19.12.2019 14:41 Uhr

Legendäre BVB-Gründung vor 110 Jahren: "Maximal emotional"

Am Borsigplatz wurde 1909 der BVB gegründet
Am Borsigplatz wurde 1909 der BVB gegründet

Am 19. Dezember 1909 hoben 18 junge Dortmunder am Borsigplatz den Ballspiel-Verein Borussia aus der Taufe. Zunächst kurioserweise in den Vereinsfarben des heutigen Erzrivalen FC Schalke 04. Mit dem neugegründeten BVB rebellierten die Männer gegen die Kirche, von der sie sich ungerecht behandelt fühlten.

40 junge, fußballbegeisterte Männer haben sich am Abend des vierten Advents 1909 im Lokal "Zum Wildschütz", unweit des Borsigplatzes im Dortmunder Nordosten, versammelt. Sie alle sind Mitglieder in der Jugendgruppe der katholischen Dreifaltigkeitsgemeinde um die Ecke.

Die Stimmung ist angespannt, denn die Männer sind unzufrieden. "Wir Fußballer werden seit 1906 systematisch von unserer Kirche bekämpft und diffamiert", erklärt Franz Jacobi, einer der Wortführer. "Das können wir nicht länger hinnehmen."

Ihre Liebe zum Fußballsport wollen die jungen Katholiken in Zukunft frei ausleben. Sie planen eine Revolution: die Abspaltung von der Kirchengemeinde. Ein Verein soll gegründet werden. Als "zwingend" bezeichnet Jacobi diesen Schritt in seiner Rede.

Pater will BVB-Gründung verhindern

Doch plötzlich gibt es Aufruhr vor der Tür der Gaststätte. Kaplan Hubert Dewald von der Dreifaltigkeitsgemeinde, ein erklärter Gegner des Fußballs, begehrt mit einigen seiner Getreuen Einlass in den Versammlungsraum. Der Pater will die Vereinsgründung verhindern.

Ein Teil der Aufrührer ist so eingeschüchtert, dass er sofort abspringt und den Ort des Geschehens verlässt. Nur 18 Männer bleiben standhaft. Sie verwehren Dewald den Zutritt - und heben den neuen Verein noch am selben Abend aus der Taufe.

"Der BVB ist ein emotionaler Verein, und schon in seiner ersten Stunde war er maximal emotional", sagt der Historiker Gregor Schnittge, der am 2015 erschienen Dokumentar-Film "Am Borsigplatz geboren – Franz Jacobi und die Wiege des BVB" mitarbeitete.

Blau und Weiß als Vereinsfarben

Pate für den Namen "Borussia" stand die Dortmunder Borussia-Brauerei, die zum Zeitpunkt der Vereinsgründung gar nicht mehr existierte. Ein altes Werbeschild im "Wildschütz" diente den Gründern der Überlieferung zufolge als Ideengeber.

Jacobi und seine Mitstreiter legten sich auch auf die Vereinsfarben des neuen Klubs fest.

Das Trikot des BVB ist zunächst in Blau und Weiß gehalten – ausgerechnet also die Farben des späteren Erzrivalen Schalke 04. Zusätzlich ziert eine rote Schärpe das Borussen-Jersey. Erst ab 1913 laufen die Dortmunder in schwarz-gelb auf.

BVB-Gründer werden unter Druck gesetzt

Die Wochen nach dem geschichtsträchtigen 19. Dezember wurden für die BVB-Urväter zum Spießrutenlauf. Pater Dewald verbannte sie aus der kaholischen Jugendgruppe. Auch die eigenen Familien übten Druck auf die "Rebellen" aus. Einige Gründungsmitglieder verließen den Verein prompt wieder.

Fast ein ganzes Jahr mussten Jacobi, der 1910 zum Vereinsvorsitzenden aufstieg und den der heutige BVB-Präsident Reinhard Rauball einst als "wichtigsten Borussen überhaupt" bezeichnete, und Co. warten. Dann endlich erkannte der Westdeutsche Spielverband die Fußballabteilung des BVB auch offiziell an.

1911 bestritt die Borussia ihr erstes Spiel. Mit 9:3 fertigte der junge Verein den VfB Dortmund ab.

Tobias Knoop