18.10.2016 08:41 Uhr

Historie: 10 Arminen umzingelt von Raubtieren

Tičić (r.) saß damals mit bandagiertem Fuß neben Ozaki auf der Tribüne
Tičić (r.) saß damals mit bandagiertem Fuß neben Ozaki auf der Tribüne

Die Saison 1986/1987 war nicht unbedingt die Spielzeit der Bielefelder. Noch im Jahr zuvor hatte die Mannschaft von Coach Horst Franz den vierten Platz belegt und war nur knapp am Aufstieg in die Bundesliga gescheitert. Aus finanziellen Gründen mussten die Ostwestfalen jedoch kurz darauf eine Reihe von Leistungsträgern abgeben, darunter so bekannte Namen wie Thomas Helmer oder Pasi Rautiainen. 

Mit einer Rumpfmannschaft, die gespickt war mit jungen Spielern aus dem Amateurlager, die bis dahin nur teilweise ihr Talent unter Beweis gestellt hatten, ging es in die neue Saison. Auf einen kleinen Kader zu setzen, um Geld zu sparen, sollte sich jedoch schnell rächen. Ganze zehn Spieler sollten Trainer Franz am 13. Spieltag gegen den 1. FC Saarbrücken fehlen. 

Neben den drei langfristig Verletzten, Ulrich Büscher, Kazuo Ozaki und Boris Tičić, fehlten weitere Stützen der Mannschaft: Matthias Westerwinter musste am Kiefer operiert werden, Keeper Wolfgang Kneib laborierte an einer Hand-Verletzung, Dietmar Schacht und Andreas Ridder wurde von kleineren Verletzungen gequält, Reiner Maurer hatte Probleme mit dem Ischias. 

Zwar drosselte der Arminen-Coach das Training immer mehr, doch am Tag des Spiels, dem 18.10.1986, fielen auch noch Thomas Gerstner und Andreas Ellguth aufgrund eines grippalen Infekts aus. Franz blieben auf diese Weise nur noch sieben Profis, die einsatzfähig waren. 

Der DFB erlaubte keine Verschiebung

Erschwerend kam hinzu, dass zur damaligen Zeit nicht mehr als drei Amateure bei Spielen in den beiden höchsten Spielklassen eingesetzt werden durften. Allen Bemühungen der Bielefelder Vereinsführung zum Trotz - und obwohl sogar der 1. FC Saarbrücken zugestimmt hätte - erlaubte der DFB keine Verschiebung des Spiels. Der Grund: Das Regelwerk des Fußballbundes sah vor, dass eine terminliche Verschiebung nur dann möglich war, wenn alle Spieler aus demselben Grund nicht spielfähig gewesen wären. Um den Druck auf beide Vereine zu erhöhen, drohte der DFB Saarbrücken sogar mit einem Punktabzug, sollten diese aus Loyalität nicht zum Spiel antreten.

Und so kam es, wies kommen musste: Die Arminia trat mit nur zehn Spielern gegen die Elf des FCS an. Das Bielefelder Team bestand aus den sieben übrig gebliebenen Profis und drei Amateuren. Aber als hätte das nicht gereicht, hatte der Fußball-Gott an jenem Samstag noch mehr Pech für die gebeutelten Ostwestfalen parat: In der zehnten Minute verletzte sich nämlich auch noch Thomas Ostermann und musste mit einem Leistenbruch vom Feld. Der DSC musste fortan mit neun Kickern auskommen, weil Ostermann ein Profi war und nicht durch einen Amateur von der Bank ersetzt werden konnte. 

Arminia-Abwehrmann Martin Kollenberg war darüber anfangs verwundert. "Wir warteten die gesamte erste Hälfte, dass Horst Franz endlich einen anderen Spieler brachte", erzählte der Hüne, "erst in der Halbzeitpause erfuhren wir: Er durfte nicht." Neun Minuten nach Ostermanns Ausscheiden lag die Heimmannschaft schließlich 0:1 hinten. Theo Schneider besorgte die Führung für die Saarbrücker.

Bielefeld schaffte sogar den Ausgleich

Doch kurz vor der Pause rieben sich die 2.600 Zuschauer auf der Alm, die vorher jede Möglichkeit genutzt hatten, um den (damals noch einzigen) Spielball möglichst lange in den eigenen Reihen zu halten und ihrem Team so Zeit zu verschaffen, plötzlich die Augen. Es lief die 44. Spielminute, als Thomas Sagel den Ball per Freistoß in den Maschen des Saarbrücker Tores unterbrachte. 

Kollenberg sagte später: "Wir fühlten uns wie Gladiatoren, umzingelt von Raubtieren. Wir wussten: Eigentlich können wir uns gleich in den Staub werfen und uns fressen lassen. Oder aber wir kämpfen bis zum Letzten, und das taten wir." Neun Bielefelder wehrten sich tapfer bis zur 79. Minute, als Zbigniew Kruszyński die Gäste wieder in Führung brachte. Nur ein paar Minuten später machte Robert Brace mit dem 3:1 den Deckel auf die Partie und besorgte den Endstand. "Die Zuschauer bejubelten jeden Ball, den wir hinten raus und auf die Tribüne schlugen, wie die Verrückten", erinnerte sich Kollenberg, der mit seinen acht Kollegen trotz der Niederlage vom Publikum frenetisch gefeiert wurde.

Bielefeld musste bis kurz vor Saisonende um den Klassenerhalt zittern, sicherte sich den Verbleib in der 2. Liga aber durch einen Endspurt mit acht Spielen ohne Niederlage. Am Ende wurde der DSC Neunter.