18.03.2015 12:03 Uhr

Rampenlicht: Wie Phönix aus der Asche

Erzielte sein Premierentor in Polen: Erik Jendrišek
Erzielte sein Premierentor in Polen: Erik Jendrišek

Viele bekannte Gesichter spielen weitgehend unbeachtet von der deutschen Presse im Ausland. Heute blickt weltfussball auf einen ehemaligen Zweitliga-Knipser, einen gealterten, italienischen Bomber und einen Dortmunder Jungen im Aufwind.

Krakau, Freitagabend, acht Minuten nach sieben. Anspannung liegt in der Luft und das Fluchtlicht donnert auf den nassen Rasen. 5400 Zuschauer sehen das Spiel zwischen Cracovia Kraków und Piast Gliwice. Abstiegskampf in der polnischen Ekstraklasa. Nichts für Fußball-Ästheten. Oder etwa doch? Der Blick der Fans schwenkt herunter zur Mittellinie, denn der vierte Offizielle nimmt die Auswechslungstafel in die Hand. Vorhang auf für ein vertriebenes Talent der deutschen Fußball-Landschaft: Erik Jendrišek.

Exakt 25 Minuten später bekommt er seinen bejubelten Solo-Auftritt: Cracovia läuft einen Konter. Youngster Wdowiak schnappt sich das Leder und schlenzt es gekonnt in die gegnerische Hälfte. Jendrišek setzt zum Sprint an und es wird brasilianisch im altehrwürdigen Cracovia-Stadion: Sturmkollege Rakels scheint sich den Ball zu schnappen, lässt aber gekonnt durch die Beine passieren. Jetzt hat die Stunde des Spielers mit der Nummer 62 geschlagen. Ballannahme mit links – drei, vier kurze, schnelle Schritte und plötzlich ist nur noch der Keeper vor ihm. Jendrišek verzögert kurz und schiebt wie in alten Lauterer Tagen eiskalt zum 3:1 ein.


Die Erleichterung ist groß und ein Freudenschrei ertönt, der wahrscheinlich bis nach Gelsenkirchen zu hören ist. Von seinem Jugendverein Ruzomberok kam der damals 21-Jährige Slowake nach Kaiserslautern und schien sein Glück in der Pfalz gefunden zu haben. In 90 Zweitligaspielen erzielte Jendrišek für die Jungs vom Betzenberg 34 Treffer und wurde in der Saison 2009/10 zum Aufstiegsheld für die roten Teufel. Schalke sicherte sich für 2,5 Millionen die Dienste des Zweitliga-Knipsers.

Nach einer enttäuschenden Saison floh der Stürmer nach Freiburg, von dort aus nach Cottbus und landete schließlich wieder in seiner Heimat bei Spartak Trnava. Das Lächeln aus denkwürdigen Kaiserlauterer Aufstiegstagen schien verschwunden zu sein. Im Januar wagte er den Schritt nach Polen und kommt nach seinem Premierentreffer womöglich wieder so richtig in Fahrt. Wie Phönix aus der Asche und vielleicht bald wieder der Held – Erik Jendrišek.

Ohrschrauber im zweiten Frühling

Ein anderer ehemaliger Stürmer aus deutschen Fahrwassern scheint auch auf seine alten Tage die Lust am Toreschießen nicht zu verlieren: Luca Toni. Der mittlerweile 37-Jährige ging nach seiner erfolgreichen Zeit in München zurück in sein Heimatland. Nach kurzen Gastspielen in Rom, Genua, Turin und Florenz sowie einem Intermezzo in Dubai heuerte "il Bomber" bei Hellas Verona an.

Bei den Norditalienern wurde Toni in der ersten Saison hinter dem Dortmunder Ciro Immobile zum zweitbesten Torschützen der Serie A und trägt mittlerweile stolz die Kapitänsbinde. Am Wochenende schoss er Napoli mit seinen Saisontreffern 12 und 13 im Alleingang aus dem Stadion. Sein Torjubel hat sich übrigens seit seiner Zeit bei Bayern nicht verändert: Nachdem die Grand Dame des italienischen Fußballs die Pille im Netz versenkt hat, zelebriert er mit dem bekannten "Ohrschrauber-Jubel". So lange der regelmäßig im Land der Dolce Vita zu sehen ist, wird Toni mit Sicherheit nicht ans Aufhören denken.

Der Prinz der Roten Erde findet sein Glück in der Türkei

Geknipst hat er auch, vornehmlich aber in der Regionalliga West: Yasin Öztekin. Als waschechter Dortmunder Junge kam er von seinem Jugendklub Alemannia Scharnhorst in die Jugendabteilung des BVB und wurde dort zum Leistungsträger. Der Sprung zu den Profis glückte für den Flügelflitzer nicht: nur ein Bundesligaspiel konnte der 27-Jährige für die Dortmunder Borussia bestreiten.

Momentan läuft es für ihn aber richtig rund. Nach verschiedenen Stationen in der Türkei wechselte Öztekin im Sommer zu Galatasaray. Allen Startschwierigkeiten zum Trotz beißt sich der Deutsch-Türke jetzt Schritt für Schritt in Galas Team fest und überzeugt: In den letzten fünf Spielen kam Öztekin zum Einsatz und konnte ein Tor sowie vier Vorlagen bejubeln. Beim 2:2 seiner Mannen gegen Basaksehir legte er das zwischenzeitliche 2:0 mit einer sehenswerten Flanke auf.

Noch eindrucksvoller ist seine Bilanz im türkischen Pokal: in sieben Spielen gelangen ihm sage und schreibe acht Vorlagen. Wer hätte nach seinem Scheitern bei den BVB-Profis gedacht, dass der Prinz der Roten Erde, der in der ehemaligen Heimstätte der Dortmunder seine Gegner schwindelig spielte, beim türkischen Topklub zum Assist-König wird?    

Lionard Tampier