04.11.2016 16:50 Uhr

Immobile-Hype bei Lazio: Ciro d'Italia

Ciro Immobile blüht derzeit bei Lazio Rom auf
Ciro Immobile blüht derzeit bei Lazio Rom auf

Beim Blick auf die Serie A werden sich die Fans von Borussia Dortmund derzeit verdutzt die Augen reiben. Ausgerechnet der frühere BVB-Flop Ciro Immobile sorgt bei Lazio Rom für Aufsehen. Für den 26-Jährigen zeichnet sich das Ende einer langen Leidenszeit ab - nicht nur, weil er endlich wieder in seiner italienischen Heimat kicken darf.

Es ist der elfte Spieltag in der Serie A, Lazio Rom gegen Sassuolo, 55. Minute: Ciro Immobile entwischt nach einem Eckball seinem Gegenspieler. Der Ball wird auf den zweiten Pfosten verlängert, wo der Stürmer den Ball aus kurzer Distanz zum 2:0 ins Netz hämmert. Was danach folgt ist Ekstase pur: Ein beherzter Sprung über die Bande und Immobile jubelt ausgelassen auf dem Zaun vor der eigenen Fankurve. Die Tifosi danken ihrem Goalgetter mit en­thu­si­as­tischen "Ciro! Ciro!"-Sprechchören.

Die Bilder von Ende Oktober wären noch vor nicht allzu langer Zeit undenkbar gewesen. Vor zwei Jahren trat Immobile in Dortmund an, um die großen Fußstapfen von Robert Lewandowski auszufüllen. Der Italiener scheiterte krachend. Nachdem ihm die Fans der Schwarzgelben zu Beginn seines Engagements viel Wohlwollen entgegenbrachten, verloren sie irgendwann den Glauben in den Angreifer.

Nach nur einem Jahr, in dem Immobile in 24 Bundesliga-Spielen magere drei Tore gelangen, wechselte der Italiener zum FC Sevilla. Doch auch dort wurde Immobile nicht glücklich.

In Rom trat der Nationalspieler im Sommer wieder ein schwieriges Erbe an. Miroslav Klose hatte seinen Vertrag in der Ewigen Stadt nicht verlängert. Viele Lazio-Anhänger trauten dem Neuen nicht zu, "Il Bomber" ersetzen zu können. Dabei hatte sich Immobile bei seiner Leihe zum FC Turin im ersten Halbjahr 2016 mit fünf Toren in 14 Spielen für den Job bei den Biancocelesti empfohlen.

Nur Džeko torgefährlicher als Immobile

Wenige Monate später ist die Begeisterung über den 1,85-Meter-Mann in Rom riesig. Immobile versprüht bei Lazio nicht nur deutlich mehr Spielfreude als bei seinen letzten Stationen. Auch die blanken Zahlen sprechen für den "stolzen Krieger", wie Jürgen Klopp den Angreifer einst bei seiner BVB-Vorstellung taufte. 

Nach elf Spieltagen belegt der Mittelstürmer mit neun Treffern Platz zwei der Torschützenliste. Noch öfter hat bislang nur der ehemalige Wolfsburger Edin Džeko (11 Tore) für die Roma eingenetzt. 

Besonders beeindruckend ist Immobiles jüngste Erfolgsserie: In den letzten fünf Ligapartien war er immer erfolgreich, konnte sogar zwei Mal doppelt treffen.

Nach seinem letzten Doppelpack im Heimspiel gegen Cagliari Calcio gab sich Immobile dennoch bescheiden. "In Rom habe ich die Unterstützung der Mannschaft und der Fans. Ich will einfach so weitermachen und der Mannschaft helfen", erklärte er. Ein Wink mit dem Zaunpfahl in Richtung Dortmund?

Lazio-Trainer Simone Inzaghi spricht in den höchsten Tönen über seinen Knipser: "Seit seiner Ankunft hier in Rom, hilft er uns enorm weiter. Ich bin nicht überrascht von seinen neun Toren in elf Spielen. Er ist ein Spieler, den ich unbedingt wollte".

Renaissance hat auch sportliche Gründe

Eine Erklärung, warum der als sehr heimatverbunden geltende Immobile nun wieder funktioniert, ist die Rückkehr nach Italien. In Dortmund kam der introvertierte Stürmer nie richtig an. Nach seinem Abgang holte er zum verbalen Rundumschlag aus.

"Wir haben keine Hilfe bekommen, ich nicht und meine Familie auch nicht. Wir haben sehr gelitten", erklärte Immobile. Die Zeit in Deutschland bezeichnete er als "verlorenes Jahr", Deutsch als "unmögliche Sprache".

Wenn man genauer hinsieht, lassen sich aber auch sportliche Gründe für Immobiles Renaissance bei Lazio finden. Bei den Römern hat er ein Mittelfeld mit beachtlichem Talent in seinem Rücken. Die Flügelzange, bestehend aus dem Brasilianer Felipe Anderson (vier Assists) und dem Senegalesen Keita Baldé (zwei Assists), bedient den Angreifer ebenso zuverlässig wie Routinier Senad Lulić (drei Assists).

Gerade Anderson und Baldé machen den Abgang von Offensiv-Ass Antonio Candreva vergessen. Sie kreieren immer wieder gefährliche Eins-gegen-Eins-Situationen über die Außenpositionen. Hinzu kommt das in dieser Saison stark verbesserte Direktspiel, an dessen Ende häufig Immobile zum Abschluss kommt.

Bewährungsprobe gegen Neapel

Am Samstag (ab 20:45 Uhr im sport.de-Liveticker) tritt Lazio beim SSC Neapel an. Auch dank Immobile handelt es sich dabei um das Topspiel des zwölften Spieltags. Das Inzaghi-Team liegt nach zuletzt zwei Siegen in Folge sogar einen Punkt vor Napoli auf Platz vier der Tabelle. 

Kann Immobile seine Torserie ausbauen, stehen die Chancen gut, dass Lazio auch am Ende der Saison Neapel abhängt. Dann dürfte Immobile auch seine Leidenszeit in Deutschland bald ganz vergessen.