30.07.2017 07:30 Uhr

Vieles spricht für Österreich, nicht alles

Dominik Thalhammer:
Dominik Thalhammer: "Ich hoffe, dass wir frischer sind, dass wir aggressiver sein können."

"Es wär' gelogen, wenn ich sagen würde, dass es ein Spiel wie jedes andere ist", Manuela Zinsberger, die niemals auf den Mund gefallene Torhüterin des österreichischen Frauen-Nationalteams, weiß um die Bedeutung vor dem EM-Viertelfinale gegen Spanien am Sonntag (ab 18:00 Uhr im weltfussball-Liveticker). Es läuft im Vorfeld alles für die ÖFB-Truppe – und das ist verdächtig.

Man hat den Eindruck, dass es es vielleicht sogar zu gut für Österreich läuft. Dass die spanische Spielweise, die bislang noch nicht einmal sonderlich erfolgreich war, dem rot-weiß-roten Pressingmonster liegen soll, darin war man sich zuletzt einig.

"Man muss verstehen, wie Spanien spielen will. Das ist ein Stil, der sehr auf Dominanz und Ballbesitz ausgelegt sind. Diese Dominanz muss man aushalten. Wir haben eine Mannschaft, die aus diesen Situationen den einen oder anderen Vorteil ziehen kann", meinte Dominik Thalhammer bei der Pressekonferenz im Stadion von Willem II in Tilburg.

Der Trainer bemühte sich aber auch, den Ball am Boden zu halten: "Das ist Spanien. Nummer 13 der Welt. Sie haben den prestigeträchtigen Algarve Cup gewonnen. Wir wollen ruhig bleiben, genau das zeichnet unser Team aus."

"Fakt ist, sie sind weiter gekommen. Fakt ist auch, dass sie Spielerinnen haben, die am Punkt Leistung bringen können", wusste Viktoria Schnaderbeck. "Sie besitzen große Qualität im technischen und taktischen Bereich. Sie sind vom System her sehr variabel. Darauf müssen wir uns einstellen, das wird die größte Herausforderung", fügte die Kapitänin hinzu.

Allen Respektsbekundungen zum Trotz hat Österreich allen Grund für ein ordentliches Selbstbewusstsein. Sieben Punkte, ungeschlagen, überragender Gruppensieg, noch nie in Rückstand geraten. Die Bilanz der Europameisterschaft liest sich hervorragend.

"Das ist ein denkwürdiges Ereignis für uns", gab auch Thalhammer zu Protokoll. Erstmals überhaupt bei dieser Endrunde steht dem Teamchef der gesamte Kader zur Verfügung. "Das erweitert unseren Handlungsspielraum ungemein. Das bedeutet aber auch, dass eine gute Spielerin auf der Bank Platz nehmen muss. Wir haben eine Tendenz, die Entscheidung ist aber noch nicht gefallen", so Thalhammer.

Eine Möglichkeit ist, dass Viktoria Schnaderbeck wieder ins Zentrum der Abwehr rutscht. "Ich traue mir beides zu, defensives Mittelfeld oder Innenverteidigung. Es ist nur eine Trainerentscheidung", meinte die Cousine von Sebastian Prödl. Durch diese Variante, die in der Offensive das Erfolgsgespann zulassen würde, müsste aber die bislang exzellente Virginia Kirchberger auf die Bank.

Von Statistiken und Schummelzetteln

Wie auch immer gespielt wird, die Möglichkeit eines Elfmeterschießens besteht bekanntlich in einem K.O.-Spiel. Extra trainiert wurde dieses aber nicht. "Elfmeter sind eine mentale Sache, deswegen haben wir uns auch mental vorbereitet", meinte Thalhammer.

Ob Zinsberger im Fall der Fälle einen Schummelzettel bekommen würde? Fast schon entgeistert, aber mit einem Lachen fiel ihre Antwort aus: "Na. Damit würde ich nicht klar kommen. Wo soll ich den dann hintun? In die Stutzen? Mit den Handschuhen?"

Lieber möchte man schon in den ersten 90 Minuten die Begegnung entscheiden. Das ist aufgrund der österreichischen Effizienz auch nicht unrealistisch. 67 Prozent aller Schüsse gehen aufs gegnerische Tor. Der Topwert aller Teams in der Gruppenphase.

weltfussball wollte von Schnaderbeck wissen, ob sie diese Statistik begründen kann? "Das ist interessant, das kann ich tatsächlich begründen. Wir haben extrem viel an unseren Abschlüssen gearbeitet. Das ist das Ergebnis einer gezielten Trainingssteuerung. Deswegen gebührt da auch dem Trainer ein Lob".

Nur weil zwei Drittel der Schüsse aufs Tor gehen, heißt das noch lange nicht, dass sie auch ins Tor gehen. Bislang hat das gut geklappt. Gegen Spanien wäre es eine gute Gelegenheit, diesen Trend zu bestätigen.

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Johannes Sturm, weltfussball.at aus Tilburg