01.01.2017 12:10 Uhr

Werder-Transfers: Ein Kracher, viele Flops

Enttäuschung hier, Euphorie da: Thanos Petsos (l.) und Serge Gnabry
Enttäuschung hier, Euphorie da: Thanos Petsos (l.) und Serge Gnabry

Dank einer groß angelegten Einkaufstour sollte bei Werder Bremen alles besser werden. Serge Gnabry und Co. kosteten mehr als 20 Millionen Euro. Doch welcher der elf Neuzugänge schlug beim erneut abstiegsbedrohten Nordklub ein, welcher nicht? Eine Analyse.

Max Kruse (7,5 Millionen Euro Ablöse, kam vom VfL Wolfsburg):

Als Königstransfer angekündigt, erlebte der in Wolfsburg aufgrund privater Eskapaden aussortierte Ex-Nationalspieler an alter Wirkungsstätte einen klassischen Fehlstart. Nach dem bitteren Pokal-Aus in Lotte fiel Kruse mit einer Außenbandverletzung im linken Knie monatelang aus. Ein herber Rückschlag für Klub und Spieler, sollte der Offensivallrounder doch Dreh- und Angelpunkt der Werderaner sein.

Nach seiner Rückkehr Ende November trug der 28-Jährige jedoch seinen Teil zum Aufschwung bei und traf in sechs Partien zweimal, darunter zum entscheidenden 1:0 in Berlin. Entsprechend glücklich äußerte sich Sportchef Baumann: "Er hat uns sehr gefehlt mit seiner Qualität, was Ballhalten betrifft, was Kombinationen betrifft, was aber auch halt den Torabschluss betrifft. Er ist auf einem sehr, sehr guten Wege. Wir sind absolut zufrieden". Auch in der zweiten Saisonhälfte dürfte Kruse ein ganz wichtiger Baustein im Bremer Spiel sein.

Serge Gnabry (5 Mio., FC Arsenal):

Für diesen Coup dürfen sich die Verantwortlichen auf die Schulter klopfen. Gnabry knüpfte an der Weser nahtlos an seine brillanten Auftritte bei den Olympischen Spielen an und glänzte mit sieben Treffern und zwei Assists für die Hanseaten.

Die Belohnung: Bundestrainer Jogi Löw lud den Flügelflitzer erstmals in die DFB-Auswahl ein, wo der 21-Jährige gleich mit einem Dreierpack gegen San Marino für Aufsehen sorgte.

Einziger Wermutstropfen für die Bremer: Angeblich darf der Shootingstar dank einer festgelegten Ausstiegsklausel für rund acht Millionen Euro gehen. Nichtsdestotrotz ein Kracher-Transfer.

Florian Kainz (3,5 Mio., Rapid Wien):

Der neue Andi Herzog? Mitnichten. Bislang ist der Österreicher bei Werder völlig außen vor, stand über weite Strecken der Hinserie nicht einmal im 18er Kader. Gerade einmal vier Einsatzminuten in der Bundesliga (am 3. Spieltag in Mönchengladbach) sprechen eine deutliche Sprache.

Dem Außenbahnspieler fällt die Umstellung auf die körperlichen Anforderungen in Deutschland sichtlich schwer. Aufkommenden Wechselgerüchten schiebt Baumann jedoch einen Riegel vor: "Florian war kein Ausleihkandidat und wird auch keiner".

Robert Bauer (2,5 Mio., FC Ingolstadt):

Wie Teamkollege Gnabry kam Rio-Held Bauer mit viel Selbstvertrauen nach Bremen, fand sich nach dürftigen Auftritten in einer ohnehin vollkommen verunsicherten Werder-Mannschaft aber schnell auf der Ersatzbank wieder. Doch der Defensivallrounder blieb bissig und verdrängte Platzhirsch Theodor Gebre Selassie in den letzten fünf Partien vor der Winterpause schließlich aus der Startelf.

Trotz einiger Probleme in der Abstimmung mit den Nebenleuten hat sich der zweikampfstarke 21-Jährige mittlerweile hinten rechts festgespielt - ein guter Transfer für den SVW.

