17.08.2016 16:35 Uhr

Austria gegen Rosenborg Underdog mit Chance

Thorsten Fink hofft auf einen Befreiungschlag seiner Mannschaft just gegen den zu favorisierenden Rosenborg BK
Thorsten Fink hofft auf einen Befreiungschlag seiner Mannschaft just gegen den zu favorisierenden Rosenborg BK

Eine Hürde trennt die Wiener Austria noch vom Traumziel Gruppenphase der Europa League. Der Gegner im Playoff ist prominent. Der norwegische Rekordmeister Rosenborg Ballklub beehrt am Donnerstag (ab 19:00 Uhr im weltfussball-Liveticker) das Ernst Happel-Stadion als leichter Favorit.

Zwischen 1995 und 2007 war Rosenborg elf Mal für die Gruppenphase der Champions League qualifiziert. Nach einem kurzen Durchhänger zu Beginn dieses Jahrzehnts holte der frühere Serienmeister 2015 wieder das Double in Norwegen. Aktuell steht der Klub aus der drittgrößten Stadt des Landes nach 20 Runden mit einem Vorsprung von elf Punkten ungefährdet vor dem 24. Titelgewinn.
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"Ein toller, interessanter Gegner, für mich eine Topmannschaft", urteilte Austria-Trainer Thorsten Fink. "Wir haben uns das erarbeitet, dass wir hier im Playoff spielen können. Es ist eine tolle Aufgabe für Verein und Mannschaft." Er selbst hatte mit Bayern München die Wege von Rosenborg bereits mehrmals gekreuzt und nie verloren.

Die Ausgangsposition vor seinem ersten Trainerduell mit den Weiß-Schwarzen ist jedoch eine andere. "Es wird uns gut tun gegen eine Mannschaft zu spielen, die nominell weiterkommen sollte", sagte Fink mit Hinblick auf die traditionell hohe Erwartungshaltung bei der Austria.

Obwohl das Verteilen von Favoritenrollen nur Showcharakter hat. "Im Playoff gibt es keine schwachen Teams, Das wissen sie auch. Aber deswegen haben wir auch Chancen", so der Deutsche. Selbige rechnet sich auch Austria-Sportdirektor Franz Wohlfahrt aus: "Es braucht sicher zwei Topleistungen. Wir hoffen, dass die Jungs alles raushauen."

Violette Krisenstimmung

Genau hier liegt das Problem. Nach einem ebenso erfolgreichen wie nicht unglücklichen Start in die Saison setzte es für die Veilchen in der Meisterschaft gegen den Erzrivalen Rapid (1:4) und Sturm Graz (1:3) zwei herbe Niederlagen. Das violette Selbstvertrauen ist im Keller. "Schießbude der Liga" hieß es angesichts der vielen Gegentreffer etwa. "Ich habe nicht gesehen, dass das Team mit viel Selbstvertrauen gegen Sturm gespielt hat", gestand Thorsten Fink ein. Die Partie sei auch für ihn "sehr negativ" gewesen.

"Klar hat die Mannschaft nicht frisch gewirkt", sagte Fink, "ich kann den Spielern aber nicht in den Kopf schauen." Als Trainer könne er nur an einzelnen Schrauben drehen und stellte eine mögliche Überlastung durch den Europacup in den Raum.

Ein weiteres Thema, das die Austria in letzter Zeit beschäftigt ist das "System Holzhauser". Wie ein Quarterback im American Football sucht der Mittelfeldspieler aus der eigenen Hälfte vor allem mit weiten Pässen die flinken Sprintraketen in der Offensive. Ausrechenbar und formschwach, so lauten die Vorwürfe. Fink stellte sich vor den Spieler: "Ich bin im letzten Jahr sehr zufrieden mit ihm gewesen. Er hat unser Spiel geprägt. In der Vorbereitung war er der Beste." 

Einen defensiveren Plan B gäbe es zwar, Fink möchte sein Team "aber nicht einer unserer Stärken berauben". Diese wäre eben der Spielaufbau über Holzhauser, gleichwohl "es vom System her wichtig ist, dass er funktioniert." Dass der Dreh- und Angelpunkt im violetten Spiel angeblich bei Galatasaray auf dem Einkaufszettel stehen soll, kommentierte Fink diplomatisch mit "Ich lese wenig Zeitung". Dem Gesichtsausdruck nach hätte man ihm aber auch von einer Holzhauser-Teilnahme an einer Mars-Mission erzählen können.

Die Austria kämpft gegen Negativstimmung. Am Donnerstag geht es mit der Europa League immerhin um etwas sehr Positives. Allein der Gedanke soll die Gemüter der Veilchen wieder erhellen. "Wir müssen galliger und hungriger sein, um Spiele zu gewinnen", forderte Fink von seiner Mannschaft.

Fink kennt Stärken und Schwächen von Rosenborg

Über Rosenborg wurde laut Fink ein "großes Dossier" zusammengestellt. "Sie sind stark und sehr gut organisiert", so der Trainer über den Gegner, der in einem 4-3-3 antritt und in der Offensive auf 4-1-4-1 umschaltet. "Sie haben schnelle Spieler und einen Torjäger", wusste Fink. Der Däne Christian Gytkjær hat 2016 in 22 Einsätzen schon 15 Mal getroffen. 

Obendrein sei die Abwehr zentral sehr solide. "Wir dürfen nicht ins offene Messer laufen, müssen geduldig im Ballbesitz sein", so Fink. Eine Schwachstelle hätte er immerhin ausgemacht: Standards. "Da hatte der Gegner Probleme - große", so Fink und verwies hier auf Holzhauser als einen der besten Spieler der Bundesliga am ruhenden Ball.

Das Ego der Rosenborg-Spieler dürfte nach dem Out in der Qualifikation der Champions League gegen APOEL Nikosia - das Hinspiel wurde 2:1 gewonnen, beim 0:3 im Rückspiel fielen alle Treffer in der Nachspielzeit - nicht gelitten haben. Denn in der Meisterschaft wurden vier Siege en suite gefeiert und mit zehn gewonnenen Heimspielen ein neuer Vereinsrekord aufgestellt.

Rosenborg wurde schon einmal bezwungen

Zuversicht schöpft die Austria aus der positiven Bilanz gegen Teams aus Norwegen. Von vier Europacup-Duellen wurden drei (Lillestrøm SK 1978/79, Rosenborg 1993/94 und Vålerenga IF 2007/08) erfolgreich absolviert.

Franz Wohlfahrt hütete in den Duellen mit Rosenborg das Tor und steht nun vor einem Wiedersehen mit Kare Ingebridgtsen. Der aktuelle Rosenborg-Coach war ebenfalls dabei, als die Austria nach einer 1:3-Niederlage in Norwegen im Rückspiel daheim vor 6.500 Zuschauern 4:1 gewann. Die Austria hofft diesmal auf einen ähnlichen oder größeren Publikumszuspruch, denkwürdigem Europacup-Abend inklusive.

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Sebastian Kelterer