26.03.2014 14:36 Uhr

Werner Kohlmeyer – der gefallene WM-Held

Werner Kohlmeyer (r.) während des WM-Finales 1954
Werner Kohlmeyer (r.) während des WM-Finales 1954

Das "Wunder von Bern" am 4. Juli 1954 veränderte das Leben derer, die für Deutschland die Weltmeisterschaft holten. Einer von ihnen, der mit dem Ruhm nicht zurechtkam, starb verarmt und alkoholkrank.

Seinen größten Auftritt hatte Werner Kohlmeyer im Weltmeisterschaftsfinale 1954 in Bern: Gleich mehrfach klärte der linke Außenverteidiger für seinen schon geschlagenen Keeper Toni Turek auf der Linie und sicherte somit Deutschland den sensationellen Titel.

Das Spiel, das für die meisten seiner Teamkollegen den Startschuss für ein Leben im Rampenlicht darstellte, war für Kohlmeyer der Beginn eines sozialen Abstiegs. Jahre später äußerte er einmal: "Vielleicht war es der größte Fehler meines Lebens, dass ich Fußball gespielt habe".

Dabei hatte es lange Zeit so ausgesehen, als eröffne ihm der Sport ein Leben auf der Sonnenseite des Lebens. Kohlmeyer war ein sportliches Allroundtalent, wurde mehrfach pfälzischer Meister im Fünfkampf. Die größten Erfolge feierte er aber als Fußballer.

Mit dem 1. FC Kaiserslautern holte er an der Seite von Fritz Walter 1951 und 1953 zweimal den Deutschen Meistertitel, bei Nationaltrainer Sepp Herberger war der athletische Außenverteidiger seit 1951 auf der linken Seite gesetzt. Der große Erfolg in der Schweiz wurde für ihn nachträglich zum Verhängnis. Wie die anderen WM-Helden wurde Kohlmeyer auf Partys und Empfängen herumgereicht, anders als der pflichtbewusste Fritz Walter verlor er aber beim Alkohol nach und nach das Maß.

Alkohol und Glücksspiel

Wenige Jahre nach dem WM-Titel hatte der gebürtige Kaiserslauterer alles verloren: Kohlmeyer verlor seinen Arbeitsplatz, weil ihn der Werksschutz statt am Arbeitsplatz in der Kneipe fand. Beim Glücksspiel verspielte er zwei Häuser und am Ende verließ ihn seine Frau mit ihren gemeinsamen Kindern.

Mitte der 60er Jahre war der Weltmeister sogar für einige Zeit untergetaucht. Als sich das WM-Team anlässlich des 70. Geburtstags Herbergers traf, bekam Kohlmeyer keine Einladung, weil niemand seinen Aufenthaltsort kannte.

Herberger war es auch, der immer wieder versuchte, dem gefallenen Berner Helden auf die Beine zu helfen. Der strenge Fußballlehrer setzte allerdings zur Bedingung, dass Kohlmeyer eine Entziehungskur mache. "Ich bin kein Trinker", erwiderte dieser auf das Hilfsangebot und lehnte ab.

Die letzten Jahre seines Lebens verbrachte Kohlmeyer in Mainz, wo er als Pförtner am Hintereingang des Rhein Main Verlags arbeitete und zusammen mit seiner Mutter in einer Sozialwohnung lebte.

Ein Held gerät in Vergessenheit

Am 26. März 1974 starb Werner Kohlmeyer mit nur 49 Jahren an den Folgen eines Herzinfarktes. Wenige Tage zuvor hatte er sich in einem letzten Interview tief enttäuscht über den DFB gezeigt. Beim Verband hatte er um Karten für die bevorstehende Weltmeisterschaft in Deutschland gebeten und bekam ein Formschreiben samt Rechnung zurück. "Das ist der Dank des Vaterlandes", flüstert ein verbitterter Kohlmeyer dem Fernsehreporter ins Mikrofon.

20 Jahre nach seinem Tod wurde die Grabstätte in Kaiserslautern eingeebnet, kein Grabstein erinnert mehr an einen der außergewöhnlichsten Fußballer der frühen Nachkriegszeit. Immerhin gibt es vor dem Fritz-Walter-Stadion inzwischen ein Ensemble aus fünf Statuen für jeden der Kaiserslauterer Weltmeister von 1954 – unter ihnen Werner Kohlmeyer.

Ralf Amshove