck bei West Ham United absolvieren. 20 Millionen Euro machen die Londoner dem Vernehmen nach für den Routinier locker - immerhin ein aus Dortmunder Sicht noch moderater Wertverlust.

Mit Neuzugang Marius Wolf und Top-Talent Christian Pulisic ist der BVB auf der rechten Flügel auch ohne Yarmolenko gut aufgestellt. "Er spielt auf einer Position, die bei uns nicht unterbesetzt ist", beschrieb Zorc im "kicker" die Sachlage.

Mit anderen Worten: Beim gerade laufenden Personalumbruch der Schwarzgelben ist Yarmolenko verzichtbar. In Dortmund dürfte dem Missverständnis kaum jemand eine Träne nachweinen.

Jonas Hofmann