17.11.2015 12:40 Uhr

Ligen-Check: Masina glänzt, Honda schmollt

Adam Masina ist einer der Shootingstars der laufenden Saison
Adam Masina ist einer der Shootingstars der laufenden Saison

Halb Mailand bejubelt die Auferstehung der Nerazzurri, ganz Verona bangt um Hellas. Bologna feiert einen hochbegabten Youngster, die andere Hälfte von Mailand bereitet den Abschied eines ehemaligen Hoffnungsträgers vor. In der Länderspielpause wirft weltfussball einen Blick auf Europas Ligen. Heute im Blickfeld: die italienische Serie A.

Das Überraschungsteam: FC Inter

In der jüngsten Vergangenheit verkörperte der FC Internazionale nur noch gehobenes Mittelmaß. Ein fünfter, ein sechster, ein achter und ein neunter Platz in den vergangenen vier Spielzeiten kosteten vier Trainer vorzeitig den Job. Mittlerweile hat Roberto Mancini das Kommando. Und der 50-Jährige sorgt mit seinen Nerazzurri seit Saisonbeginn in halb Mailand für gute Stimmung.

Aktuell liegt Inter mit 27 Punkten nach zwölf Spielen auf Platz zwei der Tabelle, hat zehn Zähler mehr als im letzten Jahr und deutlichen Vorsprung auf den AC Milan. 55.300 Zuschauer kommen im Schnitt zu den Heimspielen (Ligabestwert), um die Schwarz-Blauen zu unterstützen. Das Team dankt es ihnen und liefert Woche für Woche wohlgestalteten Ergebnisfußball.

Sieben von acht Spielen gewannen die Mailänder italienisch mit 1:0. Das 2:1-Schützenfest in Carpi wurde durch einen Elfmeter in der 89. Minute begünstigt. Doch so unspektakulär die Auftritte auch sind, so sehr erfüllen sie ihren Zweck. Die kostspieligen Transfers (Kondogbia, Murillo, Miranda, Perisic) scheinen sich in dieser Saison endlich einmal auszuzahlen.

Um von einem möglichen Titel zu reden, ist es Mancini aber noch viel zu früh: "Wir sind noch nicht so weit und müssen erst noch zusammenwachsen. Aber auf Platz zwei zu stehen bedeutet, dass wir ein paar Dinge richtig machen."

Die Tiefflieger der Saison: Hellas Verona

In den letzten beiden Jahren spielte der 2013 aufgestiegene Hellas Verona Football Club eine überraschend gute Rolle. In dieser Saison scheint die mit einem Durchschnittsalter von 28 Jahren zweitälteste Mannschaft der Serie A an ihre Grenze zu stoßen. Das Toreschießen (8) klappt genauso wenig wie das Toreverhindern (19). Kein einziger Sieg steht für den Tabellenvorletzten bislang auf der Habenseite

Die Entlassung von Trainer Andrea Mandorlini lag nach dem jüngsten 0:2 gegen Aufsteiger Bologna bereits in der Luft, Nachfolger wurden von der Presse gehandelt. Doch die Klubspitze stellte sich demonstrativ vor ihren Übungsleiter: "Wir haben uns mit der Möglichkeit eines Trainerwechsel beschäftigt. Aber Mandorlini hat bewiesen, dass er gute Arbeit leistet und uns durch diese schwierige Zeit bringen wird."

Seit einigen Wochen nicht dabei helfen kann der verletzte Luca Toni. Der 38-jährige Kapitän fehlt seinem Team auf dem Rasen als Vollstrecker, Anspielstation, Motivator und Führungsperson. Mit ihm fehlt zudem der vielleicht beste, ganz sicher aber der torgefährlichste Spieler.

Defensiv sind die Probleme ähnlich groß. In elf von zwölf Spielen kassierte Verona mindestens ein Gegentor. Sauber hielten die Gelb-Blauen ihren Kasten nur beim 0:0 gegen das Schlusslicht aus Carpi. Setzt sich die Serie bis zum Ende der Hinrunde fort, wird die Vereinsspitze neue unangenehme Frage beantworten müssen.

Der Shootingsstar: Adam Masina (FC Bologna)

Vor drei Jahren stand Adam Masina vor der Wahl: Karriereende oder Neuanfang in der vierten Liga. Der Außenverteidiger entschied sich nach seiner Ausbootung aus der ersten Mannschaft für den Neustart. Eine außerordentlich gute Entscheidung. Heute zählt der 21-Jährige zu den Shootingstars der Serie A und hat sich in Windeseile in den Fokus der großen Vereine gespielt.

Trotz seiner 1,89 Meter ist der gebürtige Marokkaner schnell auf den Beinen, verfügt über einen ausgeprägten Offensivdrang und hat im Zweikampf nur selten das Nachsehen. Kleine Unsicherheiten und taktische Fehler nimmt man in Bologna gerne in Kauf. Dass Masina der einzige Spieler im Kader ist, der in allen Saisonspielen 90 Minuten auf dem Platz stand, sagt viel über das Potenzial des Youngsters aus.

Mit drei Torvorbereitungen und einem Treffer hat der 21-Jährige mehr Scorerpunkte als jeder andere Abwehrspieler der Liga vorzuweisen. Alessandro Del Piero und Maicon sind nicht zufällig die Spieler, die er als Vorbild bezeichnet. "Ich weiß, dass sich mein Leben in den letzten zwei Jahren verändert hat", sagt der frisch gebackene U21-Nationalspieler über seinen kometenhaften Aufstieg. "Meine eigene Geschichte", so das Ausnahmetalent, "zeichnet mir selbst ein Lächeln ins Gesicht."

Der Absteiger: Keisuke Honda (AC Milan)

Nach seinem Wechsel aus Moskau wurde der 81-fache japanische Nationalspieler als neuer Hoffnungsträger der Rossoneri gefeiert. Knapp zwei Jahre später steht Honda vor einem unschönen Abschied aus Mailand. Unter Trainer Siniša Mihajlović kommt der 29-Jährige kaum noch zum Zug. Ganze vier Startelfeinsätze stehen in dieser Saison zu Buche.

"So oft habe ich noch nie auf der Bank gesessen. Jetzt weiß ich, wie es sich anfühlt, ein Spiel nur von außen zu betrachten", äußerte sich Honda zuletzt kritisch über seine aktuelle Lage. Und auch Mihajlović gibt zu: "Die Situation ist nicht einfach."

Das Tuch zwischen Coach und Spieler ist, so scheint es, längst zerschnitten. Zwar beteuerte der Klub, man wolle Honda in diesem Winter nicht verkaufen. Dieses Treuebekenntnis dient aber wohl in erster Linie dazu, den Preis hochzutreiben. Immerhin dürfte es dem AC leicht fallen, einen Abnehmer für den Mittelfeldspieler zu finden. Everton und Tottenham sollen bereits angefragt haben.

Mehr dazu:
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Der Fahrplan für den weltfussball-Ligen-Check:

10.11. Portugal: Primeira Liga
11.11. Niederlande: Eredivisie
12.11. Türkei: SüperLig
13.11. Russland: Premier Liga
16.11. Frankreich: Ligue 1
17.11. Italien: Serie A
18.11. Spanien: Primera División
19.11. England: Premier League

Christian Schenzel