22.03.2017 15:24 Uhr

Rampenlicht: BVB-Unglücksrabe sucht sein Glück

Julian Koch ist derzeit für Ferencváros Budapest am Ball.
Julian Koch ist derzeit für Ferencváros Budapest am Ball.

Viele bekannte Gesichter spielen weitgehend unbeachtet von der deutschen Presse im Ausland. Heute berichtet sport.de über zwei Spieler, die von deutschen Trainern ins Ausland gelockt wurden und von einem Altmeister, der in der Heimat sein Glück gefunden hat.

Die Schlagzeile "Ich hätte mein Bein verlieren können" war der traurige Höhepunkt in der bisherigen Karriere des Ex-Dortmunders Julian Koch. Als Toptalent auf der rechten Außenbahn gehandelt, verhinderten hartnäckige Verletzungssorgen einen kometenhaften Aufstieg. Aktuell spielt der Pechvogel bei Ferencváros Budapest.

Zurück zu alter Stärke?

Im Januar 2017 verließ der variable Abräumer Fortuna Düsseldorf und schloss sich dem amtierenden ungarischen Double-Gewinner an. Gefolgt war er dem Ruf von Ex-Bundesliga-Coach Thomas Doll. Der deutsche Übungsleiter errichtete mit Janek Sternberg, Oliver Hüsing, László Kleinheisler (alle ehemals Werder Bremen) und Tamás Hajnal (ehemals BVB) bereits eine kleine Bundesliga-Enklave an der Donau. Mit Erfolg: Das Quintett kam zuletzt beim 3:1-Sieg über Szombathelyi Haladás zum Einsatz. Auch Julian Koch, der die beiden vorigen Partien verletzungsbedingt versäumt hatte, war mit von der Partie.

Verletzungen - ein leidiges Thema, das den Karriereweg des 26-Jährigen pflastert. Aus der Dortmunder Jugend schaffte Koch 2009 zunächst den Sprung zu den Profis, konnte sich jedoch nicht durchsetzen. Die Lösung: Eine Leihe zum MSV Duisburg. Und tatsächlich biss sich Koch bei den Zebras fest und mauserte sich umgehend zum Leader.

Im Februar 2011 beendete eine schwerwiegende Verletzung seinen Aufstieg jäh! Neben üblen Knieschäden stellte sich bei Koch zusätzlich noch das Kompartment-Syndrom ein. Eine seltene Durchblutungsstörung, die um ein Haar zu einer Oberschenkel-Amputation geführte hätte. Die Folge: 609 Tage ohne Fußball! Der Rechtsfuß, der nach Leihende wieder nach Dortmund zurückgekehrt war, erlebte in der Saison 2011/2012, mitten in seiner Leidenszeit, absurderweise den größten Erfolg seiner Karriere. Mit dem BVB wurde der Unglücksrabe Deutscher Meister und Pokalsieger - ohne auch nur eine einzige Minute gespielt zu haben.

In Ungarn endlich verletzungsfrei?

Bei einer weiteren Duisburg-Leihe, dem Wechsel nach Mainz und einer Leihgabe an Pauli wurde der heute 26-Jährige immer wieder durch Verletzungen zurückgeworfen und konnte so sein Potential nie ganz abrufen. 2015 schloss sich der gebürtige Schwerter dem Zweitligisten Fortuna Düsseldorf an. Bis zum Winter 2016 lief er 36 Mal für die Fortunen auf. Nachdem der Blondschopf zuletzt seinen Stammplatz eingebüßt hatte, signalisierte er seinen Wechselwunsch.

Derzeit rangieren Koch & Co. auf dem vierten Tabellenplatz. Zu wünschen bleibt dem ehemaligen Dortmunder, dass er bei seiner neuen Station dauerhaft ohne Beschwerden bleibt.

Vom Zweitliga-Spieler zum Agger-Erben

Eine weitere Anlaufstelle für ehemalige Bundesligaspieler scheint der dänischen Top-Klub Brøndby IF zu sein. Aktuell stehen dort fünf Akteure unter Vertrag, die bereits in Deutschland ihr Geld verdienten. Eine gestandene Größe unter ihnen: Benedikt Röcker, der vor seinem Wechsel für den VfB Stuttgart und Greuther Fürth kickte. Im Sommer 2016 kehrte Röcker dem Kleeblatt den Rücken, um in große Fußstapfen zu treten: Bei Brøndby sollte er die Dänen-Legende Daniel Agger beerben.

