18.06.2018 12:21 Uhr

Robert Lewandowski: Vom "kleinen Bieber" zum "Body"

Robert Lewandowski nährt die WM-Hoffnungen der Polen
Robert Lewandowski nährt die WM-Hoffnungen der Polen

Bayern-Torjäger Robert Lewandowski lässt Polen von einer erfolgreichen WM träumen. Zukunftsfragen aber sind verboten.

Der schmale Knirps, den alle nur "Bobek" riefen, weckte auf den ersten Blick keine große Hoffnungen. "Als er zu seinem ersten Training kam, war er nur ein schmächtiger Junge", erzählt Entdecker Krzysztof Sikorski über den "kleinen Bieber". Doch auf dem Ascheplatz von Varsovia Warschau zeigte das blasse Kerlchen dann, was in ihm steckt.

"Er war der Kleinste im Team, aber mit einem großen Herzen, zudem raffiniert und talentiert", erinnert sich Sikorski an diesen Tag im Jahr 1997, "seine außergewöhnliche Begabung konnte man sofort erkennen." Heute heißt Bobek "The Body" - 1,85 Meter groß, Astralkörper, Fußball-Star. Sein richtiger Name: Robert Lewandowski.

16 Tore in zehn Spielen - der Bayern-Torjäger hat das polnische Nationalteam fast im Alleingang zur Weltmeisterschaft in Russland geschossen. Mit 29 Jahren steht Lewandowski endlich vor seinem WM-Debüt, und die Hoffnungen der fußballverrückten Nation ruhen selbstverständlich in erster Linie auf den breiten Schultern des Kapitäns und Rekordtorschützen.

Lewandowski fühlt sich bereit für so viel Verantwortung: "Ich weiß, dass ich manchmal die Drecksarbeit für das Team erledigen muss." Der erstmalige Einzug in die K.o.-Runde einer WM seit 1986 erscheint machbar. Ein Sieg gegen Senegal am Mittwoch (17:00 Uhr) im Moskauer Spartak-Stadion wäre der Grundstein. Danach geht es in der Gruppe H noch gegen Kolumbien (24. Juni) und Japan (28. Juni).

Maulkorb für Lewandowski

Die Erfolge der Vergangenheit, Polens dritte Plätzen bei den Weltmeisterschaften 1974 und 1982, sind eine gefühlte Ewigkeit her. Zuletzt scheiterten die "Bialo-Czerwoni" ("Rot-Weißen") 2002 und 2006 bereits in der Vorrunde, 2010 und 2014 waren sie erst gar nicht dabei. Die erfolgreiche Qualifikation aber nährte eine neue Euphorie.

Diese nationale Mission darf unter keinen Umständen gefährdet werden - auch nicht von der Wechselposse um den Bundesliga-Torschützenkönig. Entsprechende Fragen zu Lewandowskis Zukunft bügelte der Pressesprecher im WM-Lager der Polen in Sotschi sofort ab. Der Superstar bekam einen Maulkorb verpasst.

Es ist ja auch ein leidiges Thema. Für Polen wie für den FC Bayern. Da forciert Lewandowskis Agent mit provokanten Aussagen einen vorzeitigen Abschied seines bis 2021 gebundenen Klienten, der deutsche Rekordmeister aber stellt sich stur. "Das 200-Millionen-Preisschild ist Quatsch. Robert wird nicht verkauft und spielt nächste Saison bei uns", ließ Präsident Uli Hoeneß unlängst wissen.

Lewy-Briefmarke für 1,40 Euro

Auch wenn es für die Münchner nur zum Meister-Titel reichte: Mit 41 Toren in 48 Spielen unterstrich Lewandowski in der vergangenen Saison seine Topform. Einen Makel wird er aber nicht los. Der Torjäger, dem nachgesagt wird, in wichtigen Spielen zu oft abzutauchen, will seine Qualitäten nun endlich auch auf der ganz großen Bühne beweisen.

Seit der EM 2016 traf "Lewy" in 12 von 14 Spielen, in der WM-Qualifikation avancierte er zum besten Torschützen. Doch bei seinen acht Einsätzen in zwei Europameisterschaften kam er lediglich auf zwei Treffer - eine Quote, die Lewandowski unbedingt aufpolieren möchte.

Jedes Tor bei der WM könnte seinen Marktwert in die Höhe treiben. In der Heimat liegt der im übrigen bei günstigen sechs Zloty (1,40 Euro). Für diesen Preis werden in Polen seit WM-Beginn Postwertzeichen mit dem Konterfei von "RL9" verkauft. "Bobek" hat nun sogar im doppelten Sinn seine eigene Marke.