26.06.2018 12:27 Uhr

Bei WM-Aus: Südkorea-Star Son droht Militär-Dienst

Heung-Min Son muss seine Karriere womöglich für den Militär-Dienst unterbrechen
Heung-Min Son muss seine Karriere womöglich für den Militär-Dienst unterbrechen

Heung-Min Son ist der einzige Spieler bei Südkorea mit internationalem Format. Das Spiel gegen Deutschland ist für den ehemaligen Bundesliga-Profi ein besonderes.

Die Tränen sind getrocknet, Heung-Min Son hat sein ansteckendes Lächeln wieder angeknipst. Vor dem Rendezvous mit seiner Vergangenheit will Asiens größter Fußballstar nicht mehr den verlorenen WM-Punkten nachtrauern. "Ich freue mich, gegen Deutschland zu spielen", sagt der ehemalige Bundesliga-Profi vor dem Duell seiner Südkoreaner am Mittwoch (16:00 Uhr) mit dem Weltmeister: "Ich werde Spaß haben."

Der 25-Jährige, der nach seinen fünf Bundesliga-Jahren mit dem Hamburger SV und Bayer Leverkusen bei Tottenham Hotspur zum besten Spieler seines Kontinents reifte, denkt dabei weniger an die minimalen Chancen auf ein Weiterkommen. Ihn reizt die große Bühne, der Vergleich mit den WM-Helden von Brasilien. "Für mich sind die Deutschen die beste Mannschaft", betont er, "sie können noch immer Weltmeister werden."

Damit diese Prognose eintritt, müsste Son mit Südkorea ausscheiden. Nach den Niederlagen gegen Schweden (0:1) und Mexiko (1:2), die ihm die Tränen in die Augen trieben, glaubt der Stürmer selbst nicht mehr an ein Fußball-Wunder. "Es ist unwahrscheinlich", gibt er zu, "aber wir geben trotzdem nicht auf."

Ex-Co-Trainer des HSV entdeckte Son

Die meisten seiner Gegner kennt er noch aus der Bundesliga, in der er schon als Teenager mit Tempo, Tricks und Toren begeisterte. "Sonny hat einen ganz eigenen Spielstil", sagte Michael Oenning, der 2010 als Co-Trainer beim HSV den damals 17-Jährigen für die Profis empfahl, bei "Funke Sport". Er sei ihm sofort aufgefallen. "Auf einem kleinen Platz in der Nähe vom Zoo Hagenbecks Tierpark wirbelte der Junge über den Rasen, wie ich es selten zuvor gesehen habe."

Vor dem ersten Profitraining gab Oenning ihm den Tipp, immer den damaligen Starstürmer Ruud van Nistelrooy anzuspielen. Doch gleich, als er im Abschlussspielchen zum ersten Mal den Ball bekam, dribbelte Son durch die gesamte Abwehr und schoss ihn ins Tor. "Und genau in der Sekunde ist ihm wieder mein Ratschlag eingefallen", erinnert sich Oenning. Son lief sofort zu van Nistelrooy und entschuldigte sich.

Druck als Antrieb statt Hemmnis

Acht Jahre später ist der Südkoreaner selbst der Star. Der Bundesliga nach 135 Spielen mit 41 Toren entwachsen, für 30 Millionen Euro als teuerster Fußballer Asiens nach England gewechselt, hat sich in der Premier League zu einem Spieler mit internationalem Format entwickelt. 30 Tore und 16 Vorlagen in 99 Ligaspielen mit den Spurs haben seinen Marktwert auf 50 Millionen Euro steigen lassen - mehr, als die 22 anderen WM-Spieler Südkoreas laut "transfermarkt.de" zusammen kosten würden.

Der Druck vor allem in seiner Heimat ist enorm. Doch für Son ist er Antrieb, nicht Hemmnis. "Wie viele Leute haben einen solchen Druck wie ich?", fragt er, "ich bin ein glücklicher Mensch." Manchmal allerdings wird ihm der Trubel zu viel. Wenn er in Seoul auf die Straße geht, zieht er sich eine Baseballkappe tief ins Gesicht und legt eine OP-Maske an - damit er nicht erkannt wird.

Nach der WM kommt freilich so langsam ein größeres Problem auf ihn zu. Spätestens im Juli 2019 müsste er seinen 21-monatigen Militärdienst antreten - und dafür wohl ausgerechnet auf dem Höhepunkt seines Schaffens die Profikarriere unterbrechen. Ausnahmen gibt es in Südkorea nur für besonders erfolgreiche Sportler - nicht für solche, die in der Vorrunde ausscheiden, und sei es gegen den Weltmeister.