28.11.2018 14:06 Uhr

PSG: Kleines Licht im Konzert der Großen

Thomas Tuchel und Paris Saint-Germain stehen vor einem richtungsweisenden Spiel
Thomas Tuchel und Paris Saint-Germain stehen vor einem richtungsweisenden Spiel

186 Tage vor dem Finale in Madrid hat die Champions League ihr erstes Endspiel. Zwei Spieltage vor dem Ende der Gruppenphase kämpfen Paris Saint-Germain und der FC Liverpool um das sportliche Überleben. Ein vorzeitiges Aus wäre vor allem für die Franzosen verheerend. Und für Thomas Tuchel.

Schon vor Monaten wusste Thomas Tuchel, was auf ihn und sein Team zukommen könnte. Schon damals beklagte der PSG-Trainer die absurd hohe Erwartungshaltung an der Seine. Seitdem vergeht kaum eine Woche, in der der Ex-BVB-Coach nicht für ein vorzeitiges Scheitern in der Champions League vorbaut

"Die Möglichkeit, nicht zu gewinnen, gibt es im Sport", bereitete Tuchel den designierten französischen Meister vor dem Spiel gegen Liverpool einmal mehr auf das Schlimmste vor. "Egal, wie das Spiel ausgehen wird, die Sonne wird morgen scheinen und wir werden mit guter oder schlechter Laune aufwachen", ergänzte der 45-Jährige, der weiß: Nicht nur seine Zukunft ist eng mit dem Ausgang des Spiels verbunden. 

"Projekt PSG" vor ungewisser Zukunft

Die Champions League nicht zu gewinnen, ist das eine. Schon in der Gruppenphase auszuscheiden, wäre schlicht unverzeihlich. Nicht nur Tuchel würde auf den Prüfstand kommen, auch Fragen nach der Zukunft des "Projekts PSG" würden unweigerlich gestellt werden. In Frankreich rufen viele sogar schon jetzt dessen Ende aus.

Trotz Investitionen von über einer Milliarde Euro seit 2011 ist es dem Klub nicht gelungen, sich in der elitären Spitzengruppe des europäischen Fußballs zu positionieren. Im Verhältnis zu Klubs wie Real Madrid, dem FC Barcelona, Bayern München oder Manchester United ist Paris Saint-Germain, gemessen an den letzten Jahren, nur ein kleines Licht im Konzert der Großen.

Lösung liegt nicht auf dem Transfermarkt

Vier Viertelfinal- und zwei Achtelfinal-Teilnahmen sind das überschaubare Zeugnis des Kauf-Wahns von Klub-Boss Nasser Al-Khelaifi. Mit dem Geld hat sich PSG zwar eine Gruppe von herausragenden Individualisten zusammengestellt - eine echte Mannschaft suchte man in den letzten Jahren aber stets vergeblich.

Die Lösung des Problems liegt auch in Zukunft nur bedingt auf dem Transfermarkt. Thomas Tuchel weiß das. "Liverpool hat eine Kultur des Gewinnens. Das müssen auch wir im Auge behalten, um uns zu verbessern. Sie sind in den letzten zweieinhalb Jahren gewachsen und haben einen vorbildlichen Zusammenhalt entwickelt", blickte der Deutsche neidisch auf den kommenden Gegner, der seinen Spielern und dem Trainer das einräumt, was ihm selbst fehlt: Zeit.

Frühes Scheitern auf lange Sicht besser?

Wie es mit Paris Saint-Germain im Fall eines vorzeitigen Scheiterns weitergeht, steht in den Sternen. Ziemlich sicher würde sich das Gesicht der Mannschaft aber dramatisch verändern.

Superstar Neymar wollte den Klub schon im Sommer 2018 verlassen und ist ohne Aussicht auf den Gewinn des CL-Titels nur schwer zu halten. Andere Spieler wie Edinson Cavani, Thiago Silva, Ángel Di María und Gianluigi Buffon haben ihren Zenit überschritten und waren schon in der Vergangenheit nicht in der Lage, PSG auf den europäischen Thron zu führen. 

Zeit, nach einem größeren Umbruch eine neue Mannschaft aufzubauen, wird auch Thomas Tuchel höchstwahrscheinlich nicht bekommen.

Das "Endspiel" gegen Jürgen Klopp und den FC Liverpool ist auch deshalb eine Partie, in der es für PSG mehr als "nur" um das Weiterkommen in der Champions League geht. Genau das ist Stand jetzt aber die einzige Option. 

Die These, dass sogar ein Scheitern den Klub auf lange Sicht voranbringen und nötige Veränderungen bewirken könnte, spielt in den Gedanken der Vereinsbosse keine Rolle.

Christian Schenzel