14.10.2017 20:50 Uhr

Hertha geht gegen Schalke gleich zweimal in die Knie

Am Ende hatte Schalke klar die Nase vorn
Am Ende hatte Schalke klar die Nase vorn

Vor dem Anpfiff gegen Schalke 04 ging Hertha BSC freiwillig in die Knie. Alle Spieler, aber auch Trainer Pál Dárdai, Manager Michael Preetz und die Betreuer sanken nieder, um ein kollektives Zeichen für mehr Toleranz in der Gesellschaft zu setzen. Mit der Aktion zeigte sich Hertha als erster Bundesligist auch solidarisch mit dem Protest vieler amerikanischer Sportler gegen die Politik von US-Präsident Donald Trump.

Dafür gab es auch Applaus von den Schalkern, die danach die Berliner sportlich in die Knie zwangen. Die zuvor dreimal sieglosen Königsblauen setzten sich im Olympiastadion verdient mit 2:0 (0:0) durch - auch, weil Hertha mit einer zweiten Aktion abseits des Spiels womöglich ein Eigentor schoss.

Der freche Spruch im Stadionheft ("Auf Berlin kommt etwas Großes zu. Aber heute erstmal Gelsenkirchen") war für den Gegner "natürlich ein bisschen Doping", sagte Schalkes Manager Christian Heidel. Er wünschte Hertha süffisant "viel Glück jetzt bei den großen Dingen".

Schalke extrem dominant

Dass Schalke der Hertha um vier Punkte etwas enteilt ist, lag aber vor allem daran, dass der Matchplan von Trainer Domenico Tedesco aufging. "Ich habe selten ein Spiel erlebt, bei dem eine Gastmannschaft so dominiert hat wie wir hier", sagte Heidel.

Für mehr Ballbesitz ging Tedesco ins Risiko: In Max Meyer stellte er einen nur 1,74 Meter großen und gelernten Offensivspieler als alleinigen Sechser auf. Der Nationalspieler, der auch unter Tedesco lange auf der Suche nach seiner Rolle und Form war, gefiel mit Übersicht und starker Zweikampfführung.

"Ich habe ihn sehr stark gesehen", sagte Meyer-Kumpel Leon Goretzka: "Er wurde in den letzten Wochen stark kritisiert, heute hat er sich ein Riesenlob verdient." Auch Goretzka selbst hatte durch seinen verwandelten Foulelfmeter zur 1:0-Führung (54.) großen Anteil am Sieg. "Wenn ich in Interviews immer davon spreche, mehr Verantwortung übernehmen zu wollen, dann muss ich auch Taten folgen lassen", sagte der Nationalspieler nach seinem ersten Elfmeter überhaupt.

Dárdai: "Dann stimmt etwas nicht"

Beim Foul, der zum Strafstoß führte, stellte sich Hertha-Profi Vladimir Darida ähnlich ungeschickt an wie Genki Haraguchi bei seiner Roten Karte (44.) nach einer Grätsche gegen Guido Burgstaller. "Wenn von elf Spielern acht so langsam sind, auch gedanklich, dann stimmt etwas nicht", haderte Hertha-Trainer Pál Dárdai. Die Schuld suchte der Ungar aber bei sich selbst: "Da muss man nachfragen, was ich für Fehler gemacht habe."

Kein Fehler war dagegen auch für viele neutrale Fans Herthas "Kniefall". Die Berliner wollten die Aktion aber nicht explizit als Protest gegen Trump, sondern als Zeichen für "Vielfalt, Toleranz und Verantwortung" verstanden wissen. "Wir leben nicht mehr im 18., sondern im 21. Jahrhundert. Aber leider gibt es einige Leute, die ideologisch noch nicht so weit sind", sagte der verletzte Abwehrchef Sebastian Langkamp bei "Sky". "Wenn wir etwas Nachhilfe geben können, ist das doch gut."