11.12.2017 15:54 Uhr

Stöger beim BVB – kann das taktisch funktionieren?

Peter Stöger will den Erfolg zurück nach Dortmund bringen
Peter Stöger will den Erfolg zurück nach Dortmund bringen

Borussia Dortmund will mit Peter Stöger wieder in die Erfolgsspur zurück. In Köln baute der Österreicher vor allem auf eine sehr defensive Ausrichtung, was ihm trotz beachtlicher Erfolge auch immer wieder Kritik einbrachte.

In Dortmund, wo die Defensive zuletzt einem Scherbenhaufen glich, sucht man gerade hinten nach Stabilität. Kann und wird der BVB unter Stöger etwa mauern?

Ganz bestimmt nicht. Denn auch wenn Peter Stöger sich in seinen vier Jahren in Köln vor allem mit einer stabilen Abwehrreihe einen Namen machte, weiß er ganz genau, dass der 1. FC Köln eben nicht Borussia Dortmund ist. Viele Mannschaften lassen den BVB das Spiel machen und stehen selbst tief. Deshalb wird und muss Stöger sein System und seine taktische Ausrichtung anpassen. Zumindest besagt das auch seine Fußball-Philosophie.

"Wir geben für die Spieler nicht alles vor und es ist vor allem auch wichtig, was sie auf dem Platz fühlen", so der 51-jährige Österreicher, der erst vor einer Woche in Köln entlassen wurde. "Es bringt nichts, die Spieler in ein System zu zwängen, an welches sie nicht glauben. Sie müssen die Taktik mittragen."

Auch wenn es nicht so gemeint ist, man könnte hier fast eine Parallele zum Ex-BVB-Coach Peter Bosz ziehen, dessen starres Festhalten an einem ballbesitzorientierten Offensiv-Fußball in den letzten Wochen zu einer Wurzel der Dortmunder Krise wurde.

Dortmunds individuelle Klasse muss wieder greifen

Die Aufgabe Borussia Dortmund stellt an Stöger taktisch ganz neue Herausforderungen. Denn die Borussia verfügt gerade in der Offensive über eine individuelle Qualität, wie sie in keinster Weise mit Köln zu vergleichen ist. Und diese Stärken gilt es für ihn zu entfalten.

"Die Qualität der Mannschaft wird mir eine große Hilfe sein", freut sich Stöger auf das Potenzial seines Teams. "Ich weiß, dass wir viele Spieler haben, die ein Spiel durch ihre individuelle Klasse allein entscheiden können. Ich muss jetzt vorangehen und sie dazu bekommen, dass sie wieder mit einer Konsequenz in die Spiele gehen und damit erfolgreich sind."

Das große Problem des BVB war zuletzt, dass die Spieler mit wenig Selbstvertrauen und Glauben an die eigenen taktische Ausrichtung agierten. Einzelne Mannschaftsteile griffen nicht ineinander, die Konsequenzen waren lebloses Angriffsspiel und eine löchrige, oft viel zu hoch stehende Defensive. Stöger hat in Köln bewiesen, dass er einer Mannschaft schnell Stabilität geben kann. Er wird ein Segen für die BVB-Stars sein, die zuletzt immer wieder ratlos und hilflos an den Pressemikrofonen standen, ohne zu wissen, was eigentlich verkehrt läuft.

Offensive Ausrichtung mit Austria Wien

Oft wird vergessen, dass sich Stöger in seinen Jahren in der österreichischen Bundesliga mit offensivem Fußball für den Posten in Köln empfahl. Mit Austria Wien wurde er Meister, schaffte dabei einen Punkte-Rekord und ließ vorne wirbeln. In Köln jedoch passte er die Taktik an das vorhandene Spieler-Potenzial an und setzte eben auf ein Defensiv-Bollwerk, welches zu schnellen Kontern führen sollte.

Schnelles Umschalten und temporeiches Spiel müssen auch Teil seiner Ausrichtung bei den Schwarz-Gelben sein, denn wenn Spieler wie Pierre-Emerick Aubameyang, Christian Pulisic oder Andriy Yarmolenko ins Laufen kommen, dann sind sie nicht zu halten. Die Grundlage dafür ist aber ein gewisses Maß an defensiver Sicherheit.

Egal ob 3-5-2 oder 4-3-3, egal ob Pressing oder tiefes Verteidigen – Stögers Hauptaufgabe liegt darin, die Mannschaft wieder als eine Einheit funktionieren zu lassen. Seine in Köln gezeigte Konsequenz und sein gleichzeitiger Wille, taktisch flexibel und variabel zu agieren, werden ihm dabei eine große Hilfe sein. Er wird der Mannschaft eine Struktur geben, auf welche sie vertrauen kann.

Der BVB wird sich mit Stöger bestimmt nicht hinten reinstellen, doch die Verteidigung wird er mit Sicherheit dennoch stabilisieren. Und dann kann auch wieder die individuelle Klasse der Dortmunder greifen, welche zuletzt nur so selten zu sehen war.

Moritz Wollert