Als Jugendlicher bei Reading aussortiert, verlief Charlie Austins Weg ins englische Oberhaus alles andere als gewöhnlich. Für uns Anlass genug, die Geschichte des QPR-Stars einmal genauer zu beleuchten.

Dezember 2008: Ein junger Kicker des englischen Provinzklubs Poole Town verlässt an einem Mittwochnachmittag seinen Arbeitsplatz – eine Baustelle, auf der er eine Schicht als Maurer hinter sich gebracht hat. Von Feierabend kann allerdings noch nicht die Rede sein. Stattdessen geht es mit Auto, Bus und Fähre auf die beschwerliche Reise nach Brading, wo der Teilzeitkicker aus Hungerford beim 4:2-Erfolg seiner Poole-Town-Jungs mit einem Hattrick glänzt. Große Feierlichkeiten bleiben dennoch aus. Kein Wunder, es ruft der Alltag: Rückreise, viel zu kurz schlafen und erneut ab auf die Baustelle.

Die Rede ist von Charlie Austin - damals Torjäger vom Dienst, heute Torjäger vom Dienst, inzwischen allerdings aus den Niederungen des englischen Fußballs bis ins britische Oberhaus vorgestoßen. "Ich war glücklich: Arbeit unter Woche, Freitags bezahlt werden, Samstags mit den Jungs kicken, meinen Fußballlohn bekommen, ausgehen, Sonntags Fußball schauen und Montags wieder ab auf die Baustelle", schilderte der heutige QPR-Goalgetter unlängst seine damalige Situation.

"Die Tore stehen ja nicht plötzlich woanders"

Glücklich ist der heute 25-jährige Star der Hoops sicher auch mit dem nahezu märchenhaften Aufstieg, der ihn unter die besten Torjäger der Premier League und an die Schwelle zur Nationalmannschaft gebracht hat. Spaß am Spiel, eine gehörige Portion Talent und ein ausgeprägter Torinstinkt ließen die lokalen Spitzenadressen früh auf Austin aufmerksam werden. Mit zehn Jahren stieß er zum Nachwuchs des Reading FC, der den heutigen Kopfballspezialisten im Alter von 15 Jahren jedoch als zu klein befand und vor die Tür setzte.

Austin ließ sich nicht beirren, kickte einige Jahre außerhalb des Profigeschäfts im Non-League football und gelangte letzten Endes über die Stationen Swindon Town und Burnley doch noch an die Spitze der fußballerischen Nahrungskette. Tore erzielte der Premier-League-Spieler des vergangenen Dezembers überall en masse. "Die Tore stehen ja nicht plötzlich woanders", erklärte der Spätstarter sein erfrischendes Erfolgsrezept.

Zwischen Weltstars und Toptalenten

Im Hier und Heute angekommen kämpft Austin mit QPR gegen den Abstieg, beweist mit starken 15 Saisontoren allerdings erneut, dass seine Mittelstürmer-Qualitäten über die Grenzen des Ligasystems erhaben sind. In der Rangliste der besten Torjäger befindet sich der ehemalige Maurer in direkter Nachbarschaft der Weltstars Diego Costa, Kun Agüero, Olivier Giroud, Alexis Sánchez oder Englands neuem Fixstern Harry Kane. Kein Wunder also, dass sein jetziger Arbeitgeber unlängst ankündigte, alles daran zu setzen, den inzwischen stark umworbenen Angreifer zu halten. Ein Ziel, das jedoch wohl nur beim Ligaverbleib zu verwirklichen wäre.

Übrigens: Als der Goalgetter 2009 Poole Town verließ, um mit Swindon die ersten Schritte im Profitbereich zu gehen, sollen einige Anhänger seines langjährigen Haus- und Hof-Klubs gewettet haben, dass ihr Liebling einst das Trokot der englischen Nationalmannschaft tragen wird. Überliefert ist ein Einsatz von 150 Pfund, der etwa 7500 Pfund in die Kasse der Fans spülen würde. Dieser Traum ging zwar bislang noch nicht in Erfüllung, doch die Chancen auf einen warmen Geldregen stehen ziemlich gut.

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Marc Affeldt