14.09.2017 13:20 Uhr

Aritz Aduriz: Vom Fuchs zum "König der Löwen"

Aritz Aduriz ist längst eine Legende bei Athletic Bilbao
Aritz Aduriz ist längst eine Legende bei Athletic Bilbao

Wenn Hertha BSC Berlin am Donnerstag in der Europa League Athletic Bilbao empfängt, trifft die Alte Dame auf kein gewöhnliches Team. Denn Athletic steht wie kein anderer Verein für die Unabhängigkeitsbemühungen des nordspanischen Baskenlandes. Mittendrin ein ebenso ungewöhnlicher Spieler: Aritz Aduriz, eine Legende bei den Rojiblancos.

Dritter Spieltag in La Liga. Es steht torlos unentschieden im kleinen baskischen Derby zwischen SD Eibar und Athletic. Flügelflitzer Iñaki Williams flankt von der rechten Seite ins Zentrum. Vor dem Tor lauert Aritz Aduriz, läuft auf den kurzen Pfosten, gewinnt das Kopfballduell gegen den körperlich überlegenen Verteidiger und sichert seinem Team mit dem 1:0 den Sieg.

Eine Woche später: Die Löwen führen 1:0 gegen Aufsteiger Girona. Bilbao-Keeper Herrerín schlägt den Ball nach vorne. Stürmer Aduriz zwingt einen Verteidiger im Luftduell zu einem Fehler. Der Ball kommt zu Außenspieler Williams, der direkt wieder zu Aduriz spielt. Aus 15 Metern schließt dieser überlegt und eiskalt zum 2:0 ab. Typische Szenen bei den Basken – und für den 36-jährigen Altstar.

Ein Mittelstürmer alter Schule

Denn Aduriz, ein klassischer Strafraumstürmer, schießt Tore wie am Fließband. Die Stärken des Routiniers liegen im Stellungsspiel, in der Antizipation, in der Reaktionsschnelligkeit und im Torabschluss. Trotz seiner Körpergröße von nur 1,82 Meter ist er ein hervorragender Kopfballspieler.

"Ich war nie besonders groß, aber als Kind hatte ich immer Spaß bei Kopfbällen, und man muss einfach üben, üben, üben. Oft geht es nicht mal darum, besonders hoch zu springen, sondern einfach so hoch zu springen, wie du kannst, und den Sprung richtig zu timen", kommentiert der Angreifer eine seiner größten Stärken. Passend zu seiner Schlitzohrigkeit bekam er den Spitznamen "El Zorro", zu deutsch der Fuchs, verpasst.

Dass er seine Leistung auch im hohen Fußballalter noch verbessern konnte, ist bemerkenswert. "Er wird mit jedem Jahr besser", so Ex-Bilbao-Trainer und heutiger Barça-Coach Ernesto Valverde über seinen ehemaligen Schützling.

Mit Mitte 30 zur Legende

Auch die Fans im San Mamés vergöttern ihren Mittelstürmer. Mit insgesamt 150 Toren für Bilbao liegt er auf Platz neun der ewigen Torschützenliste Athletics und ist längst eine Ikone des Vereins. "Ich konnte mir nie vorstellen, mich eines Tages unter den Legenden von Athletic wiederzufinden. Ich fühle mich sehr geehrt, meinen Namen zwischen diesen Idolen zu sehen", sagte der Torjäger, nachdem er 2016 Zwölfter der Liste wurde.

Und ein Ende ist noch nicht in Sicht. Besonders, da Aduriz' Karriere erst spät Fahrt aufnahm. Seine stärkste Saison spielte er im zarten Alten von 35 Jahren, schoss 2015/16 wettbewerbsübergeifend 36 Tore in 55 Spielen und hatte mit seinen vier Toren in der Supercopa gegen den FC Barcelona großen Anteil am ersten Titel für Bilbao seit 31 Jahren. "Es ist so lange her, seit die Menschen in Bilbao etwas feiern konnten. Die letzten zwei oder drei Generationen verdienen das", widmete der Publikumsliebling den Titel den Fans.

Der ewig Spätberufene

Auf seine alten Tage wurde Aduriz sogar noch zum Nationalspieler. Der damalige Nationalcoach Vicente del Bosque nominierte "El Zorro" für die EM 2016 in Frankreich, da ihm ein solcher Stürmertyp in der Selección fehlte. "Ich fühle mich geschmeichelt, dass sich Vicente del Bosque an mich erinnert hat", kommentierte der Knipser seine Berufung. Durch ein Tor in der Qualifikation gegen Italien wurde Aduriz sogar zum ältesten Torschützen in der Geschichte der spanischen Nationalelf.

Dabei ist der im baskischen San Sebastián geborene Mittelstürmer erst sehr spät zum Profifußball gekommen. Aduriz spielte gemeinsam mit Xabi Alonso und Mikel Arteta bei der baskischen Juniorenmannschaft Antiguoko. Doch als seine prominenten Mitspieler in den Profifußball wechselten, entschied sich der heute 36-Jährige für den Amateurfußball und für ein Studium, um Sportlehrer zu werden.

Erst mit 19 Jahren wurde er in Athletics renommierte Fußballakademie Lezama in der Nähe von Bilbao aufgenommen. 2002 debütierte der Stürmer dann in der Primera Divisón. Er wechselte mehrfach innerhalb Spaniens, konnte sich aber nie so richtig durchsetzen und flog immer etwas unter dem Radar. Bis zu seiner Rückkehr in die baskische Heimat 2012. Seitdem konnte er seinem Alter zum Trotz seine Leistung kontinuierlich verbessern. In Anspielung auf seinen Spitznamen titelten spanische Medien erst im Juli: "Aduriz hat sich vom Fuchs zum König der Löwen entwickelt."

Die Serie hält weiter an

Mit Bilbao fühlt er sich seit jeher verbunden: "Ich bin wirklich stolz auf dieses Team, nicht nur wegen unserer Erfolge, sondern weil wir immer alles geben. Wir sind eine Einheit", beschreibt er, was den Verein ausmacht.

Auch die Berliner sollten sich am Donnerstag im ersten Europa-League-Duell vor den Lufthoheit und der Kaltschnäutzigkeit des Altstars in Acht nehmen. Besonders, da Aduriz in der laufenden Saison wieder trifft wie er will. In sieben Spielen erzielte er bereits fünf Tore. Drei davon auf internationalem Parkett. Ob die Hertha-Defensive den listigen alten Löwenkönig zähmen kann, bleibt also abzuwarten.

Sebastian Ernst