10.09.2018 14:45 Uhr

Berliner AK droht vor Chemnitz-Spiel mit Rückzug

In Chemnitz kam es in den vergangenen Wochen zu Protesten und Ausschreitungen
In Chemnitz kam es in den vergangenen Wochen zu Protesten und Ausschreitungen

Die Spieler des Multi-Kulti-Teams vom Berliner AK reisen in der Fußball-Regionalliga mit großen Sorgen zum Auswärtsspiel am Samstag beim Chemnitzer FC (13:30 Uhr), nachdem es dort zuletzt gewaltsame Übergriffe gegeben hatte.

"Wir wollen uns zunächst das Sicherheitskonzept vom NOFV und Chemnitz anhören", sagte BAK-Präsident Ali Han im Interview mit dem "SID". Mit Blick auf das Spiel sagte er: "Wenn es zu Ausländerfeindlichkeiten oder rassistischen Äußerungen kommt, werden wir uns zurückziehen. Spielunterbrechung und Rückzug."

Die Spieler übernachten 40 Kilometer von Chemnitz entfernt und wollen bei rassistischen Anfeindungen sofort den Platz verlassen.

Für Han ist das Fass längst übergelaufen. In seinem Klub, in dem die meisten Spieler einen Migrationshintergrund haben, herrsche eine anhaltende Angst vor Attacken von Hooligans.

Aus diesem Grund habe man vor dem letzten Auswärtsspiel beim sächsischen Klub VfB Auerbach in Tschechien übernachtet. Dieses Mal schlägt der BAK sein Nachtquartier 40 Kilometer von Chemnitz entfernt auf.

Berliner AK bemängelt Sicherheitskonzept

Schon vor einer Woche hatte Han Alarm geschlagen und den Nordostdeutschen Fußball-Verband und den Chemnitzer FC in die Pflicht genommen. Bislang waren die Äußerungen jedoch nicht zufriedenstellend. "Man sagte uns, es gebe bereits ein Sicherheitskonzept, das ausreichend sei. Aber die Lage hat sich doch geändert", mahnte Han.

Am Dienstag treffen sich NOFV und die Vertreter beider Klubs im Chemnitzer Stadion zum Krisen-Gipfel. "Wir wollen, dass die Sicherheitsmaßnahmen überprüft werden. Dann werden wir uns im Vorstand zusammensetzen und entscheiden", sagte Han.

Besonders wichtig sei ein ausreichender Polizei-Einsatz, der protokollarisch festgelegt werden müsse.

Auch die Tatsache, dass Verfassungsschutz-Präsident Hans-Georg Maaßen zuletzt die Jagd auf Ausländer in Chemnitz infrage gestellt hatte, konnte beim Klub aus der Hauptstadt nicht für Beruhigung sorgen - im Gegenteil.

"Das macht uns Sorgen, wenn es keine einheitliche Aussage zu den Vorfällen gibt. Wir wissen nicht, wem wir glauben sollen", sagte Han.

Chemnitzer FC stellt sich den Vorwürfen

Han selbst hatte in seinem ersten Appell darauf hingewiesen, dass ehemalige Fangruppierungen des Chemnitzer FC zu den rechten Aufmärschen in der Stadt aufgerufen hätten. "Wir fordern, dass eine klare Grenze zwischen Fußball und Hooligans gezogen wird", so Han.

Der Chemnitzer FC, der nach Abstieg und Finanzproblemen derzeit von einem Insolvenzverwalter vertreten wird, hat sich den Vorwürfen gestellt. Es müsse aufgeklärt werden, ob rechte Gruppierungen eine Organisationsbasis im Klub hätten, teilte der Klub mit.

"Die Behörden unterstützen wir in jeder Hinsicht und jeder Fan, Mitglied oder Beteiligter wird aufgefordert, sachdienliche Hinweise an die zuständigen Stellen zu erteilen", erklärte der Klub.

Der DFB hatte die Ausschreitungen in Chemnitz mit Bestürzung verfolgt. "Hass und Gewalt können in keinster Weise toleriert werden, weder auf noch neben den Fußballplätzen", teilte der Landesverband mit und betonte: "Der NOFV steht in direktem Austausch mit den Vereinen und hat bereits Maßnahmen rund um das betreffende Spiel eingeleitet, die den Sicherheitsrichtlinien folgen."

Nach dem Tod eines 35-jährigen Deutschen durch einen mutmaßlich von Asylbewerbern verübten Messerangriff vor zwei Wochen hatte es in der sächsischen Stadt mehrfach Kundgebungen auch rechter Gruppierungen gegeben, die teilweise in Ausschreitungen mündeten. Dabei wurden auch Ausländer und Journalisten angegriffen.