25.06.2016 11:08 Uhr

Balotellis Erben auf dem Prüfstand

Dieses Bild von Mario Balotelli (r.) ging einst um die Welt
Dieses Bild von Mario Balotelli (r.) ging einst um die Welt

Das Bild ging um die Welt: Mit einer protzigen Pose demütigt Mario Balotelli nach seinem Tor im EM-Halbfinale vor vier Jahren die deutsche Mannschaft. Die Szene nach seinem bereits zweiten Treffer für die Italiener hat Bundestrainer Joachim Löw, wie dieser später einmal zugab, sogar bis in den Schlaf verfolgt. Bei der EM in Frankreich gibt es keine Fotos von Balotelli: In den Kader der Squadra Azzurra hat er es nicht geschafft.

Balotellis Erben sind der eingebürgerte Brasilianer Éder und der ehemalige Turniertänzer Graziano Pellè. Sie machen ihre Sache bislang gut. Aber es gibt auch Zweifel, ob beide die Qualität für die ganz engen K.o.-Spiele haben. Im Achtelfinale am Montag (18:00 Uhr) in Paris gegen Titelverteidiger Spanien kämpft das Sturm-Duo auch um die Gunst der Italiener.

Der polarisierende Tänzer

Pellè wird von manchen männlichen Tifosi sogar belächelt. Die leicht tänzelnden Bewegungen des 1,94 m großen Schlaks, die von seiner Tanzschulausbildung in der Jugend herrühren, gefallen nicht jedem. Sein artistisches Volley-Tor beim 2:0-Auftaktsieg gegen Belgien dagegen schon. "Balance, Disziplin, Koordination - ich glaube, ich kann mich für einen großen Stürmer gut bewegen", sagt Pellè.

Der 30-Jährige ist ein Spätstarter, der lange kaum auffiel. Erst bei Feyenoord Rotterdam (50 Tore in 57 Spielen) gelang ihm der Durchbruch. Nach seinem Wechsel nach England zum FC Southampton nahm die Torquote aber wieder deutlich ab (21 in 64). "Brasilien hatte Pelé, wir haben Pellè", lautet ein gängiger Witz.

Pellès Freundin Vicky Varga bereichtert dagegen jedes Spiel. Die hübsche Ungarin nimmt eine aufblasbare Puppe ihres Traumprinzen mit auf die Tribüne. Bei den Frauen steht der "Cristiano Ronaldo Süditaliens" wegen seines guten Aussehens ohnehin hoch im Kurs.

Éders Einbürgerung stößt auf Abneigung

Pellès Sturmpartner Éder hat auch eine hübsche Frau, sie ist Italienerin - doch das reicht nicht allen Italienern. Dass der gebürtige Brasilianer das Trikot der Squadra Azzurra trägt, ist manchen ein Dorn im Auge. Ex-Nationaltrainer Roberto Mancini, pikanterweise derzeit Éders Klubtrainer bei Inter Mailand, gehört zu denen, die das kritisiert und durchaus einige Zustimmung bekommen haben.

Auch nach Éders 1:0-Siegtreffer im zweiten Gruppenspiel gegen Schweden sah sich Nationalcoach Antonio Conte deshalb gezwungen, seine Nominierung zu rechtfertigen: "Mir ist egal, wer woher kommt und wer wo spielt." Basta! Unterstützung erhält der 28 Jahre alte Stürmer auch von Balotelli, der auf Instagram schrieb: "Wunderbares Tor, Éder!".

Sportlich gesehen ergänzen sich Éder (klein, kompakt, trickreich) und Pellè (groß, elegant, abschlussstark) perfekt. Und womöglich sorgt ja einer von ihnen für das Bild der EM in Frankreich. Pellè hatte als Feyenoord-Profi schon für einen schönen Schnappschuss gesorgt, als er sich nach seinem Treffer gegen Ajax Amsterdam das Trikot vom Leib riss und mit freiem Oberkörper und vor Erleichterung schreiend posierte. Balotelli lässt grüßen.