25.08.2017 10:52 Uhr

Die Stadion-Frage spaltet ganz Köln

Aktuell fasst das Kölner Stadion 50.000 Plätze
Aktuell fasst das Kölner Stadion 50.000 Plätze

Rund um den 1. FC Köln dämpft gerade ein großes Thema ein wenig die Europa-League-Euphorie: Der Klub könnte künftig erstmals in seiner Geschichte den Standort Müngersdorf verlassen.

Den Profis des 1. FC Köln blieb ausnahmsweise nur eine Nebenrolle, denn es ging um mehr als bloß ein Fußballspiel. Vor dem Heimauftakt gegen den Hamburger SV war der gefährdete Standort Müngersdorf Thema Nummer eins - der vom "Express" getitelte "Stadion-Schock" hatte die Schlagzeilen in der Domstadt fest im Griff.

Quasi seit der Klubgründung im Jahr 1948 spielt der Verein im Kölner Westen, der FC ist Müngersdorf, und Müngersdorf ist der FC. So war es immer. Doch diese Gewissheit gerät gerade bedenklich ins Wanken.

Der seit vier Jahren aufstrebende Klub, der erstmals seit einem Vierteljahrhundert wieder im Europapokal spielt, will sich für die Zukunft rüsten. Zu den wichtigsten Überlegungen gehört dabei ein größeres Stadion.

Seit Mittwoch ist nun allerdings klar, dass der angestrebte Ausbau des 50.000 Zuschauer fassenden RheinEnergie-Stadions auf 75.000 Plätze ein kaum zu realisierendes Projekt ist. Das ergab eine umfassende Machbarkeitsstudie.

"Wir beim FC würden alle liebend gerne den Standort Müngersdorf ausbauen", sagte FC-Geschäftsführer Alexander Wehrle dazu der "Bild"-Zeitung: "Wir bedauern die Realität und können vor ihr nicht die Augen verschließen."

Neubau sogar außerhalb der Stadtgrenzen?

Diese beinahe entschuldigenden Aussagen des Klubs haben einen Hintergrund, denn die Angelegenheit birgt nun eine Menge Zündstoff. Kann in Müngersdorf nicht ausgebaut werden, das hat der FC stets klargemacht, dann wird eine neue Heimat in Erwägung gezogen. Und diese könnte sogar außerhalb der Stadtgrenzen liegen.

Viele Fans laufen gegen solche Ideen Sturm. "Standort Müngersdorf unverhandelbar!" war zuletzt auf einem riesigen Banner im Stadion zu lesen. Richtet sich der Klub für höhere Einnahmen völlig neu aus, dann verkauft er seine Geschichte, so sehen die Anhänger das. Gerade vor dem Hintergrund der schleichenden Entfremdung zwischen Klubs und Basis im deutschen Fußball wäre es eine riskante Entscheidung.

Die aus betriebswirtschaftlicher Sicht aber zweifellos Sinn ergibt. Das erst 2004 am ursprünglichen Standort eröffnete WM-Stadion war sogar zu Zweitligazeiten bestens gefüllt, der Klub könnte seit Jahren viel mehr Tickets verkaufen. Zudem ist die Arena quasi ausvermarktet, es fehlen zusätzliche Logen und Business-Seats.

Frage nach Standort ist kompliziert

"Wenn wir nach einem Ausbau auf 75.000 Plätze den Schnitt auf mehr als 60.000 erhöhen können, bedeutet das 10 bis 15 Millionen Euro mehr Umsatz", sagte FC-Präsident Werner Spinner dem "Kölner Stadt-Anzeiger". Zudem zahlt der Verein im bis 2024 laufenden Pachtvertrag momentan jährlich die ligaweit höchste Miete. Ließe man ein eigenes Stadion finanzieren, "lägen wir deutlich besser als mit den fast zehn Millionen Euro, die wir heute zahlen", sagte Spinner.

Die Lage ist nun kompliziert. Die erhoffte große Erweiterung scheint mit Blick auf zusätzliche Verkehrsbelastung, mögliche Anwohnerklagen sowie Lärm-, Natur- und Denkmalschutz quasi ausgeschlossen. Die Minimalvariante mit knapp 60.000 Zuschauern würde sich angesichts sehr hoher Kosten aber wohl kaum rentieren.

Bei neuen Standorten ist indes kaum mit Hilfe aus der Politik zu rechnen, das wurde zuletzt parteiübergreifend deutlich. Denn verlässt der FC das Stadion in Müngersdorf, sitzt die Stadt auf einem Millionengrab. Kein anderer Verein (Fortuna, Viktoria) könnte die Arena annähernd füllen.

Der FC steht nun vor einer schwierigen Entscheidung. Zwischen einer vielleicht zu kleinen Lösung mit der Stadt und vielen Fans im Rücken - und einer großen, die viele Fragen aufwirft.