Wie sein Vorgänger ist der Legionär auch in der Innenverteidigung beheimatet und weist eine ähnlich bullige Statur auf. Nach knapp einem Jahr lautet das Fazit: Mission geglückt.

"Ich habe Daniel Agger verfolgt, seit er in die Premier League gewechselt ist. Er war ein herausragender Innenverteidiger. Es ist schade, dass er aufhört. Ich hätte viel von ihm lernen können", bedauerte der gebürtige Schwabe anfangs das Karriereende des Abwehrstars.

So oder so, die Statistik spricht bisher für Röcker: In 26 Ligaspielen stand er über 90 Minuten auf dem Platz. Mit seinen Teamkollegen steht der Cousin des Freiburgers Julian Schuster derzeit auf dem zweiten Tabellenplatz.

Röcker folgte dem Ruf von Mentor Zorniger

Vater des Erfolgs ist dabei sicherlich auch Ex-RB-Leipzig und VfB-Stuttgart-Coach Alexander Zorniger. Zwischen dem Innenverteidiger und dem Ex-Bundesligacoach herrscht eine besondere Beziehung. Sie kennen und schätzen sich aus alten Zeiten bei der SG Sonnenhof Großaspach.

Das Vertrauen, das Röcker in Brøndby von Beginn an erfuhr, vermisste er zuletzt in Deutschland. Nachdem er den Sprung von der zweiten Stuttgarter Mannschaft zu den Profis nicht schaffte (nur drei Einsätze im Oberhaus), wechselte er zum Zweitligisten Greuther Fürth. Dort absolvierte er in zweieinhalb Jahren stolze 75 Partien. Die unaufhaltsame Talfahrt des Klubs Anfang 2016 kostete Röcker jedoch seinen Stammplatz.

Der Ausweg: Mentor Zorniger rief, Röcker folgte und schlug seine Zelte in Dänemark auf. Ein Schritt, der sich definitiv gelohnt hat.

Back to the roots

Sein Lächeln ist zurück! "Ich bin wahnsinnig glücklich. Es ist ein Moment zum Genießen und um den Kopf auszuschalten, das Jahr 2017 wartet", kommentierte Felipe Santana die Ankunft bei seinem neuen Klub Atlético Mineiro in Brasilien via Instagram. Auch der Brasilianer ging einen Schritt, der sich bisher ausgezahlt hat.

Fünf Jahre lang stand Santana bei Borussia Dortmund unter Vertrag. Fünf Jahre, in denen der Brasilianer als einer der besten Bundesligaverteidiger galt, die keinen Stammplatz hatten. Vorgesehen war der 1,94-Meter-Mann in den meisten Fällen lediglich als Backup für Mats Hummels und Neven Subotić.

Insgesamt absolvierte der Abwehrschrank bei der Borussia nur 113 Partien (77 Mal in der Startelf). Seine Sternstunde erlebte Santana am 9. April 2013, als er die Mannschaft mit seinem Tor zum 3:2 ins Champions-League-Halbfinale schoss. Kurz darauf verkündete der Manndecker unerwartet seinen Wechsel zum Erzrivalen Schalke 04. Er versprach sich einen Stammplatz in den Reihen der Blau-Weißen.

Vom Schalker Abstellgleis in den eisigen, russischen Abstiegskampf

Der Plan ging jedoch nicht auf. In zwei Jahren in Gelsenkirchen kam der Rechtsfuß wettbewerbsübergreifend auf nur 32 Einsätze. Auf Schalke spielte "Tele" von Anfang an nicht die gewünschte Rolle. Es folgten glücklose Stationen abseits des Medienrummels: Eine unbefriedigende Leihe (Olympiakos Piräus), ein fragwürdiger Wechsel nach Russland (FK Kuban Krasnodar) und eine halbjährige Vereinslosigkeit.

Im Januar 2017 wechselte der 31-jährige in seine Heimat zum ambitionierten Erstliga-Klub Atlético Mineiro. In Brasilien scheint er endlich sein Glück gefunden zu haben. Noch hat der Ligabetrieb nicht begonnen. Doch bei den bisherigen Pokalspielen zeichnete es sich schon ab: Felipe Santana hat das Zeug zum Stammspieler (bisher: 7 Einsätze über 90 Minuten).

Linda Nier