07.11.2016 10:41 Uhr

S04-Coach bedauert "Generation DSDS"

Schalkes A-Jugendtrainer Norbert Elgert ist ein absoluter Experte
Schalkes A-Jugendtrainer Norbert Elgert ist ein absoluter Experte

Die Jugendarbeit wird in vielen Vereinen groß geschrieben, doch in den letzten Jahren hat sie sich verändert. Fußball und Schule - viel Freizeit bleibt den Jugendlichen nicht. Experten zeigen sich kritisch.

"In Deutschland stehen die Klubs dafür ein, dass die Jungs einen Abschluss machen. Pro U-19-Bundesligajahrgang gibt es über 400 Spieler, die werden nicht alle Profis", sagte Meikel Schönweitz, Jugendkoordinator des DFB dem "kicker" und kritisierte: "Aber wo wir aktuell etwas verlieren: Wir nehmen den Jungs durch den durchstrukturierten Tagesablauf die Selbstständigkeit." Die Jugendlichen müssten "auch Alltagserfahrungen machen - aber die bestehen im Moment nur aus Schule und Fußball."

Das habe auch mit der verkürzten Schulzeit zu tun, erklärte Schönweitz: "Durch G8 sind die Jungs ja zugeballert. Durch Kooperationen mit Schulen konnte zwar vieles verbessert werden. Allerdings gibt es hier noch eine Menge zu tun." Die Nachwuchsleistungszentren haben allerdings den Nachteil, dass die Jugendspieler immer unter Beobachtung stehen. "In den Internaten sind die Jungs gläsern, wie Profis im Privaten durch Foto- und Videohandys", meinte Norbert Elgert, Jugendtrainer beim FC Schalke 04.

Schrei nach einer "normalen" Jugend?

Vorfälle wie zuletzt beim DFB, als zwei Jugendspieler mit einer Sisha-Pfeife, die letztendlich ein Feuer auslöste, erwischt wurden, könnten das Bedürfnis nach einer "normalen" Jugend widerspiegeln. "Weder den Zeitpunkt noch die Tatsache kann man gutheißen. Aber unabhängig von der Aktion: Viel Zeit für Alltagserfahrungen, die irgendwo eine Persönlichkeit prägen, haben sie nicht", kritisierte Schönweitz. Und auch Elgert sprang bei: "Dass 16- bis 19-Jährige auch mal Blödsinn machen, ist normal. Wir müssen Vertrauenspersonen sein, mit denen sie über solche Dinge sprechen."

Generell warfen beide auch einen kritischen Blick auf moderne Entwicklungen und Einflüsse auf die Teenager. "Generationenübergreifend betrachtet: Ich hatte Sportler als Vorbild wie Michael Jordan oder Boris Becker, die sich etwas jahrelang und hart erarbeitet haben", meinte Schönwitz: "Die Vorbilder heute: Youtube-Stars oder Leute aus Castingshows. Das färbt ab auf die Zielsetzung und auf die Art, wie ich diese Ziele erreiche." Ähnlich sah das auch Elgert, der den gesellschaftlichen Einfluss aufzeigte: "Wir leben in einer Gesellschaft 'Deutschland sucht den Superstar', nur der Erste ist ein Gewinner. Die Erfüllung im Sport hat aber viel mit Spaß und Spielfreude zu tun. Du bist immer dann ein Gewinner, wenn du dein Bestes gegeben hast - unabhängig vom Ergebnis."

Generell bräuchte es im Jugendbereich mehr als die bloße fußballerische Begabung, um sich durchzusetzen. "Dein Talent stellt dich nur in die Tür - Einstellung, Persönlichkeit, Charakter bringen dich dann durch", erklärte Schalkes Jugendcoach.