27.11.2018 13:31 Uhr

Bayerns Kader: Alt, schlecht, untrainierbar?

Ist der Kader des FC Bayern untrainierbar?
Ist der Kader des FC Bayern untrainierbar?

Dem FC Bayern München droht nach dem "Schicksalsspiel" von Niko Kovac gegen Benfica am Dienstag die zweite Trainerentlassung binnen eines guten Jahres. Zwischen der aktuellen Situation und dem Ende der kürzen Ära Ancelotti gibt es erstaunliche Parallelen. Sie werfen kein gutes Licht auf den Kader der Münchner, der nicht nur überaltert und sportlich über dem Zenit ist, sondern in der momentanen Zusammenstellung nahezu untrainierbar erscheint.

Beim FC Bayern kämpfen sie gerade nicht nur gegen die sportliche Krise. Der deutsche Fußball-Rekordmeister muss sich auch mit einem weiteren unliebsamen Thema herumärgern, das mit der Talfahrt der letzten Wochen eng verknüpft ist: der Maulwurfsjagd.

Während die possierlichen Tierchen in der freien Wildbahn durch das Unterhöhlen des Bodens und das Aufwerfen immer neuer Erdhügel schon so manchen Gartenbesitzer an den Rande des Nervenzusammenbruchs gebracht haben, betätigt sich der Münchner Maulwurf auf einem anderen Gebiet: Er gibt Mannschaftsinterna an die Presse weiter.

Niko Kovac spricht in einer Brandrede vor dem Team vom eigenen Rauswurf? Die "Bild"-Zeitung weiß Bescheid. Uli Hoeneß wendet sich in einer Geheimansprache vor dem Bundesliga-Spitzenspiel bei Borussia Dortmund an die Stars? "Sport Bild" kennt alle Hintergründe.

"Ich finde das nicht gut. Ich bin der Meinung, man sollte das abstellen. Ich weiß nicht, welchen Nutzen der oder diejenigen haben", kommentierte Kovac die Vorgänge. Als ein "Geschwür, das man nicht mehr losbekommt" bezeichnete Präsident Uli Hoeneß die undichte Stelle im Klub.

 

Klar ist: Dass insbesondere die gut vernetzten Journalisten der Springer-Medien offensichtlich immer ganz genau wissen, wer was wann zu wem gesagt hat, ist ein Anzeichen dafür, dass das Binnen-Klima zwischen Trainer und Spielern beim FC Bayern vergiftet ist.

Nicht nur hinter vorgehaltener Hand heißt es in München längst, Kovac habe "die Kabine verloren" - nicht als erster Münchner Coach der jüngeren Vergangenheit.

Ancelotti hatte beim FC Bayern ebenfalls Probleme mit den Spielern

Carlo Ancelotti stolperte im Herbst 2017 ebenfalls vor allem darüber, dass ihm große Teile der Mannschaft die Gefolgschaft verweigerten.

Allein fünf Spieler, bestätigte Hoeneß später, hätten sich nach dem desaströsen 0:3 gegen Paris Saint-Germain bei ihm über ihre Nichtberücksichtigung beschwert. Einen Tag nach der Partie war Ancelotti in München Geschichte.

Jupp Heynckes übernahm als Interimstrainer. Der Altmeister brachte das schwer schlingernde Schiff vor allem dadurch schnell wieder auf Kurs, dass er mit untrüglichem Gespür für die Befindlichkeiten von Stars und Bossen den Verein befriedete.

Kovac gelang genau das von Anfang an nicht. Als die Bayern zu Saisonbeginn sieben Pflichtspiele in Folge gewannen, ließen sich die schwelenden Konflikte noch unter der Decke halten. Die ersten Rückschläge auf dem Platz beendeten den vermeintlichen Burgfrieden.

Wer ist der Maulwurf beim FC Bayern?

Wer genau der- oder diejenigen sind, die den Trainer durch gezielte Indiskretionen schwächen, ist unbekannt.

Einer der Verdächtigen aber ist ganz sicher James Rodríguez. Der Kolumbianer, unter Heynckes ohne Wenn und Aber gesetzt und monatelang der beste Bayern-Profi, sah sich unter Kovac plötzlich zum Rotationsspieler degradiert.

Die Real-Leihgabe begann dem Vernehmen nach in der Kabine über den neuen Coach zu lästern. Sätze wie "Wir sind hier nicht in Frankfurt" fielen angeblich.

Auch Mats Hummels, hinter Niklas Süle nur noch Innenverteidiger Nummer zwei, sowie den nur noch als Teilzeitarbeiter gefragten Arjen Robben und Franck Ribéry wird ein unterkühltes Verhältnis zu Kovac nachgesagt.

Das Problem: Insbesondere die beiden Oldies genießen durch ihre langjährige Vereinszugehörigkeit quasi Narrenfreiheit. 

Ribéry, momentan aufgrund seiner zahlreichen Eskapaden ohnehin der größte Unruheherd bei den Bayern, hat die Gewissheit, sich mit seinen Befindlichkeiten immer an seinen väterlichen Freund Hoeneß wenden zu können.

Robben hingegen war schon immer ein Meister darin, mit Hilfe von klug gesetzten Spitzen in Interviews den Druck auf die handelnden Personen zu erhöhen.

Umbruch beim FC Bayern dringend nötig

Dass ein Trainer in München (zumindest wenn er nicht Heynckes heißt) angesichts dieser Gemengelage in Ruhe arbeiten kann, scheint nahezu ausgeschlossen - unabhängig davon, ob ein erfahrener Mann wie Ancelotti oder ein relativer Newcomer wie Kovac an der Seitenlinie steht.

Es ist nun an Hoeneß und Vorstandschef Karl-Heinz Rummenigge, angesichts dieses Missstands die richtigen Weichen für die Zukunft zu stellen.

Immerhin: Einsicht ist bei den Bayern-Bossen, die selbst zuletzt aufgrund ihres schlechten Krisen-Managements vermehrt in die Kritik gerieten, durchaus vorhanden.

Man werde im kommenden Sommer "das Mannschaftsgesicht ziemlich verändern", kündigte Hoeneß nach der Niederlage beim BVB bereits an.

Tobias Knoop