11.09.2018 09:04 Uhr

Matthäus kritisiert Löw-Taktik: Müller "verschenkt"

Erwartet von der deutschen Nationalmannschaft eine Steigerung: Lothar Matthäus
Erwartet von der deutschen Nationalmannschaft eine Steigerung: Lothar Matthäus

Ein Remis gegen Weltmeister Frankreich und ein Sieg gegen Peru haben Bundestrainer Joachim Löw und der deutschen Fußball-Nationalmannschaft ein wenig Ruhe verschafft. Nach der völlig verkorksten WM hat der DFB aber noch viel Arbeit vor sich - das findet auch Rekordnationalspieler Lothar Matthäus.

In seiner "Sky"-Kolumne äußert der 57-Jährige seine Meinung zu den beiden Länderspielen. So hat Matthäus generell zwar "eine Steigerung zu den gebotenen Leistungen beim letzten Turnier" ausgemacht, will dies aber nicht als Lob verstanden wissen. Sein hartes Urteil: "Schlimmer als bei der WM kann man sich nicht präsentieren." Immerhin hätte die deutsche Auswahl "mehr Einsatz, Leidenschaft, Einstellung und spielerische Klasse" als zuvor gezeigt.

Nach den Eindrücken der jüngsten Partien erkennt Matthäus vier grundlegende Probleme, die ihm "ein wenig Kopfzerbrechen" bereiten.

Zuerst moniert er die defensive Ausrichtung mit vier Innenverteidigern in der Viererkette. Der Weltmeister von 1990 bemängelt, dass in dieser Formation "auf den Außenbahnen zwei Profis agieren, die sich zum einen innen wohler fühlen und zum anderen nicht den Zug nach vorne haben, den ein gelernter Außenverteidiger mitbringt. Es fehlt dadurch Kreativität, ein Dribbling oder auch die Präzision bei Flanken von der Grundlinie."

"Weder Reus noch Werner sind Mittelstürmer"

Darüber hinaus sieht Matthäus keinen echten Sechser im deutschen Team. Im defensiven Mittelfeld hatte Löw zuletzt Joshua Kimmich aufgeboten. Laut "Loddar" keine Idealbesetzung: "Außer Sebastian Rudy und Emre Can haben wir keine richtigen Sechser. Beides sind wirklich gute Spieler. Aber auch nicht mit außergewöhnlicher Qualität ausgestattet."

Weiter geht es mit den Mittelstürmern, seit längerem eine Problemzone beim Deutschen Fußball-Bund. Matthäus legt den Finger in die Wunde: "Weder Reus noch Werner sind Mittelstürmer. Ja, sie sind torgefährlich, aber das Strafraumzentrum ist nicht ihre Heimat. Die sollen mit Geschwindigkeit über die Flügel kommen und die Abwehrreihen auseinandernehmen. Aber es sind keine Goalgetter."

Spätstarter Nils Petersen sei ein solcher, "und er hat absolut die Berechtigung als Joker gebracht zu werden. Aber ähnlich wie bei Jonas Hector bin ich der Meinung, dass ein Spieler aus Freiburg oder Köln ohne große internationale Erfahrung nicht das Allheilmittel für eine der führenden Fußballnationen sein kann."

Hoffnung setzt der 57-Jährige in zwei Bundesliga-Knipser, die bislang noch nicht für die A-Nationalmannschaft zum Einsatz gekommen sind: Davie Selke (23) und Daniel Ginczek (27).

Flammender Appell Richtung Löw

Zuletzt kritisiert Matthäus die ständigen Positionswechsel von Thomas Müller. Er richtet einen flammenden Appell Richtung Löw: "Bitte finde die richtige Position für Thomas Müller! Auf der offensiven rechten Außenbahn ist Thomas Müller verschenkt. Das hat man nicht nur gegen Frankreich gesehen. Ihm fehlt das Dribbling und das Tempo." Der Star des FC Bayern müsse "entweder auf einer offensiven Halbposition spielen, oder im unmittelbaren Umfeld des Mittelstürmers agieren."

Am Ende seiner Kolumne zieht der Rekordnationalspieler ein alarmierendes Fazit: "Es kann nicht sein, dass wir es in Deutschland nicht mehr schaffen, einen Weltklasse-Mittelstürmer auszubilden oder klassische Außenverteidiger plötzlich nicht mehr vorhanden sind."