06.10.2017 12:05 Uhr

Aserbaidschans Hüseynov und seine dunkle Seite

Javid Hüseynov (l.) ließ einen Journalisten totschlagen
Javid Hüseynov (l.) ließ einen Journalisten totschlagen

Im Länderspiel gegen Weltmeister Deutschland wird bei Aserbaidschan wohl auch Javid Hüseynov zum Einsatz kommen. Der Nationalspieler saß wegen Beteiligung an einem Gewaltverbrechen im Gefängnis.

Jula Abasova steht mit roten Blumen in der Hand vor dem Grab von Rasim Aliyev. Sie kann immer noch nicht glauben, was im August 2015 passiert ist. "Wenn ich dahin komme", erzählt sie Reportern des "WDR"-Magazins "Sport Inside", "flüstere ich Rasim zu: Warum hast du mich verlassen? Du hast das Leben doch so genossen. Warum bist du denn so schnell gegangen? Rasim hat nie geglaubt, dass er so schnell sterben könnte."

Der Verlobte von Jula Abasova musste sterben, weil er einen Fußballer in Aserbaidschan kritisiert hatte. Dessen Name: Javid Hüseynov. Der 29 Jahre alte Mittelfeldspieler von FK Gabala wird wohl auch am Sonntag (20:45 Uhr) im WM-Qualifikationsspiel in Kaiserslautern gegen Weltmeister Deutschland zum Einsatz kommen. Beim Hinspiel am 26. März, das Aserbaidschan 1:4 verlor, hatte Hüseynov erstmals nach seiner Haftentlassung wieder auf dem Platz gestanden.

Es ist eine ungeheuerliche Geschichte, die den Fußballer wegen Beteiligung am Totschlag von Aliyev ins Gefängnis gebracht hatte. Ausgangspunkt ist ein Spiel des FK Gabala gegen ein Team aus Zypern. Hüseynov provoziert die Gäste mit einer türkischen Flagge - auf dem Platz! Auf entsprechende Fragen nach der Partie reagiert er beleidigend.

Hüseynov lockte Aliyev in einen Hinterhalt

Aliyev, einer der renommiertesten und kritischsten Journalisten in Aserbaidschan, schreibt daraufhin bei Facebook: "Ich möchte nicht, dass so ein unverschämter und schlecht erzogener Fußballer mich auf den Fußball-Plätzen Europas repräsentiert." Ein Kommentar mit tödlichen Folgen.

Hüseynov und Aliyev verabreden sich zu einer angeblichen Versöhnung. Doch zum Treffpunkt am Stadtrand von Baku kommen Schläger, unter anderem auch Hüseynov Cousin. Eine Kamera hält die brutalen Tritte gegen den Journalisten fest.

Im Krankenhaus diagnostizieren die Ärzte zunächst nur gebrochene Rippen. Aliyev gibt vom Krankenbett aus sogar noch ein Interview - ein paar Stunden später ist er tot.

Freilassung dank Unterstützung durch Oligarchen?

Hüseynov wird von einem Gericht zu vier Jahren Haft verurteilt, der Haupttäter zu 13 Jahren. Nach 14 Monaten kommt Hüseynov überraschend frei und spielt im März gegen Deutschland erstmals wieder Fußball. Das, sagt der Journalist Mehman Aliyev dem "WDR"-Magazin, sei eine Beleidigung für die Gesellschaft gewesen.

Es gebe bisher für die Freilassung keine Erklärung, erzählt Menschenrechtsaktivist Anar Mammadli bei "Sport Inside". Er glaube aber, dass Hüseynov Unterstützung von wichtigen Oligarchen bekommen habe.

Aserbaidschan ist ein autokratisch geführtes Land zwischen Kaspischem Meer und Kaukasus. In der Pressefreiheits-Rangliste von "Reporter ohne Grenzen" steht das Land auf Platz 162 - hinter Staaten wie Myanmar, den Philippinen oder dem Irak.

Baku als Bühne für große Sportereignisse

In der Hauptstadt Baku startet dennoch die Formel 1. 2015 fanden die so genannten Europaspiele dort statt. Baku wird 2020 auch einer der Austragungsorte der Fußball-Europameisterschaft sein - Sport als Propaganda-Vehikel.

Jula Abasova erträgt es kaum, dass Hüseynov inzwischen wieder das Nationaltrikot trägt. Sie will "einfach nicht wahrhaben", dass ihr Verlobter Rasim Aliyev "für immer weg ist. Er ist immer noch stets bei mir und begleitet mich."