16.01.2015 08:06 Uhr

Pfister: Afrika Cup "populärer als die WM"

Otto Pfister hat schon viele Mannschaften in Afrika und Asien trainiert
Otto Pfister hat schon viele Mannschaften in Afrika und Asien trainiert

Auch im Alter von 77 Jahren ist Otto Pfister gerade wieder beruflich unterwegs, diesmal in Algerien. Über einen potenziellen neuen Trainerjob will der Weltenbummler noch nicht zu viel verraten, dafür spricht er im Interview der Deutschen Presse-Agentur vor dem Start des Afrika-Cups am Samstag ausführlich über die Begeisterung für das Kontinentalturnier, die Verlegung nach Äquatorialguinea und die besonderen Gefahren für seine Zunft.

Wie werden Sie den Afrika-Cup verfolgen?

Otto Pfister: Ich werde mir es am Fernsehen anschauen. Ich habe den Afrika-Cup viermal als Trainer mitgemacht, das ist schon stressig.

Welche Erfahrungen haben Sie in Äquatorialguinea gesammelt?

Pfister: Ich habe dort ein, zwei Freundschaftsspiele gemacht, aber das ist schon Jahre her, das war noch vor dem Ölboom. Für sie ist das Turnier eine Prestigeangelegenheit. Die sind in der Lage, das kurzfristig durchzuführen, vor drei Jahren war man Co-Gastgeber, die Infrastruktur ist also schon da.

Marokko hat die Ausrichtung wegen der Ebola-Epidemie zum derzeitigen Zeitpunkt abgelehnt, danach wurde das Turnier nach Äquatorialguinea verlegt. Können Sie das nachvollziehen?

Pfister: Das ist eine politische Entscheidung der CAF. Die Marokkaner haben es abgelehnt wegen der Ebola-Gefahr, das ist schon zu verstehen. Dass sie dafür büßen müssen und zweimal nicht am Afrika-Cup teilnehmen dürfen, ist diskutabel.

Es wäre "tödlich für Afrikas Fußball", sollte das Turnier ausfallen, sagte CAF-Präsident Issa Hayatou. Inwiefern stimmt das?

Pfister: Es hätte weitreichende Dimensionen gehabt. Der Afrika-Cup ist die populärste Competition überhaupt in Afrika. Für den Mann auf der Straße ist es populärer als die Weltmeisterschaft, es ist ein unglaubliches Prestige, das ganze Land steht hinter der Mannschaft. Alle sitzen vor dem Fernseher oder dem Radio, keiner ist während der Spiele auf der Straße. Wenn das Turnier ausgefallen wäre, hätte der CAF-Präsident ein Problem, er will ja wiedergewählt werden.

Inwiefern kann Ebola eine Gefahr während des Turniers sein?

Pfister: Ich bin kein Arzt, ich kann das nicht beurteilen. Ich will nicht bewerten, ob es ein Risiko ist oder nicht.

Was erwarten Sie aus sportlicher Sicht?

Pfister: Es wird sehr emotional. Es gibt vier, fünf Mannschaften, die im eigenen Land zum Favoriten erklärt werden. Auch deshalb müssen nie so viele Trainer gehen wie nach dem Afrika-Cup. Der große Favorit ist Algerien, Manuel Neuer hat uns ja gerettet im WM-Achtelfinale. Der Trainer ist unter Druck, er muss gewinnen, sonst ist der Teufel los. In Kamerun ist mein Freund Volker Finke, dort gibt es ein Generationsproblem. Er hat Samuel Eto`o ausgebootet, es gibt aber ein Lager, das nach ihm nach schreit. Er ist gezwungen, ins Finale zu kommen.

Auch die Elfenbeinküste gehört immer zum Kreis der Titelanwärter.

Pfister: Für sie gilt das Gleiche. Es gelingt ihnen seit Jahren nicht, den Cup zu gewinnen, da purzelt der Trainer dann direkt. Die Senegalesen haben eine tolle Mannschaft. Sie sind aber in der Todesgruppe mit Algerien, Südafrika und Ghana, die vom früheren Chelsea-Coach Avram Grant trainiert werden. Es ist schwierig, wenn du dich in Afrika nicht auskennst, du musst dich als Trainer winden wie eine Schlange. Zwei aus dieser Gruppe können sich schon mal einen neuen Job suchen. Aber sie verdienen alle so viel Geld, keine Gnade mit Verlierern (lacht).

Bei der vergangenen WM ist keine Mannschaft aus Afrika über das Achtelfinale hinausgekommen. Wo steht der afrikanische Fußball?

Pfister: Man erwartet vor einer WM immer: Jetzt kommt ein Team durch. Aber im Moment gibt es generell ein Generationsproblem, es sind nicht mehr so viele starke Spieler wie noch vor sieben, acht Jahren. Didier Drogba ist auch am Ende seiner Karriere, es gibt nur noch Yaya Touré, der in Topform ist. Früher hatte ich Emmanuel Adebayor, Eto'o, Geremi, Abedi Pele oder Anthony Yeboah. Häufig werden die Spieler schon zu früh nach Europa geholt, wie in einer Fabrik gedrillt. Man müsste analysieren, ob ihr natürliches Talent dadurch nicht gehemmt wird und warum der Boom zurückgegangen ist.

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dpa