02.07.2014 11:58 Uhr

Sneijder: Neue Rolle, wenig Ego, viel Ertrag

In seiner neuen Rolle glänzt Wesley Sneijder nicht mehr so wie früher, doch dem Oranje-Team hilft er damit weiter. Für den WM-Titel stellt Sneijder sein Ego hinten an.

Wesley Sneijders lange Pässe aus dem Fußgelenk sind eine Augenweide, doch der Niederländer kann auch anders. Bei einem Spiel mit seinem Klub Galatasaray Istanbul benutzte Sneijder ganz unkonventionell seinen Allerwertesten für einen Vorlage. Der "Popo-Pass" ist ein Renner auf Youtube, er zeigt aber auch: Sneijder sind die Mittel egal, Hauptsache, er gelangt an sein Ziel.

So ist es auch bei der WM in Brasilien. In der Defensiv-Taktik unter Bondscoach Louis van Gaal muss der begnadete Techniker viel mehr Laufarbeit leisten und verteidigende Aufgaben übernehmen als noch im 4-3-3-System. Während sich Arjen Robben und Robin van Persie offensiv frei austoben und dadurch glänzen können, muss Sneijder immer wieder den Rückwärtsgang einlegen.

Außendarstellung inzwischen fast egal

Der als Egomane verschriene Ex-Star von Real Madrid und Inter nimmt seine neue Rolle aber klaglos an. "Vielleicht passt das nicht ins Bild, was man von mir hat. Das muss es aber auch nicht", so Sneijder. Die Außendarstellung ist der "niederländischen Antwort auf David Beckham", wie er früher mal genannt wurde, inzwischen fast egal.

Im reiferen Alter von 30 Jahren ist nur noch der Erfolg wichtig. Und Sneijder stimmt mit van Gaal überein, dass er in seiner neuen Rolle am ehesten mithelfen kann, dass Oranje in Brasilien WM-Geschichte schreibt. "Wenn ich nicht Weltmeister hätte werden wollen", sagt Sneijder, "hätte ich schon vor Monaten das Handtuch geworfen."

Effektivität bleibt auf der Strecke

Im Balanceakt zwischen Angriff und Verteidigung bleibt die Effektivität der Nummer zehn ein wenig auf der Strecke. Bis auf seinen Hammerschuss zum späten Ausgleich beim glücklichen 2:1-Achtelfinalsieg gegen Mexiko kam Sneijder bislang kaum in gefährliche Abschlusssituationen. Das ist aber nicht seinem System geschuldet, stellt van Gaal klar: "Wesleys Form muss sich noch steigern."

Mit dem Fitnesszustand seines Spielmachers ist der künftige Teammanager von Manchester United aber sehr zufrieden: "Seine physische Verfassung ist großartig. Wesley hat sich exzellent entwickelt, was das angeht." Das beweist auch die Statistik: Nur der nimmermüde Robben (42,7 Kilometer) lief in den bisherigen vier WM-Spielen der Niederländer mehr als Sneijder (41,9), der im Vorrundenspiel gegen Chile aber in der 75. Minute ausgewechselt wurde.

Doch nicht nur wegen seiner veränderten Rolle gab beim in der legendären Ajax-Fußballschule ausgebildeten Mittelfeldspieler bislang nur wenig magische Momente. Das neue Freistoßspray, mit dem die Schiedsrichter den Standort der Mauer und des Balles auf dem Rasen markieren, sei für ihn "ein mentales Hindernis", klagt der Spezialist für Standards: "Wenn man den Freistoß tritt, hat man das Gefühl, dass da eine Wand steht."

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sid