05.07.2018 15:52 Uhr

Nach Hick-Hack: Erste Dämpfer für Dembélé

Ousmane Dembélé hat es zur Zeit schwer
Ousmane Dembélé hat es zur Zeit schwer

Obwohl er beim FC Barcelona verletzungsbedingt nur selten über 90 Minuten auf dem Rasen stand, berief Frankreich-Coach Didier Deschamps Ousmane Dembélé zu WM-Beginn in die Startelf der Équipe. Knapp drei Wochen später hat sich das Blatt gewendet. 

Gönnte Deschamps dem Flügelflitzer in den folgenden Gruppenspielen gegen Peru und Dänemark noch Kurzeinsätze von der Bank, blieb Dembélé beim furiosen Achtelfinalsieg der Franzosen gegen Argentinien nur die Zuschauerrolle. Zum Verhängnis wurde dem pfeilschnellen Dribbelkünstler wohl nicht zuletzt die teils rücksichtslose Art, mit der er seine Traumkarriere in den vergangenen Sommern vorangetrieben hat.

"Das ist ein Benehmen, das sich nicht gehört", wetterte Deschamps vor dem Viertelfinale seines Teams gegen Uruguay im Interview mit der "Sport Bild" und stellte unmissverständlich klar: "So etwas darf nicht passieren." Das Fachmagazin hatte den Weltmeister von 1998 mit dem rigorosen Trainingsstreik konfrontiert, mit dem Dembélé im Sommer 2017 seinen Wechsel vom Fußball-Bundesligisten Borussia Dortmund zum FC Barcelona erzwang. 

Die fragwürdige Entscheidung, seinem bestehenden Vertrag beim BVB ins Gesicht zu lachen und einfach abzutauchen, bewirkte zwar die erhoffte Erfüllung von Dembélés Barca-Traum, erweist sich zumindest in der Nationalelf nun aber als Bumerang. Dembélé habe damals "Borussia Dortmund in Schwierigkeiten gebracht, seine Mitspieler und auch unsere Nationalmannschaft", schob Deschamps erbost nach.

Seitenhieb nach WM-Debüt

Dembélés überragende fußballerische Fähigkeiten ebnen dem Überflieger bislang zwar dennoch seinen steilen Aufstieg, bleiben Topleistungen jedoch aus, merkt nun auch "Dembouz", dass die Luft im Konkurrenzkampf mit der absoluten Weltklasse dünner wird. Während mit dem 19-jährigen Kylian Mbappé ein weiteres Wunderkind der Franzosen die Fußballwelt bei der WM mit der Zunge schnalzen lässt, setzt es für Dembélé harsche Kritik.

Dembélé nach dem Spiel gegen Dänemark
Dembélé nach dem Spiel gegen Dänemark

Französische Medien kürten den Ex-Dortmunder zum schlechtesten Spieler des französischen WM-Auftakts. "Wir haben auf seine verrückten Ideen, seine Schnelligkeit gewartet. Wir haben nichts davon gesehen", urteilte zum Besipiel "France Ouest". Coach Deschamps bemängelte vor allem die Defensivarbeit des Top-Talents und das Zusammenspiel mit seinen Nebenleuten.

Deschamps' Worte wird sich Dembélé sicher zu Herzen nehmen, weiß der Youngster doch um eben diese Schwäche seines Spiels und wird alles daran setzen, sie zu eliminieren. Denn eines verdeutlicht bereits ein flüchtiger Blick auf Dembélés Karriere: Es soll weiter bergauf gehen.

Dembélé sorgte für "Alpträume"

Bereits als Kind verblüffte Dembélé auf den Bolzplätzen seiner Heimat Vernon, trotzte teils deutlich älteren Gegenspielern und überragt auch bei seinem ersten Klub ALM Évreux. Von der Bank kommend, soll Dembélé dort einst fünf Kontrahenten ausgedribbelt und den Keeper umkurvt haben, um das Leder dann anzulupfen und mit dem Kopf zu vollenden. "Das werde ich niemals vergessen. Der allem der Torwart hat sicher heute noch Alpträume", schilderte ein Ex-Teamkollege in der Dokumentation "Ousmane" der Filmemacher von "Ballon Sur Bitume" die Szene. 

Sein Talent spülte Dembélé in der Folge zum Nachwuchs von Stade Rennes, wo sich in Windeseile ins Profiteam spielte. "Ich habe noch nie einen Spieler mit diesem Talent gesehen", schwärmte Rennes-Coach Rolland Courbis gegenüber "Barca Inside" von seinem Ex-Schützling, dessen Fähigkeiten schlicht "unerreicht" seien. Die Liaison sollte dennoch nicht von Harmonie geprägt sein. Als Rennes Dembélé nicht zu RB Salzburg ziehen lassen wollte, drohte dieser kurzerhand mit der Beendigung seiner Karriere und garnierte die Ansage mit den Worten: "Ihr kotzt mich an." Rennes blieb standhaft, Dembélé lernte nichts.

"Ich bereue nichts und man kann die Vergangenheit ohnehin nicht ändern", zeigt Dembélé in "Ousmane" weiterhin nicht den Hauch von Einsicht. "Letztlich war es eine Win-Win-Situation für alle Beteiligten." Ein Verweis auf die satten Ablösen, die seine Wechsel generierten. 

Dembélé gesteht: "Es gab komplizierte Momente"

Dass besagte "Win-Win-Situation" auch ihre Schattenseiten hat, erlebte Dembélé nach seinem Wechsel zum FC Barcelona. Ein Muskelriss im linken Oberschenkel kurz nach Saisonbeginn sowie eine Folgeverletzung im Januar versetzten dem Aufstieg des Franzosen erstmals einen satten Aufwärtshaken. Insgesamt verpasste Dembélé 27 Spiele. 

Wie schwer der mediale Hype um seinen Mega-Wechsel wiegt, bekam Dembélé während der Auszeit mit voller Härte zu spüren. Sein Privatleben stand plötzlich noch stärker im Fokus, Kritik an seinen Essgewohnheiten wurde laut und eine Party-Tour über den halben Globus sorgte für Unruhe. Gerüchte um einen schnellen Abschied von den Katalanen machten die Runde.

"All diese Verletzungen waren beunruhigend. Es gab komplizierte Momente, aber ich habe nie daran gezweifelt. Ich habe mir immer selbst vertraut", gestand Dembélé kürzlich. Eine Einschätzung, die die Statistik untermauert. Obwohl er bei 23 Einsätzen für Barca selten lange mitwirken durfte, erzielte er vier Tore und legte acht weitere auf.

Dass die ersten Rückschläge Dembélé nicht lange aus dem Tritt bringen werden, glaubt auch dessen Berater Moussa Sissoko: "Er hat seinen Traum erreicht, aber er hat ihn noch nicht zu Ende geträumt. Er will seine Fußstapfen in diesem Klub hinterlassen. Dafür muss er härter arbeiten, als jemals zuvor."

Besagte Fußstapfen zu hinterlassen, dürfte keine leichte Aufgabe werden. Etwas einfacher würde dies sicherlich mit dem Gewicht des WM-Titels auf den Schultern werden. Dafür müssen die Franzosen am Freitag allerdings erst einmal Uruguay aus dem Weg räumen.

Marc Affeldt