Niklas Moisander (1,8 Mio., Sampdoria Genua):

Petri Pasanen 2.0! Ähnlich wie sein finnischer Landsmann einst spielt der 31-Jährige eine solide Rolle in der Bremer Innenverteidigung. Zwar schleichen sich auch bei Moisander immer wieder Unachtsamkeiten ein, doch dank seiner Erfahrung und Ruhe am Ball ist der Routinier in der Viererkette unumstritten. 

Fallou Diagne (1,5 Mio., Stade Rennes):

Mehr Missverständnis geht nicht. Als vermeintlicher Leistungsträger aus Frankreich gekommen, legte der Ex-Freiburger einen desolaten Start beim Nordklub hin. In München (0:6) und Mönchengladbach (1:4) war der Abwehrmann an mehreren Gegentoren beteiligt, wurde danach nicht mehr berücksichtigt und schließlich zur Drittligavertretung degradiert.

Sein Berater schimpft: "Ich frage mich, warum ausgerechnet Fallou so schnell aussortiert worden ist. Da wird gerade eine Menge Kapital vernichtet". Ein Abschied im Winter gilt als sicher.

Lamine Sané (ablösefrei, Girondins Bordeaux):

Anders als sein senegalesischer Landsmann Diagne überzeugte der baumlange Routinier auf Anhieb, wurde zwischenzeitlich jedoch von Verletzungen zurückgeworfen. Ist er fit, bildet der Bruder von 96-Spieler Salif Sané gemeinsam mit Moisander ein recht solides Duo in der Innenverteidigung.

Ein mehr als ordentlicher Fang für die Bremer.

Jaroslav Drobný (ablösefrei, Hamburger SV):

Als Nummer zwei hinter Felix Wiedwald vom Erzrivalen HSV an die Weser gewechselt, verdrängte der 37-Jährige den etatmäßigen Stammkeeper schnell. Coach Nouri lobt den Tschechen: "Er hat das Vertrauen gerechtfertigt. Er gibt den Spielern Ruhe mit seiner Erfahrung".

Gleichwohl offenbart Drobný fußballerisch große Schwächen und leistete sich einige Wackler. Zur Dauerlösung taugt der Altstar nicht. Spätestens im Sommer dürfte Werder einen neuen Schlussmann holen.

Thanos Petsos (ablösefrei, Rapid Wien):

Einer von drei Akteuren, die bereits im vorigen Winter von Ex-Manager Thomas Eichin geholt wurden. Trotz guter Leistungen in der österreichischen Bundesliga schaffte es der Grieche nie, bei Werder Fuß zu fassen. Fand sich zumeist auf der Tribüne wieder, nur um zwischendurch zweimal völlig überraschend in der Anfangsformation zu stehen - ohne bleibenden Eindruck.

Anfang Dezember ätzte Petsos öffentlich: "Ich weiß nicht, woran ich bin. Auf der einen Seite wird einem vertraut, auf der anderen Seite nicht". Anschließend wurde der 25-Jährige aussortiert. Er soll den Klub im Winter bereits wieder verlassen.

Lennart Thy (ablösefrei, FC St. Pauli):

Auch der Stürmer verhandelte seine Rückkehr nach Bremen einst noch mit Eichin. Schon nach Bekanntwerden des Transfers staunten viele und zweifelten an der Erstligatauglichkeit des einstigen deutschen U-Nationalspielers. Das Ende vom Lied: Thy fand in der Hinserie kaum Berücksichtigung und kehrt im neuen Jahr leihweise zum akut abstiegsbedrohten FC St. Pauli zurück.

Immerhin: Beim 2:1-Sieg gegen den VfL Wolfsburg erzielte der 24-Jährige seinen ersten Treffer im deutschen Oberhaus - ein immens wichtiges Tor für die Bremer.

Justin Eilers (ablösefrei, Dynamo Dresden):

Der Pechvogel im Werder-Kader. Eilers verletzte sich in der Sommer-Vorbereitung an der Hüfte und stand noch keine Minute für die Grün-Weißen auf dem Platz. Doch der 28-Jährige zeigt sich kämpferisch: "Ich will nun das Feld von hinten aufrollen. Eine Ausleihe kommt für mich nicht infrage".

Laut Baumann steht der Angreifer nicht auf der langen Streichliste und darf sich Hoffnungen machen, in der zweiten Saisonhälfte zu Joker-Einsätzen zu kommen.