20.03.2014 10:00 Uhr

Sevilla, Hauptstadt Europas

Fans des FC Sevilla vor dem Stadtderby in der Europa League
Fans des FC Sevilla vor dem Stadtderby in der Europa League

Sevilla ist erst die sechste Stadt, die in einem europäischen Wettbewerb ein direktes Duell ihrer zwei großen Klubs austrägt. weltfussball wirft einen Blick in die Historie und verrät, warum der Sieger dieser besonderen Begegnung vom Titel träumen darf.

Real Betis steht in der Europa League nach einem 2:0-Sieg im Achtelfinalhinspiel beim Erzrivalen FC Sevilla mit einem Bein im Viertelfinale. Nach diesem Ergebnis sehen die Statistiker die "Verdiblancos" zu 98% eine Runde weiter. Denn lediglich in acht Fällen konnte eine Mannschaft einen Zwei-Tore-Rückstand aus dem Heimspiel in der Geschichte des europäischen Vereinsfußballs noch umdrehen. Doch egal welcher Klub am Ende weiterkommt, Sevilla hat bereits jetzt Geschichte geschrieben.

Vor der andalusischen Hauptstadt haben nämlich erst fünf weitere Städte ein Derby in einem europäischen Wettbewerb ausgetragen. Neben Madrid, Barcelona, Mailand und London konnte sich auch Bukarest als große Unbekannte in die Liste eintragen. Erstaunliche Folge der Lokalderbys: Die Mannschaft, die sich für die nächste Runde qualifizieren konnte, holte am Ende oft auch den Titel. Ein gutes Omen für Sevilla?

Wer setzt sich im "Derbi sevillano" durch? Real Betis – Sevilla FC ab 21:05 Uhr im weltfussball-Liveticker 

El derbi madrileño

In Madrid kam es in der Saison 1958/1959 im Halbfinale der Champions League, damals noch als Europapokal der Landesmeister bekannt, zum ersten Stadtderby in der Geschichte des europäischen Vereinsfußballs. Die Paarung hieß, wie nicht anders zu erwarten war, Real gegen Atlético. Zur Erklärung: Atlético durfte als spanischer Vizemeister teilnehmen, da Real als Titelverteidiger bereits gesetzt war. Nach dem Hinspiel, in dem Real-Legende Férenc Puskás "die Königlichen" per Elfmeter zum Sieg geführt hatte, konnte Atlético das Rückspiel für sich entscheiden. Damals musste bei gleichem Torverhältnis noch ein Entscheidungsspiel her. Am 13. Mai 1959 führte der "Major" zusammen mit dem heutigen Real-Ehrenpräsidenten Alfredo Di Stéfano in jenem Spiel Real mit ihren Toren ins Finale, das die Madrilenen souverän für sich entscheiden sollten.

El derbi barcelonés

Nachdem Madrid in den 1960er-Jahren vorgelegt hatte, kam Barcelona in den 1970ern zu seinem europäischen Stadtderby. Der FC Barcelona und RCD Espanyol kreuzten im Viertelfinale der Europa League, die in der Saison 1965/66 noch offiziell Messestädte-Pokal hieß, die Klingen. Barça konnte beide Spiele knapp mit 1:0 für sich entscheiden. Julio Benítez und Luis Vidal hießen jeweils die Torschützen für die "Azulgrana". Und auch hier sollte der Gewinner des Stadtderbys der spätere Titelträger sein. In einem rein spanischen Finale setzte sich Barça schließlich in zwei engen Spielen gegen Real Zaragoza durch.

Derby della Madonnina

Am häufigsten trafen die beiden großen Mailänder Klubs im Europapokal aufeinander. In den 2000er Jahren kam es im Champions-League-Halbfinale 2003 zum ersten Stadtderby. Milan zog damals aufgrund der Auswärtstorregel mit einen 1:1 im Rückspiel – das Hinspiel endete demnach 0:0 – ins Finale ein und sollte sich im Elfmeterschießen dort gegen Juventus durchsetzen. Wieder ein Titel für den Gewinner des Stadtduells!

Nur zwei Spielzeiten später trafen die Rossoneri und die Nerazzurri erneut in der Königsklasse aufeinander. Diesmal bereits im Viertelfinale. Das Hinspiel ging mit 2:0 klar an den AC und als dieser auch im Rückspiel früh durch Andriy Shevchenko in Führung ging, war es den Interisti zu bunt. Es flogen Bengalos von den Rängen aufs Spielfeld und die Partie musste abgebrochen werden. Klar, Milan kam eine Runde weiter und sollte erneut das Finale erreichen. Im Endspiel sah der AC nach 3:0-Führung lange wie der sichere Sieger aus, doch Liverpool schaffte in nur sechs Minuten den Ausgleich. Der Rest ist Legende!

London derby

In der Saison 2003/2004 trafen im Viertelfinale der Champions League der FC Arsenal und der FC Chelsea aufeinander. Die Blues setzten sich im Rückspiel damals noch in Highbury mit 2:1 durch Tore von Frank Lampard und einem Last-Minute-Treffer von Wayne Bridge durch. Beim 1:1 im Hinspiel hatte Gudjohnson für Chelsea und Robert Pires für die Gunners getroffen. Im Halbfinale sollte dann gegen den AS Monaco Schluss sein.

Derbytime in Bukarest

Die einstigen Eurofighter von Rapid Bukarest spielen in der laufenden Saison zweitklassig, da sie aufgrund finanzieller Probleme im Sommer die Lizenz für die erste Liga nicht erhielten. Ein Urteil des internationalen Sportsgerichtshofs besiegelte endgültig den Zwangsabstieg des Pokalfinalisten von 2012. Der rumänische Fußballbund hatte zuvor noch ein Relegationsspiel gegen Tabellenfünfzehnten Concordia Chiajna organisiert, das Rapid sogar gewann. Doch Chiajna erstritt sich den Sieg am grünen Tisch: "Rapid hatte keine Lizenz teilzunehmen... und das Playoff-Spiel wurde ohne Verankerung im Regelwerk ausgetragen", hieß es in der Begründung des CAS.

Klar, dass sich die Rapid-Fans daher heute gerne an die Saison 2005/2006 erinnern, als man bis ins Viertelfinale der Europa League vordringen konnte und dort auf den Stadtrivalen Steaua traf. In zwei knappen Partien konnte sich Rekordmeister Steaua durchsetzen, sollte jedoch im Halbfinale am FC Middlesbrough scheitern.

Thomas Malzacher