19.11.2018 12:17 Uhr

Mal zweitklassig, mal Weltklasse: Kölns Hector liefert ab

Jonas Hector bestritt in den letzten vier Jahren mehr Länderspiele als jeder andere DFB-Star
Jonas Hector bestritt in den letzten vier Jahren mehr Länderspiele als jeder andere DFB-Star

Mit mittlerweile 42 Länderspiel-Einsätzen für die Deutsche Fußball-Nationalmannschaft gehörte Jonas Hector in der runderneuerten Startelf gegen Russland (3:0) zu den erfahrensten DFB-Kickern. Der Bundestrainer baut auf den Linksverteidiger, auch wenn dieser nur noch zweitklassig spielt. 

Die Gegenspieler des 28-Jährigen auf der linken Defensivseite des 1. FC Köln hießen in den letzten Wochen Joan Edmundsson, Cauly oder Robert Andrich und spielten für Bielefeld, Heidenheim oder Duisburg. 

Es sind die Kontrahenten, gegen die sich Jonas Hector die Matchpraxis und Wettkampfhärte für die Nationalmannschaft holt. Im Kreise der DFB-Elf geht es dann gegen die besten Offensivreihen der Welt, am Montagabend wartet mit den Niederlanden ein Gegner in absoluter Topform auf Hector und seine Teamkollegen.

Der Dauerbrenner im weiß-schwarzen Trikot steht nach überstandener Sprunggelenks-Verstauchung auf jeden Fall wieder im Aufgebot, versicherte Bundestrainer Löw am Sonntag auf der Pressekonferenz im SportCentrum Kamen-Kaiserau, wo sich der DFB-Tross auf den sportlich bedeutungslosen Klassiker gegen die Niederlande vorbereitete.  

Kann dieser Spagat zwischen Zweitliga-Provinz und großer europäischer Bühne gelingen? Wie lange geht das gut, einen Spieler ohne internationales Profil in die großen Flutlichtspiele der Nationalmannschaft zu schicken?

Hector selbst weiß um die Wichtigkeit der richtigen Spielvorbereitung. Egal, ob der Gegner nun Erzgebirge Aue oder wie am Montagabend die Niederlange heißt. "Es bringt ja nichts, mit einer Larifari-Einstellung in ein Zweitligaspiel zu gehen oder bei einem Länderspiel übermotiviert zu sein. Man muss jedes Spiel gleich seriös und konzentriert angehen", erklärte Hector zuletzt in einem Interview mit der "tz".

Hector spielte mehr als Kimmich oder Kroos für das DFB-Team

Seine professionelle Herangehensweise und leidenschaftliche Einstellung haben den gebürtigen Saarbrückener zu einer festen Größe unter Bundestrainer Joachim Löw werden lassen. Seine 42 Länderspiele bestritt Hector allesamt in den letzten vier Jahren. Kein anderer Akteur hat in diesem Zeitraum mehr Einsätze für die deutsche Natioalmannschaft bestritten. Kein Joshua Kimmich, kein Thomas Müller und kein Toni Kroos, die anderen Dauerbrenner im DFB-Dress. 

Seine bodenständige und eher introvertierte Art kommt an. Im Kreise der Nationalmannschaft und vor allem auch bei den Fans. Das Treuebekenntnis zum zweitklassigen 1. FC Köln hat Hector deutschlandweit Respekt und Anerkennung eingebracht. Seine Aussage "Gefühl ist wichtiger als Geld" passt so gar nicht mehr in das profitsüchtige System des Profifußballs im Jahr 2018 und erscheint daher umso erstaunlicher.  

Klar ist, dass die Zweitligazugehörigkeit der Domstädter nicht länger als zwölf Monate andauern darf, um ihren erfahrensten und wertvollsten Spieler halten zu können. Im Falle des Nicht-Aufstieges der Kölner in die Bundesliga wäre der Linksfuß nicht länger zu halten, trotz des langfristig verlängerten Arbeitspapieres bis 2023. 

Laufleistung, Zweikämpfe, Pässe - Hector ist überall top

Es ist schlichtweg erfrischend, mit welchen Leistungen und welcher Einstellung der einzige DFB-Auswahlspieler im Kader des FC in der 2. Bundesliga vorweggeht. Zwölf Einsätze stehen in der Liga zu Buche, alle davon von Beginn an und über die volle Distanz.

Die nackten Zahlen der Zweitliga-Einsätze unterstreichen, wie wichtig der Linksverteidiger auch in dieser Spielzeit für die Kölner ist. Ob Laufleistung, Ballkontakte, gewonnene Zweikämpfe oder angekommene Pässe: In allen wichtigen Defensivparametern liegt der Kölner Mannschaftskapitän vorne - nicht nur innerhalb seines Teams. Auch ligaweit gehört er in den genannten Statistiken zu den Top Ten aller Stammspieler. Besonders seine Zweikampfwerte sind für einen Außenverteidiger herausragend und ligaweit unübertroffen.

Klub-Coach Markus Anfang schätzt darüberhinaus auch die Variabilität seines Spielführers. Neben der klassischen Rolle als Linksverteidiger in der Viererkette im 4-1-4-1-System des FC kann Hector auch den offensiveren Part in der 3-5-2-Formation. Diese wurde beispielsweise beim 8:1-Kantersieg gegen Dynamo Dresden praktiziert, Kölns Nummer 14 gelang dabei nebenbei der erste Doppelpack seiner Profikarriere. Auch unter Joachim Löw spielte er diese Position schon, vor allem in Qualifikationsspielen gegen nominell deutlich schwächere Gegner.

Der Trainer- und Fan-Liebling Hector bekommt es momentan hin, auf unterschiedlichen Niveaus mit komplett unterschiedlichen Anforderungen stabile Performances abzuliefern. Der einzige Zweitligaspieler im Kader der Nationalmannschaft braucht mittelfristig dennoch diese Duelle im Wochenturnus auf höchster Leistungsstufe. Vor allem, um sein eigenes Potenzial nicht zu verwässern. Das Jahr im deutschen Fußball-Unterhaus muss eine Ausnahme bleiben. 

Mats-Yannick Roth