10.06.2015 08:30 Uhr

WM-Achtelfinale gegen die weißen Wölfe

Auf Österreich wartet bei der U20-WM in Neuseeland am Donnerstag (ab 6:00 Uhr MESZ im weltfussball-Liveticker) das Achtelfinale in Whangarei gegen Usbekistan. Der ÖFB-Nachwuchs, der die Gruppenphase gegen Ghana, Panama und Argentinien ungeschlagen überstanden hat, rechnet sich auch zum Auftakt der k.o.-Phase gegen den Zweiten aus Pool F durchaus Chancen aus.

Die Usbeken mussten sich ihrer Gruppe zunächst Honduras mit 3:4 geschlagen geben und unterlagen dann dem bisher eindrucksvoll auftretenden Turnierfavortiten Deutschland mit 0:3. Ein abschließender 3:0-Sieg gegen Fidschi reichte aber zum Aufstieg in die entscheidende Phase des FIFA U20 World Cup 2015.

Die "Oq boʻrilar" (weißen Wölfe) gelten als technisch gute Mannschaft, die jedoch nicht gerne schnell gestört wird. Deutschlands U20-Coach Frank Wormuth meinte nach dem Sieg beim Duell in der Gruppenphase: "Wichtig war, dass wir die Usbeken früh unter Druck gesetzt haben, damit sie nicht in den Spielfluss kamen." Ein Erfolgsrezept, welches auch für den ÖFB-Nachwuchs gelten könnte.

Die stille Zufriedenheit des Andi Heraf

Für Österreichs Talente war der Achtelfinal-Aufstieg mit dem Umzug von Wellington, wo man zuvor alle drei Partien absolviert hatte, nach Whangarei verbunden. Die Reise von der Hauptstadt im Süden in den äußersten Norden brachte dabei wärmere Temperaturen. Im Spätherbst in Neuseeland ist eben vieles anders als beim Sommer Anfang Juni in der Heimat.

U20-Teamchef Andreas Heraf aber konnten weder der Schauplatzwechsel, noch die nervenaufreibende Gruppenphase erschüttern. Erst als ihm sein Teammanager informierte, dass seine Zimmerrechnung mit zusätzlichen Kosten verbunden war, kam beim Wiener kurz das "Häferl" (Copyright ÖFB-Präsident Leo Windtner) wieder durch. "Gibt's nicht. Ich habe nichts zusätzlich gehabt. Da müssen sie das Shampoo extra verrechnen!"

Im weltfussball-Gespräch zeigte sich Heraf aber wieder in seiner zuletzt typischen Rolle als eher stiller Genießer. "Natürlich herrscht Freude und Stolz darüber, dass wir jetzt im Achtelfinale stehen. Aber es ist schließlich das, wofür ich hier bin. Ich habe bereits gleich nach dem Argentinien-Spiel begonnen weiter zu denken."

Der Traum von den WM-Helden 2007

Seine Mannschaft will der Erfolgscoach aber nicht zu sehr belasten: "Ich habe meinen Burschen schon vor dem Turnier keinen Druck auferlegt und werde es auch jetzt nicht tun." Eines aber gibt der U20-Trainer zu: "Natürlich gibt es den großen Traum, dass Österreich so etwas erreichen kann wie bei der WM 2007."

Obwohl der Ex-ÖFB-Rapidler einmal mehr betonte, dass der aktuelle Jahrgang "nicht die ganz große Qualität hat" steht man ohne Niederlage im Achtelfinale. Vermeintliche "Experten"-Kritik mit Analysen aus der Distanz vor dem TV-Gerät kamen auch Heraf zu Ohren: "Natürlich bekommt man diese Stimmen mit. 'Das ist kein Fußball was die spielen' und ähnliche Kommentare. Ich kann dazu nur sagen: Argentinien ist viel besser als wir und dennoch flogen sie heim und wir bleiben da."

"Jeder kann den Trainerschein absolvieren und es besser machen"

"Double Five", "Festung" oder Abwehrschlacht: Es gibt viele Bezeichnungen für die Defensivtaktik bei der Nullnummer gegen den U20-Rekordweltmeister. Für den ehemaligen Nationalspieler aber der einzig mögliche Weg um gegen die Argentinier nicht unter die Räder zu kommen: "Meine Elf war nach den ersten beiden Spiele müde und das hat man auch gemerkt. Wenn wir mitgespielt hätten, dann wären wir zerlegt worden."

"Das war die beste Mannschaft gegen die ich im Nachwuchs je gespielt habe. Natürlich war es destruktiv wie wir agiert haben. Doch es hat uns an diesem Tag den Erfolg gebracht. Aber es kann natürlich jeder den Trainerschein absolvieren und es besser machen als ich", meinte Heraf.

"Meine Burschen haben Lunte gerochen"

Achtelfinal-Gegner Usbekistan, den der ÖFB-U20-Betreuer bereits selbst beim 3:0-Erfolg gegen Fidschi in Whangarei beobachten konnte, ist "ein machbarer Gegner, der sicher nicht die Klasse von Ghana oder Argentinien hat." Jedoch werde man nicht den Fehler machen und die Usbeken unterschätzen: "Wer bei einer Weltmeisterschaft weiterkommt und die Gruppenphase übersteht, der muss Qualität haben."

"Ich habe aber schon das Gefühl, dass meine Burschen jetzt Lunte gerochen haben. Es wirkt auf mich ganz so, als ob sie sich sagen: So leicht lassen wir uns nicht schlagen!", ist Heraf zuversichtlich. "Aber wir haben viel Kraft verbraucht und deshalb war die Regeneration nach den anstrengenden Spielen wichtig."

 

Maximaler Einsatz bei jeder Trainingsübung :-) #U20WM

Posted by ÖFB Youngsters on Dienstag, 9. Juni 2015

Als Trainer "die Buben weiterentwickeln: Diese Erfahrung nimmt ihnen keiner"

Das WM-Abenteuer 2015 in Neuseeland ist für seine Spieler sichtlich etwas Besonderes, der 47-Jährige hingegen nimmt im persönlichen "Jahr der Gelassenheit" die Erlebnisse relativ "unspektakulär" zur Kenntnis. "Meine Freundin hat mir vor der Abreise ein Buch geschenkt und da bin ich gerade auf einer Seite: Zufriedenheit und Gelassenheit gehen oft Hand in Hand."

Heraf gesteht zwar, dass der Aufstieg gegen Argentinien für ihn "eine tolle Geschichte" war, aber "noch wichtiger ist es für meine Burschen. Ich bin als ÖFB-Trainer hier um die Buben weiter zu bringen. Diese Erfahrung nimmt ihnen keiner mehr."

Und dem Coach niemand die genutzte zweite Chance. Denn bei der U20-Weltmeisterschaft 2011 in Kolumbien musste Österreich unter seiner Führung noch sieg- und torlos wieder heimfliegen. "Aber solch negative Dinge gehören in einer Trainerlaufbahn auch dazu. Ich habe damals viel investiert und daraus gelernt, dass man auch seinen Entscheidungen und Gefühlen vertrauen muss."

"Der Fleiß und die Ak­ri­bie mit der mein ganzes Betreuerteam hier dabei ist, macht sich dieses Mal bezahlt. Wir haben alles getan und unsere Hausaufgaben gemacht, damit wir auf jeden Gegner ideal vorbereitet sind. Ein Bonus und die Bestätigung unserer Arbeit."  

Mehr dazu:

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Christian Tragschitz, weltfussball.at aus Whangarei/Neuseeland