07.11.2016 14:00 Uhr

Rapid-Präsident als verbaler Schaumschläger

Rapid-Präsident Michael Krammer äußerte sich zur Trennung von Trainer Mike Büskens
Rapid-Präsident Michael Krammer äußerte sich zur Trennung von Trainer Mike Büskens

Rapid-Präsident Michael Krammer hat sich am Montag beim Pressetermin zur Ablöse von Trainer Mike Büskens und Sportchef Andreas Müller einmal mehr als verbaler "Schaumschläger" präsentiert. Seine Aussagen waren an Peinlichkeit teilweise nur schwer zu überbieten. Damit erinnerte der ehemalige Bundesheer-Offizier noch einmal an seine letztklassige Inszenierung bei der Wahl zum Rapid-Boss.

Ende Oktober 2013 hatte Krammer zunächst dem Wahlkomitee für die Bestellung des neuen Rapid-Präsidenten angehört. Nachdem der große Favorit Erich Kirisits jedoch als Kandidat von eben jenem Personenkreis bereits im Vorfeld demontiert worden war, stellte sich Krammer "selbstlos" als weißer Ritter auf dem grünen trojanischen Pferd zur Verfügung.

Sein Aufstieg vom Wahlmann zum Präsidenten empörte damals nicht nur Kirisits, sondern auch neutrale Beobachter. Der "Königsmörder" aus Hütteldorf hatte erfolgreich zugeschlagen. Der 56-jährige Wiener hat einen beruflichen Werdegang beim Bundesheer, ÖAMTC, max.mobil, tele.ring, E-Plus One, Orange Austria sowie der mdc3 GmbH und ventocom GmbH vorzuweisen. Wie wenig Ahnung er jedoch von der wichtigsten Materie als Vereinschef beim Rekordmeister hat, stellte er ganz Fußball-Österreich am Montag eindrucksvoll unter Beweis.

"Das Haus ist bestellt!"

Eine Auswahl der "besten" Krammer-Zitate: "Es war keine Weiterentwicklung erkennbar. Der Einsatz hat gestimmt, aber die Resultate zählen. Wir sind nicht dort, wo wir sein wollen", wenig später hieß es aus dem selben Mund: "Das (Rapid-)Haus ist sehr gut bestellt!"

Ein neuer Cheftrainer werde "sehr bald" bestellt. Als Ziel wird noch während der Länderspielpause angestrebt. Beim Geschäftsführer Sport hätte man mehr Zeit. Mit Stefan Ebner habe man in der sportlichen Führung einen sehr guten "zweiten Mann" und mit Willhelm Schuldes einen tollen Nachwuchs-Chef. Der neue Coach wird also vor dem Sportchef bestellt. Normalerweise ist es natürlich anders und der sportliche Leiter sucht den verantwortlichen Betreuer aus.

Alle Nachfragen zu diesem Thema umging Krammer, obwohl er die Richtigkeit der herkömmlichen Reihenfolge eingestand: "Das ist keine Notlösung!"

"Wirtschaftliche Vorsorge getroffen für den Fall der Fälle"

Mit Ex-Coach Zoran Barišić, von dem sich Rapid kurz vor Saisonbeginn trotz des Vizemeister-Titels und einem Vertrag bis Sommer 2018 getrennt hatte, seinem Nachfolger Mike Büskens (Kontrakt bis 2017) und dem seit Montag ehemaligen Sportchef Andreas Müller (Arbeitsverhältnis in Wien-Hütteldorf bis 2019!) zahlt der populärste Fußballverein Österreichs ab sofort drei prominente Spaziergänger aus.

So wissen die 15.846 Mitglieder (inklusive Greenies) immerhin wofür unter Vereinspräsident Krammer ihr Geld verwendet wird.

"Wir haben wirtschaftlich Vorsorge getroffen für den Fall der Fälle", meinte der in verbale Bedrängnis geratene Rapid-Boss. Näher wollte er seinen Erklärungs-Notstand nicht ausführen.

"Oft Glück ist Können, oft Pech das Gegenteil"

"Es braucht jetzt diese Veränderung", hantelte sich Krammer in seinen Ausführungen von Ast zu Ast. Um sich wenig später dort selbst abzusägen: "Wir schätzen Kontinuität und betreiben keine hire and fire-Politik." Die Fakten belegen das Gegenteil.

Es ging weiter in den überforderten Wortmeldungen des Rapid-Präsidenten beim Frage/Antwort-Spiel mit den Medien: "Oft Glück ist Können und oft Pech ist das Gegenteil davon!" Richtig, so wie in seiner titellosen Bilanz an der Vereinsspitze. Dort hat man bis jetzt nicht sehr oft, sondern ausschließlich Pech.

Die "Müller raus!"-Choräle aus dem Block West hätten fast dazu geführt, dass er die Entscheidung "überdenkt": "Denn so etwas bewirkt bei mir das Gegenteil." Interimscoach Thomas Hickersberger fehle die Erfahrung mit einer Kampfmannschaft, weshalb er als Dauerlösung ausgeschlossen wurde.
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Für andere Kandidaten wie Andreas Herzog oder Dietmar Kühbauer werde es einen "Kriterien-Katalog" geben. Dieser beinhaltet "die Wirkung des Trainers in der Rapid-Community, Erfahrung in Österreich und international, die Entwicklung junger Spieler sowie taktisches Geschick."

"Niemand hat den göttlichen Funken. Wir werden diese Entscheidung objektivieren", kündigte der Rapid-Boss an. Wir? Sein Präsidium mit Nikolaus Rosenauer, Martin Bruckner, Erich Haider, Gerhard Höckner, Petra Gregorits, Josef Kamper sowie Thomas Waldner? Wo niemand jemals Profi-Fußball gespielt hat und wo die sportliche Kompetenz sogar noch teilweise unter der von Krammer anzusiedeln ist.

Vielleicht ist in ein paar Wochen ja "Krammer raus!" von den Tribünen in Wien-Hütteldorf zu hören. Ein Neuanfang auch auf dieser Position würde mehr als nur Sinn machen.

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Christian Tragschitz