03.07.2018 13:02 Uhr

Raheem Sterling: Zwischen Aufsteiger und "Fußball-Idiot"

Raheem Sterling zeigt im Training seine gute Laune
Raheem Sterling zeigt im Training seine gute Laune

Raheem Sterling hat eine Menge durchgemacht, trotzdem ist der Angreifer der liebste Prügelknabe der englischen Boulevard-Blätter.

Bounty-Riegel zum Frühstück waren für den kleinen Raheem Sterling das Größte. Sechs Jahre war er alt, gerade aus Jamaika nach London gezogen, da half er seiner Mutter morgens vor der Schule bei der Arbeit als Putzfrau. An schlechten Tagen musste der Knirps in einem Hotel im Vorort Stonebrigde die Toiletten schrubben, bevor es für ihn und seine Schwester eine schokoladige Belohnung aus dem Snack-Automaten gab.

17 Jahre später verdient dieser Raheem Sterling als Profi beim englischen Meister Manchester City 175.000 Pfund (rund 200.000 Euro) pro Woche. Seiner Mutter, die alles für seinen märchenhaften Aufstieg vom Problemschüler zum Millionär und englischen Nationalspieler getan hat, spendierte er ein Haus. Und damit fing das Unheil mit der Boulevardpresse an.

Nur einen Tag nach dem Achtelfinal-Aus der Three Lions bei der EM 2016 gegen Island postete ein Freund Sterlings ein Video aus besagtem Anwesen. Silberne Toiletten, mit Diamanten besetzte Waschbecken, ein Fuhrpark voller Luxus-Autos. Ab da hatte "Obscene Raheem", wie ihn das Klatsch-Blatt "The Sun" nannte, seinen Ruf als Angeber, Protz-Profi und Enfant terrible endgültig weg.

Gewinnen kann Sterling nicht. Egal was er anstellt, direkt setzt es Prügel aus der unbarmherzigen britischen "Yellow Press". Mal ist er zu geizig, wenn er Klamotten beim Mode-Discounter Primark kauft oder für 80 Pfund (ca. 90 Euro) mit der Billiglinie Easyjet fliegt. Gönnt sich Sterling jedoch einen Privatjet für den Urlaub oder kauft sich ein neues Luxusauto, wird er sofort als Verschwender auf den Titelseiten abgestempelt.

"Heirats-Teufel" und "Fußball-Idiot"

Selbst am Heiratsantrag an seine Freundin Paige Milian hatte die "Sun" etwas auszusetzen, als "Heirats-Teufel" und "Betrüger" beschimpfte sie ihn - schließlich habe Milian unter seinen angeblichen Eskapaden mit Prostituierten "lange leiden" müssen. Und fällt dem Blatt gerade nichts Frisches ein, ist Sterling einfach der "Fußball-Idiot".

"Ich finde es wirklich traurig, dass Menschen so etwas tun. Sie hassen etwas, das sie nicht wirklich kennen", schrieb der 23-Jährige in einem Artikel für das Portal "The Players' Tribune". Er selbst komme - auch dank seiner schwierigen Herkunft - jedoch mit der Kampagne gegen sich zurecht, "so lange meine Mutter, meine Schwester und meine Kinder keinen Stress haben".

Den Stress hat hingegen er umso mehr, auch in der Vorbereitung auf die WM in Russland gab es wieder einmal Wirbel. Als ein Instagram-Post des Angreifers ein Tattoo in Form eines Sturmgewehrs auf seiner rechten Wade zeigte, war die Empörung in den Klatschblättern riesengroß. Selbst die Erklärung Sterlings, dass sein Vater erschossen wurde, als er zwei Jahre alt war und die Tätowierung ein Versprechen an sich selbst sei, nie eine Waffe anzurühren, glättete die Wogen kaum.

Dass sein Weg kein leichter sein würde, hatte sich schon früh abgezeichnet. "Wenn du so weitermachst, bist du mit 17 entweder im Knast oder in der Nationalmannschaft", hatte ein Lehrer einst zu ihm gesagt. Damals war Sterling in einer Einrichtung für Schwererziehbare. Nun trägt er die drei Löwen auf der Brust und bestimmt die Schlagzeilen. So oder so.