01.07.2018 12:53 Uhr

Fußballpate Mamic hält Kroatien im Würgegriff

Zdravko Mamic sorgt für Unruhe
Zdravko Mamic sorgt für Unruhe

Wo sich Zdravko Mamic genau aufhält, ist nicht übermittelt. In der Gefängniszelle in Kroatien, in der der mächtige Fußballpate eigentlich seit einigen Wochen schmoren sollte, ist er jedenfalls nicht.

Der Mann, der sich unter anderem an den Transfers der kroatischen Fußballstars Luka Modric und Dejan Lovren illegal bereichert haben soll und deshalb kurz vor WM-Beginn zu sechseinhalb Jahren Haft verurteilt wurde, hat sich nach Bosnien-Herzegowina abgesetzt.

Es klingt nach einem Mafiafilm, doch für die kroatische Nationalmannschaft ist dieser sportpolitische Krimi bittere Realität. Der Name Mamic hängt auch bei der WM in Russland wie ein bedrohlicher Schatten über der Mannschaft. Die Diskussionen um Matic sind in diesen Tagen in Kroatien ebenso präsent wie jene über die Auftritte des Nationalteams.

"Ich werde nicht lebendig in ein kroatisches Gefängnis geschickt werden", hatte Mamic im TV-Sender "N1" gesagt: "Ich vertraue den kroatischen Institutionen nicht." Und seinen forschen Worten ließ der ehemalige Verbandsvize und Boss von Dinamo Zagreb Taten folgen.

Welche Rolle spielten Modric und Lovren?

Schon Monate vor dem Auftakt des Prozesses hatte Mamic die Staatsbürgerschaft von Bosnien-Herzegowina beantragt, dem Heimatland seiner Eltern. Bosnien gehört nicht zur EU und liefert Staatsbürger nicht aus. Dem Vernehmen nach soll der 58-Jährige in Medjugorje stecken - einem kleinen Wallfahrtsort 16 km von der kroatischen Grenze entfernt.

Mehr als 15 Millionen Euro hat Mamic bei Spielertransfers von Dinamo ins Ausland unterschlagen und rund 1,6 Millionen Steuern hinterzogen. Mit ihm zu Haftstrafen verurteilt wurden auch ein Steuerbeamter sowie Mamics Bruder Zoran, der früher in der Bundesliga spielte.

Doch nicht nur der Name des Fußballpaten wird in diesen Tagen viel diskutiert, sondern auch die Rollen von Modric und Lovren. Zwei Stammspieler der Nationalmannschaft - und zwei, deren Wege Mamic in der Vergangenheit kreuzte.

Modric verstrickt sich in Widersprüche

Modric wechselte 2008 für 21 Millionen Euro Ablöse von Zagreb zu Tottenham Hotspur nach England, Lovren 2010 für acht Millionen zu Olympique Lyon Lyon. Mamic hatte mit beiden Spielern Verträge abgeschlossen, die ihm jeweils 20 Prozent der Einkünfte einbringen sollten. Unklar ist jedoch, ob diese Vereinbarungen mit den Spielern vor oder nach den Transfers geschlossen wurden.

Vor Gericht mussten die Spieler dazu aussagen - und beide verstrickten sich in Widersprüche. Modric etwa, der mit Real Madrid bereits viermal die Champions League gewonnen hat, behauptete zunächst, die Vereinbarung sei nach dem Transfer unterschrieben worden. Diese Aussage widerrief er später. Die Folge: Die Justiz ermittelt nun auch gegen Modric wegen des Verdachts der Falschaussage. Erhärtet sich dieser, könnte der 32-Jährige ins Gefängnis wandern. Ähnliches gilt für Lovren.

Es drängt sich die Frage auf, wieso der Verband nicht vehement einschreitet und die Spieler unterstützt. Die Antwort ist ebenso einfach wie bedrückend. Mamic hat auch dort viele Entscheider in der Hand. Er soll etwa Davor Suker, WM-Held von 1998, verholfen haben, Präsident des Verbandes zu werden. Geht also Mamic unter, kann und wird er viele Mitwisser mit in den Abgrund ziehen.

Keiner, so viel ist klar, soll sich zu sicher fühlen. Und so muss Zdravko Mamic nicht einmal im Land sein, um Druck auszuüben. Der Fußballpate hält Kroatien auch so im Würgegriff.