12.03.2014 13:32 Uhr

Rangers: Zwischen Weltrekord und Dorfplatz

Volles Haus in Liga vier: Die Rangers-Fans stellten nach dem Zwangsabstieg einen Besucher-Weltrekord auf
Volles Haus in Liga vier: Die Rangers-Fans stellten nach dem Zwangsabstieg einen Besucher-Weltrekord auf

Zwei Jahre nach dem finanziellen Kollaps, dem personellen Aderlass und dem Zwangsabstieg in Liga vier stehen die Glasgow Rangers vor der Rückkehr in die Zweitklassigkeit. Ein Rückblick auf 24 turbulente Monate.

Die Pleite: Aus zwölf Millionen werden 160

Die Meldung schlug nicht nur in Schottland ein wie eine Bombe. Am 13. Februar 2012 verkündeten Europas Nachrichtenagenturen: Die Glasgow Rangers sind pleite. Der mit über 100 Titeln hoch dekorierte Traditionsverein reichte bei den zuständigen Behörden einen Insolvenzantrag ein. Wie es mit dem 54-fachen Meister weiter gehen würde, stand in den Sternen.

Erst neun Monate zuvor hatte der Schotte Craig Whyte die Rechte an dem schon damals verschuldeten Klub für die symbolische Summe von einem Pfund erworben. Und der Geschäftsmann machte so ziemlich alles falsch, was man falsch machen kann. Whyte häufte Steuerschulden von mehr als zwölf Millionen Euro an und zwang die Verantwortlichen im Ligabüro zum Handeln.

Der Fiskus nahm alles noch etwas genauer unter die Lupe und kam auf ein erstaunliches Ergebnis: Die zwölf Millionen waren nur die Spitze des Eisbergs. Insgesamt drückten den Verein Anfang 2012 Verbindlichkeiten in Höhe von knapp 60 Millionen Euro. Wenig später wurde diese Summe schlagartig nach oben korrigiert. Auf 160 Millionen! Am Lizenzentzug und Zwangsabstieg führte nun kein Weg mehr vorbei.

>> DIASHOW: Die Rangers zwischen Weltrekord und Dorplätzen

Die Folgen: Aderlass und Zwangsabstieg

Nachdem eine Zukunft in der Premiership außer Frage stand, setzte nicht nur der personelle Aderlass ein. Sponsoren sprangen ab, bestehende Veträge waren ungültig und wurden aufgelöst. Ein bekannter Autohersteller schickte seine Leute in bester Geheimdienstmanier auf das Trainingsgelände und beauftragte sie, den Spielern die zur Verfügung gestellten Wagen wegzunehmen. Anfahrt in der Luxuskarosse, Heimfahrt im Taxi.

Die Rangers-Fans hatten endgültig genug von dem Theater. Sie wollten einen radikalen Schnitt und stimmten in einer Umfrage mit der überwältigen Mehrheit von 76% für einen Neuanfang ganz unten. In der vierten Liga. Die schottische Fußballliga (SFL) und 25 von 30 Profiklubs teilten diese Meinung und schickten die großen Rangers in die Fußballprovinz.

Der Neuanfang: Prärie statt Prachtbauten

Der Zwangsabstieg brachte gravierende Veränderungen im Kader mit sich. Aus der Erstligamannschaft, die Anfang April die Vize-Meisterschaft holte, waren im August 2012 nur drei Spieler übrig geblieben. Zwei davon verließen die Rangers noch im selben Monat.

Hurra, das ganze Dorf ist da!Statt zum traditionsreichen "Old Firm" in den Celtic Park oder quer durch Europa zu reisen, tingelten die stolzen Rangers über die Dörfer Schottlands. Statt hochmodernen und ausverkauften Arenen führten die Auswärtsfahrten in winzig kleine, teils marode und hoffnungslos veraltete Stadien, die nur in den seltensten Fällen über mehr als eine Tribüne verfügten.

Für die Fans spielte die Ligazugehörigkeit keine Rolle. Sie hielten ihrem Verein die Treue und pilgerten in Scharen in den Ibrox Park. 49118 Zuschauer sahen die Partie gegen den East Stirlingshire FC. Eine Weltrekordkulisse für ein Spiel in der vierten Liga.

Gegen den Queens Park FC waren es sogar 49463 zahlende Besucher. Das neue Team, gespickt mit zwölf Spielern aus dem eigenen Nachwuchs, hatte die Sympathien der eigenen Anhängerschaft sicher.

Die aktuelle Entwicklung: Sportlicher Durchmarsch und neue Probleme

Sportlich fand sich die Mannschaft schnell in der ungewohnten Umgebung zurecht. Nach vier sieglosen Auswärtsspielen in Folge starteten die Rangers einen Lauf, der sie auf direktem Wege in die dritte Liga beförderte. Auch hier hatte die Konkurrenz dem ehemaligen Branchenprimus in dieser Saison nur wenig entgegenzusetzen.

Doch so gut es sportlich lief, so wenig gelang es dem Verein, die laufenden Kosten zu decken. In der dritten und vierten Liga lassen sich nunmal keine TV- und kaum Werbeeinnahmen generieren. Um die finanzielle Belastung halbwegs zu mindern, forderte CEO Graham Wallace Anfang 2014 von seinen Angestellten freiwillige Gehaltseinbußen von 15%. Die Spieler und Trainer Ally McCoist lehnten ab.

1,5 Millionen Pfund musste sich Wallace daraufhin von einem Hedgefonds leihen, um "kurzfristige finanzielle Engpässe zu stemmen", wie er erklärte. Was mit den 22 Millionen Pfund aus dem Börsengang Ende 2012 geschah, dazu wollte sich der Geschäftsführer lieber nicht konkret äußern. Jetzt ginge es nur noch darum, "das Business am Laufen zu halten und zu sehen, wie wir uns für die Zukunft aufstellen."

Für die Fans des Traditionsvereins ist diese Meldung ein Schlag ins Gesicht. So sehr sie zu ihrem Klub halten, so egal scheint er den Verantwortlichen in der Führungsetage zu sein. Die Rückkehr in die zweite Liga können die Rangers am Mittwochabend im – natürlich ausverkauften – Heimspiel gegen den Airdrieonians FC perfekt machen. Bis zur existenziell unerlässlichen Rückkehr in die Premiership ist es aber noch ein weiter Weg. Und der scheint im Moment alles andere als vorherbestimmt.

Christian Schenzel