22.06.2016 07:25 Uhr

Löw freut sich auf die K.o.-Phase

Der Bundestrainer haderte mit der Chancenverwertung
Der Bundestrainer haderte mit der Chancenverwertung

Fragen an Bundestrainer Joachim Löw nach dem Achtelfinaleinzug der deutschen Fußball-Nationalmannschaft bei der Europameisterschaft in Frankreich.

Was ist mit Jérôme Boateng? Sie mussten ihn auswechseln.

Löw: In der Halbzeit hatte Jérôme über Probleme in der Wade geklagt. Sie hatte ein bisschen verkrampft. In der zweiten Halbzeit wurde es nicht besser. Daher mussten wir einen Wechsel vornehmen. Das Risiko war einfach zu hoch. Wenn in der Wade etwas passiert, es einen Muskelfaserriss oder eine Zerrung gibt, heißt das gleich zwei, drei Wochen Pause. Damit wäre das Turnier wahrscheinlich beendet gewesen für Jérôme. Das Risiko wollte ich nicht eingehen.

Ist sein Einsatz im Achtelfinale gefährdet?

Ich glaube, wir haben ihn rechtzeitig vom Feld geholt. Normalerweise ist nichts kaputt. Ich hoffe, dass unsere Ärzte das die nächsten Tage hinbekommen. Ich gehe davon aus, dass er spielen kann.

Wie beurteilen Sie die Leistung von Joshua Kimmich?

Ich habe ihn gut gesehen. Er hat sehr gute Wege gemacht. Er hat auf der rechten Seite für gute Flanken gesorgt und die Abwehrspieler beschäftigt. Bei ihm konnte ich keine Nervosität feststellen. Er ist sehr clever und auch sehr selbstbewusst. Ich war mit seinem ersten Spiel auf so einer Bühne wirklich sehr zufrieden. Er hat Zweikämpfe gewonnen und war hinten im Kopfballspiel präsent. Und nach vorne hat er für viel Bewegung gesorgt.

Was sagen Sie zur Angriffsleistung und der Verschwendung von Torchancen?

Ich war zufrieden mit den Angriffsaktionen, mit der Spielauslösung und dem vermehrtem Tempo. Im letzten Drittel des Spielfeldes haben wir es viel besser gemacht. Die Laufwege waren besser, das Tempo, das Passspiel in die Spitze. Wir sind viel mehr in die Tiefe gegangen. Womit ich nicht zufrieden bin, ist die Chancenverwertung. Wir haben viele Eins-gegen-eins-Aktionen gehabt gegen den gegnerischen Torhüter. Wir hätten in der Halbzeit 3:0 oder 4:0 führen müssen. Dann hätten wir den einen oder anderen Spieler nach 45 Minuten schonen können.

Wie bewerten Sie die beiden möglichen Achtelfinalgegner Slowakei und Albanien?

Über die möglichen Gegner zu reden, ist ein bisschen früh. Er steht noch nicht fest. Das Ganze mit den Gruppendritten ist sehr kompliziert, auch für mich, ganz ehrlich. Gegen die Slowakei haben wir vor einigen Wochen in Augsburg 1:3 verloren. Bei den Slowaken wissen wir schon, was auf uns zukommt. Albanien hat unser Chefscout Urs Siegenthaler auch das eine oder andere Mal gesehen.

Sie haben einiges umgestellt. Ist gerade die Rochade mit Kimmich und Gomez aufgegangen?

Mario Gomez hat das Tor gemacht, das war gut. Er war im Training schon sehr torgefährlich. Deswegen ist er ja auch dabei, damit wir mal einen anderen Spielertypen in die Spitze stellen können, nicht eine falsche Neun, sondern eine richtige Neun. Er war zwei-, dreimal gefährlich, und er hat natürlich auch zwei Gegenspieler ständig gebunden. Denn Mario ist ein Spieler, der gerne im Zentrum bleibt. Das war heute wichtig. Wir brauchten da einen Spieler.

Und Kimmich?

Gegen Mannschaften, die so defensiv spielen, ist auch eine andere Lösung gefragt. Mit Benni Höwedes bin ich auch zufrieden, was er defensiv machen kann. Gegen Nordirland war klar, dass wir die Breite des Spielfeldes nutzen müssen, dass wir über Außen kommen müssen. Dafür ist der Jo prädestinierter als der Benni Höwedes.

Wieviel Sorgen macht es Ihnen, dass Thomas Müller immer noch kein EM-Tor geschossen hat?

Sorgen macht mir das nicht. Wenn er keine Chancen gehabt hätte, dann hätte ich mir mehr Gedanken machen müssen, logisch. Er hat drei, vier große Chancen gehabt, aber manchmal auch ein bisschen Pech. Aber wenn ein Stürmer Chancen hat, ist das ein gutes Zeichen. Heute war er nah dran. Ich denke, dass es beim nächsten Mal klappt.

Ihre Mannschaft ist in der Vorrunde ohne Gegentor geblieben. Wie bewerten Sie die Abwehrleistung insgesamt?

Wir haben die letzten beiden Spiele defensiv sehr konsequent gespielt. Zum dritten Mal zu Null, das ist sicherlich erfreulich. Ganz ehrlich, gegen Nordirland war es für die Defensive nicht gerade schwer. Zufrieden war ich aber auch damit, dass wir keine blöden Fouls gemacht haben, gerade in den vielen Kopfballduellen. Nordirland hat in der Qualifikation von 16 Toren zehn aus Standards gemacht. Da haben wir nichts zugelassen.

Wie froh sind Sie, dass es jetzt in die K.o.-Spiele geht?

Ich habe es schon vor dem Turnier gesagt, dass die ersten vier Spiele zäh werden könnten. Die Slowakei oder Albanien werden ihr Heil gegen uns auch nicht in der Offensive suchen. Aber irgendwann muss der Gegner auch was tun, sonst fährt er nach Hause. Wenn man immer nur zu Null spielen will, kommt man in der K.o.-Runde nicht weiter. Ich freue mich auf die K.o.-Runden, das sind für mich die tollen Spiele. Da geht es wirklich um viel, die Spannung ist da.