24.10.2017 12:55 Uhr

Schweinfurt-Coach exklusiv: "Können K.o.-Spiele"

Gerd Klaus trainiert den 1. FC Schweinfurt 05 seit Sommer 2012
Gerd Klaus trainiert den 1. FC Schweinfurt 05 seit Sommer 2012

Mit dem 1. FC Schweinfurt 05 ist in der 2. Runde des DFB-Pokals nur noch eine Mannschaft aus den Niederungen des deutschen Fußballs übrig geblieben. Am Dienstagabend (ab 20:45 Uhr) bekommt es der bayerische Viertligist mit Eintracht Frankfurt zu tun.

Vor dem Anstoß hat weltfussball.de exklusiv mit Schweinfurt-Coach Gerd Klaus gesprochen, der darauf baut, dass seine Mannschaft ihre Leidenschaft für K.o.-Spiele auch gegen den übermächtigen Bundesligisten zeigt.

Herr Klaus, wie groß ist der Medienrummel rund um ihren Verein?

Gerd Klaus: Das ist schon alles außergewöhnlich zur Zeit. Es gibt jede Menge Anfragen. Fernsehen und Rundfunk kommen. Jeden Tag ist es etwas Neues. Das macht Spaß, ist aber auch zeitintensiv und kraftraubend. Im Vergleich zur ersten Runde ist es auch nochmal ein ganz anderer Fokus, weil wir die einzig verbliebene Amateurmannschaft sind.

Was erwarten Sie für ein Spiel gegen den Bundesligisten aus Frankfurt?

Wir werden kämpferisch alles dagegenschmeißen, was wir haben. Wir spielen zwar zuhause, aber ich denke schon, dass die Eintracht viel mehr Ballbesitz haben wird. Da müssen wir schauen, dass wir dazwischenkommen und auch mal für Entlastung sorgen. Ansonsten muss man aber schon davon ausgehen, dass die Eintracht die dominante Mannschaft sein wird.

Wieso kommt der 1. FC Schweinfurt 05 weiter?

Wir kommen weiter, weil wir K.o.-Spiele lieben. Wir können K.o.-Spiele. Wir sind gut in diesen Partien. Im Bayern-Pokal haben wir gerade erst einen Drittligisten rausgehauen (SpVgg Unterhaching, Anm.d.Red.). Vorher haben wir mit Sandhausen im DFB-Pokal einen Zweitligisten besiegt. Also 3. Liga, 2. Liga – jetzt also 1. Liga. (lacht)

Wie groß schätzen Sie Ihre Chancen ein?

Ich habe immer gesagt: Wenn wir 100 Mal spielen, gibt es zwei Unentschieden und einmal gewinnen wir. Die Chance gegen Eintracht liegt also maximal bei zwei bis drei Prozent. Wenn es in die Verlängerung geht, eher bei unter zwei Prozent. Es ist einfach so: eine kleine Chance haben wir. Die müssen wir nutzen.

In der Regionalliga lief es zuletzt von den Ergebnissen her nicht immer rund. Immerhin: Am vergangenen Freitag gab es einen 3:0-Sieg gegen Garching. Spielt die eher unruhige Phase vorher in den Köpfen eine Rolle?

Man möchte natürlich schon mit einem positiven Gefühl in so ein Spiel gehen. Deshalb haben wir am Wochenende keine Spieler geschont, um mit Schwung aus der Liga in den Pokal zu gehen. Leider hatten wir zuvor ein paar Spiele, in denen es unnötige Ergebnisse gab. Nun müssen wir das alles abschütteln. Da hilft der Pokal. Die Zuschauer sind da, das Fernsehen ist da. Das ist für die Jungs einfach mal was anderes als der Liga-Alltag. Wir sind mal nicht Favorit, sondern krasser Außenseiter. Das ist eine komplett andere Welt.


Dürfen die Schweinfurt-Fans auch gegen Eintracht Frankfurt wieder jubeln?

Gegen den Zweitligisten Sandhausen haben Sie einen Rückstand aufgeholt und das Spiel gedreht. Ist das eine besondere Stärke ihres Teams?

Das ist schwierig zu beantworten, aber es könnte etwas dran sein. Im Bayern-Pokal haben wir auch nach einem 0:1-Rückstand wieder in die Partie gefunden. Ich werde die Mannschaft auf jeden Fall so weit vorbereiten, dass sie nach einem Rückstand, der immer mal passieren kann, nicht sofort runterfährt, sondern an die eigene Chance glaubt. So lange es immer noch 0:1 oder 0:2 steht, ist es immer noch machbar. Erst bei 0:3 ist das Spiel vorbei. Wenn wir aber nur knapp zurück liegen und kurz vor Schluss noch den Anschluss schaffen, wird es nochmal unruhig. Das ist in jedem Spiel so, auch bei Klein gegen Groß.

Bereiten Sie ihre Spieler konkret auf einzelne Eintracht-Profis vor oder blicken Sie nur auf das scheinbar übermächtige Ganze?

Man muss natürlich schon auf einen Stürmer wie Sébastien Haller, einen Spieler wie Kevin-Prince Boateng oder auf andere extrem gute Eintracht-Profis eingehen. Meine Jungs müssen wissen, wie sie sich bewegen und damit umgehen können. Aber im Endeffekt ist die individuelle Qualität natürlich unglaublich, auf jeder Position sind wir formal unterlegen. Deshalb werden wir sehen müssen, dass wir das Ganze über ein starkes Kollektiv regeln, damit es möglichst lange spannend bleibt.

Ihre Heimstärke könnte Ihr Faustpfand sein, doch ausgerechnet in der letzten Zeit gab es Unruhe unter den Zuschauern. Wie schätzen Sie diese ein?

Das kann man nicht ganz ausblenden. Es tut schon weh, wenn man glaubt, dass man gute Arbeit abliefert, und die Fans dann "Klaus raus!" rufen. Das geht ja schon Jahre zurück. Da ist es auch egal, wer Trainer ist, ob ein Franz Beckenbauer oder ich. Teile des Publikums sind immer negativ gegen den Trainer eingestellt. Diese Rufe sind vom Zeitpunkt her nicht angebracht. Wir stehen in der Liga gut da, sind in beiden Pokalwettbewerben vertreten. Das ist schon in etwa das, wo wir hinmöchten. Einige haben vielleicht etwas damit geliebäugelt, dass wir aufsteigen. Aber mit diesem Kader und dem Abstieg von 1860 München war das im Endeffekt erledigt.

Die Fans wollen immer noch den schnellen Aufstieg. Klar, wenn es geht, wollen wir auch sofort aufsteigen. Aber wir haben auch betont, dass es Zeit braucht. Und leider gibt es einen ganz kleinen Teil, der an Ausschreitungen beteiligt ist. Es sind zehn bis zwanzig Leute. Aber die sind laut, machen Radau, sind alkoholisiert und auf Krawall aus und kommen damit in die Öffentlichkeit. Das ist zu diesem Zeitpunkt einfach kontraproduktiv.

ZUR PERSON: Gerd Klaus ist seit Juli 2012 Trainer des 1. FC Schweinfurt 05. In der Saison 2013/2014 wurde der Übungsleiter mit dem Klub Meister der Bayernliga und stieg in die Regionalliga auf. Seitdem spielen die 05er in der vierthöchsten Spielklasse.

Das Gespräch führte Chris Rohdenburg