18.08.2015 12:00 Uhr

Del'Haye: Vom Rekordtransfer zum Flop

Kalle Del'Haye (l.) spielte von 1980 bis 1985 bei den Bayern
Kalle Del'Haye (l.) spielte von 1980 bis 1985 bei den Bayern

Ballack, Klose, Götze – immer wieder ist Bayern München mit dem Vorwurf konfrontiert, Leistungsträger von Konkurrenten zu verpflichten, um diese kaputt zu kaufen. Eine Praktik, die bei den Münchnern Tradition hat. Das erste Beispiel dieser Art war die Verpflichtung von Kalle Del'Haye. Zu dessen 60. Geburtstag blickt weltfussball auf die Geschichte des schnellen Rechtsaußen zurück.

Angesprochen darauf, wer zu seiner aktiven Zeit der schnellste aller Spieler gewesen sei, musste Klaus Augenthaler am Sonntag bei "Sky" nicht lange nachdenken: "Das war ganz eindeutig Kalle Del'Haye", sagte er. Allerdings nicht, ohne hinterher zu schieben: "Aber er hat ja kaum gespielt."

Und Augenthaler muss es wissen: Anfang der 80er Jahre war der Verteidiger, der seine ganze Karriere für Bayern München spielte, insgesamt fünf Jahre lang Teamkollege des pfeilschnellen Flügelspielers. Allzu häufig gemeinsam auf dem Platz standen die beiden tatsächlich nicht. In seinen fünf Jahren bei den Bayern brachte es Del'Haye nur auf 76 Einsätze.

Dabei kam der gebürtige Aachener im Sommer 1980 mit großen Vorschusslorbeeren. Unter Jupp Heynckes war er bei Borussia Mönchengladbach in der Vorsaison endlich unumstrittener Stammspieler. Er war frisch gebackener Nationalspieler, Europameister und galt als bester Rechtsaußen Deutschlands – auf jeden Fall als schnellster.

Der teuerste Bundesligaspieler

Für die Bayern war der Transfer des damals 24-Jährigen prestigereich. Also ließ man ihn sich auch eine stolze Summe kosten: Die knapp 1,3 Millionen D-Mark bedeuteten Bundesligarekord.

Aber warum eigentlich? Brauchten die Bayern zu dieser Zeit wirklich einen Spielertyp wie Del'Haye? "Wenn du bei uns nicht zum Stammspieler wirst, erschieße ich mich", hat Manager Uli Hoeneß ihm prophezeit. Eintreten sollte diese Prophezeiung nicht.

Keine Chance im Sturm

Del'Haye passte nicht ins taktische Konzept von Bayern-Trainer Pal Csernai. Dieser setzte für gewöhnlich auf ein System mit zwei Angreifern, in dem Karl-Heinz Rummenigge und Dieter Hoeneß gesetzt waren. Auch Norbert Janzon hatte im Vergleich zum teuersten Neuzugang der Ligahistorie die Nase vorn.

Also versuchte Csernai, Del'Haye als Spieler neu zu erfinden. "In den ersten Trainingswochen erklärte mir Csernai, dass er mich als deckungstreuen Mittelfeldspieler braucht", erinnert sich der Sprinter. Eine Position, auf der er sich selbst nicht sah – zumal ihm in den Transferverhandlungen seine geliebte Rolle als Rechtsaußen versprochen wurde. Schon Ende 1980 sprach der "Kicker" vom "zynischsten Transfer des Jahres".

Sportlich war die Ehe zwischen Bayern München und Karl Del'Haye von Anfang an ein Missverständnis. Wirklich zum Leistungsträger wurde er nie – und durch einen persönlichen Schicksalsschlag (seine Tochter verstarb) in der bayerischen Landeshauptstadt auch privat nicht glücklich.

Konflikt mit Hoeneß

Zwischen Del'Haye und Uli Hoeneß krachte es schon nach einem Jahr. Der Manager soll den Rekordtransfer offensiv dazu aufgefordert haben, ein Angebot eines anderen Klub annehmen, weil er keine Rolle mehr spiele und man ihn von der Gehaltsliste bekommen wolle. Das Bild der Bayern als familiärer Verein, der sich mit menschlicher Wärme um seine Spieler kümmert, erlebte Del'Haye ganz anders: "Hier ist der Mensch ein Nichts, wenn er sportlich nicht unantastbar ist."

Im Nachhinein wirkt es beinahe wie ein Wunder, dass der Angreifer insgesamt fünf Jahre bei den Bayern blieb. Spätestens als er unter Udo Lattek in der Saison 1984/1985 keine einzige Einsatzminute bekam, war jedoch klar, dass das Missverständnis am Ende war.

Der erste strategische Transfer

Also wechselte er zu Fortuna Düsseldorf. Wirklich Fahrt nahm seine Karriere allerdings nie wieder auf. Bis heute gilt Del'Haye als erster strategischer Transfer der Ära Uli Hoeneß bei Bayern. Ein Transfer, der für viele nur dazu da war, einen Konkurrenten zu schwächen und der eine vielversprechende Karriere ausbremste.

Ausgebremst? Naja... Wirklich schwermütig blickt Del'Haye nicht zurück: „Ich hatte dort eine gute Zeit. Und 100 Bundesliga-Spiele für Bayern sind mehr wert als 100 Spiele für einen kleineren Klub.“ Immerhin: In den Erinnerungen seiner ehemaligen Mitspieler hat er weiterhin einen Platz sicher. Man frage nur Klaus Augenthaler...

Mehr dazu:
>> Vereinsspiele von Kalle Del'Haye

Jochen Rabe