05.09.2018 10:29 Uhr

Auch Mertesacker wurde "Kartoffel" gerufen

Per Mertesacker wurde als
Per Mertesacker wurde als "Kartoffel" bezeichnet

Zuletzt sorgten Gerüchte, das DFB-Team sei in "Kartoffeln" und "Kanaken" gespalten, für Aufsehen. Ex-Nationalspieler Per Mertesacker hat diesen kulturellen Riss nun zurückgewiesen.

"Von 'Kartoffeln' und 'Kanaken' hatte ich in meiner Zeit in der Nationalelf nicht gehört", sagte Mertesacker in einem Interview mit der "Sport Bild", gab aber zu: "Aber auch ich wurde schon mal 'Kartoffel' gerufen. So etwas ist Spaß und sollte auch so aufgefasst werden."

Der Weltmeister von 2014 erklärte weiter, dass es auch zu seiner Zeit verschiedene Gruppen im DFB-Team gab. "Es gibt immer eine Grüppchenbildung. Die darf aber nicht in eine Ausgrenzung umschlagen nach dem Motto: 'Ihr seid der eine Haufen - wir sind der andere Haufen'."

Das Nachrichtenmagazin "Der Spiegel" hatte berichtet, dass durch das Team in Russland ein kultureller Riss gegangen sei, zwischen Spielern mit Migrationshintergrund und jenen ohne ausländische Vorfahren.

Auch den Rassismus-Vorwurf des zurückgetretenen Nationalspielers Mesut Özil wies Mertesacker zurück. "Ich habe in der Nationalelf nie Rassismus oder Diskriminierung erlebt. Mesuts Vorwurf, auch in dieser Härte, hat mich daher überrascht", sagte der ehemalige Arsenal-Teamkollege von Özil: "Was jetzt passiert ist, macht mich traurig. Ich selbst wollte auch nie verbrannte Erde hinterlassen."

"Was über Jahre aufgebaut wurde, das wurde nun mit Füßen getreten"

Dass die deutsche Nationalmannschaft nach dem WM-Debakel in Russland derart schlecht dasteht, macht Mertesacker traurig. Beim Coup von 2014 in Brasilien sei das Team "trotz aller Unterschiedlichkeit eine Einheit" gewesen.

"Wir hatten früher bei aller Unterschiedlichkeit Bock auf Erfolg und Gemeinsamkeit. Ich bin nicht mehr so nah dran, aber davon ist in diesem Jahr offenbar zu viel verloren gegangen", bedauerte der 33-Jährige: "Was über Jahre aufgebaut wurde, das wurde nun mit Füßen getreten."

Aus diesem Grund ist Mertesacker froh, dass er 2014 aus der Nationalmannschaft zurückgetreten ist und "in diesem Sommer nicht mit musste". So wolle man nicht abtreten, erklärte der Innenverteidiger.

Mertesacker hat von Löw profitiert

Trotz des Ausscheidens in Russland nahm Mertesacker Bundestrainer Joachim Löw indes in Schutz. "Joachim Löw hat sich in den vergangenen Jahren von einem No-Name-Trainer über den Co-Trainer zum deutschen Cheftrainer und Weltmeister-Trainer entwickelt, der überall respektiert ist", so der Leiter des Nachwuchsleistungszentrums vom FC Arsenal: "Ich habe als Spieler mitbekommen, wie er gewachsen ist - von jemandem, der Spieler bei einem Turnier motiviert, bis zum Taktikfuchs."

Die Ansprachen von Löw hätten Mertesacker immer überzeugt und gepackt. "Ich habe davon als Spieler profitiert, und mich hat seine Entwicklung gefreut. Er braucht keinen externen Rat." Allerdings sei es "gut, dass er nun die Möglichkeit bekommen hat, sich selbst zu hinterfragen".

Franzosen treffen sich "vornehmlich zur Modenschau"

Die Partie Donnerstag (ab 20:45 Uhr im Liveticker) in der Nations League gegen den aktuellen Weltmeister Frankreich komme nun "genau richtig! Es wird Zeit, dass wir uns von den Franzosen eine Menge abschauen", sagte Mertesacker.

Noch vor der WM hat der Routinier am Leistungsvermögen der Franzosen gezweifelt: "Ich dachte, da reicht es von der mannschaftlichen Geschlossenheit nicht, die treffen sich vornehmlich zur Modenschau mit viel Bling Bling, da denkt jeder nur an sich."

Doch stattdessen überzeugte die Équipe Tricolore mit überragendem Umschaltspiel und defensiver Stabilität. "Sie haben es geschafft, von dieser Ego-Schiene herunterzukommen. Ich habe viel von dem gesehen, was uns 2014 bei unserem WM-Titel in Brasilien ausgezeichnet hat", verglich Mertesacker die beiden letzten Weltmeister.