12.06.2015 09:00 Uhr

Das Abenteuer Weltreise ist vorbei

Der große Achtungserfolg bei der U20-WM: Österreich erreicht ein 0:0 gegen Argentinien, schickt den Mitfavoriten auf den Titel heim und steigt ins Achtelfinale auf
Der große Achtungserfolg bei der U20-WM: Österreich erreicht ein 0:0 gegen Argentinien, schickt den Mitfavoriten auf den Titel heim und steigt ins Achtelfinale auf

Endstation Usbekistan. Statt gegen Senegal um den Einzug ins Semifinale der U20-WM zu kämpfen, fliegt Österreichs Nachwuchs zurück nach Hause. Zurück bleibt für die Youngsters eine Erfahrung für die Ewigkeit. Denn für viele von ihnen ging beim FIFA U-20 World Cup 2015 in Neuseeland die Karriere als Teamspieler zu Ende.

Der starke Jahrgang 1994 verhindert, dass zahlreiche Akteure des U20-Teams den Sprung in die ÖFB-U21-Auswahl schaffen werden. Ohne sich zu weit aus dem Fenster zu lehnen: Der Sprung in die A-Nationalmannschaft ist für den Großteil dieses Kaders außer Reichweite. Dafür bereichert das Abenteuer einer Weltreise den persönlichen Erfahrungsschatz.

Die 0:2-Niederlage im Achtelfinale der U20-Weltmeisterschaft am Donnerstag gegen die Usbeken vor 3.964 Zuschauern in Whangarei zeigte die Grenzen deutlich auf. Schon die Tatsache, dass man sich als eine von nur sechs europäischen Mannschaften für die WM qualifizierte und anschließend auch noch gegen Ghana, Panama und Argentinien die Gruppenphase ungeschlagen überstand, bleibt als toller Erfolg zurück. Dies sei allen Kritikern mit ihren Ferndiagnosen aus der Heimat ins Stammbuch geschrieben.

"Dieser Gegner war zu stark für uns"

Doppeltorschütze Dostonbek Khamdamov sorgte in der 47. und 57. Minute für den völlig verdienten Sieg der Usbeken. ÖFB-U20-Teamchef Andreas Heraf hatte es schon vor dem Achtelfinale befürchtet: "Usbekistan ist eine aufstrebende Fußballnation und war seit 2011 bei allen U17- und U20-Weltmeisterschaften vertreten. Dort haben sie die Vorrunde immer überstanden und zwei Mal sogar das Viertelfinale erreicht."

Nun stehen die "Oq boʻrilar" (weißen Wölfe) erneut in der Runde der letzten acht Teams, sie zerfleischten Österreichs Youngsters mit dem Adler auf der Brust nach der Pause als klar bissigere Mannschaft. "Dieser Gegner war heute zu stark für uns. Usbekistan war physisch und vom Tempo her deutlich überlegen. Sie haben uns gut analysiert und wussten genau wie wir agieren. Wir haben nie einen zweiten Ball gehabt und sind so nicht in unser Spiel gekommen", analysierte Heraf bei seiner Abschieds-Pressekonferenz im weltfussball-Gespräch.

Das WM-Out mit der schwächsten Turnierleistung bleibt als bitterer Nachgeschmack. Schwung kam erst nach dem Rückstand mit dem einmal mehr auffälligen Andreas Gruber in die Mannschaft. Den Aufsteiger von Sturm Graz zunächst nur auf die Bank zu setzen, war nicht die beste Entscheidung. Auch die zunächst sehr zurückhaltende Taktik und der kaum vorhandene Spielaufbau (agiert wurde meist ideenlos mit hohen Bällen) machten das Ausscheiden zu einer nur wenig erbaulichen Vorstellung.

Mit den eigenen Waffen geschlagen

"Es hat fast gewirkt wie wenn Buben gegen Maschinen spielen", meinte Heraf und brachte damit den auch physisch eklatanten Unterschied auf den Punkt. Zudem wurde sein Team im Toll Stadium von Whangarei an der Nordküste der Nordinsel Neuseelands mit den eigenen Waffen geschlagen. Österreich ist eine Mannschaft, die gut reagieren kann und auf Fehler des Gegners wartet. Gegen Usbekistan machte man selbst kurz nach der Pause den folgenschweren ersten Patzer und lag so zurück.

Ausgerechnet die sonst bei der WM starke Innenverteidigung mit Lukas Gugganig und Philipp Lienhart war nicht im Bilde. Zudem zögerte Torhüter Tino Casali beim Herauslaufen und wurde dafür bestraft. "Die Enttäuschung ist riesig, bei uns allen ist eine große Leere da. Die gesamte Mannschaft hat leider nicht das gespielt, was wir in der Gruppenphase gezeigt haben", war der Keeper zunächst nach der Partie geknickt.

"In ein paar Tagen über die tolle Zeit nachdenken"

Wenige Sekunden später gab sich Casali aber schon wieder positiv: "Es ist ein Wahnsinn, dass wir ins WM-Achtelfinale gekommen sind. In ein paar Tagen werden wir vielleicht über die tolle Zeit nachdenken und schöne Erinnerungen haben."

Dem stimmte auch sein Coach zu. "Das Erreichen der Weltmeisterschaft und das Überstehen der Gruppenphase ist eine geile Geschichte für uns, darauf können wir stolz sein. Unter den letzten 16 der Welt sind ausschließlich starke Teams vertreten, eine Niederlage auf diesem hohen Niveau ist immer möglich. Ich bin stolz auf meine Mannschaft und auf das, was wir in den letzten Jahren gemeinsam erreicht haben", lautete die Bilanz von Andi Heraf.

Nach dem sensationellen Aufstieg gegen U20-Rekordchampion Argentinien waren seine Schützlinge in Wellington noch mit Ausgang belohnt werden: Mit umgedrehten Schirmkappen wirkten einige von ihnen bei der Ausweiskontrolle des Türstehers wie freche Teenager. Vielleicht weil sie welche sind und schon mit der Reise nach Neuseeland mehr erreichten, als man ihnen zugetraut hatte. Es war nicht der ÖFB-"Jahrgang des Jahrhunderts", aber eine eingeschworene Mannschaft.   

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Christian Tragschitz, weltfussball.at aus Whangarei/Neuseeland