17.01.2019 15:38 Uhr

VfB vor der Rückrunde: Viel Unruhe, wenig Hoffnung

Schafft der VfB Stuttgart den Klassenerhalt?
Schafft der VfB Stuttgart den Klassenerhalt?

Abstiegskampf statt Europapokal: Der ambitionierte VfB Stuttgart hat eine enttäuschende Hinrunde hinter sich. Anlass zur Euphorie gibt es auch nach einer unruhigen Winterpause nicht. Können die Schwaben trotzdem die Klasse halten? Der Rückrunden-Check.

VfB Stuttgart im Rückrunden-Check: Testspiele/Form

Die Testspiel-Ergebnisse machen den VfB-Fans keine große Hoffnung auf den Klassenerhalt. Gegen den niederländischen Erstligisten FC Utrecht kassierten die Stuttgarter eine 2:3-Pleite, gegen Cercle Brügge kamen sie nicht über ein 2:2 hinaus. Beide Male verspielte das Team von Trainer Markus Weinzierl eine Führung.

Ein Lichtblick: Gegen Brügge schnürte der zuletzt nicht gerade treffsichere Mario Gomez einen Doppelpack. "Es ist wichtig, dass er sich damit Selbstvertrauen geholt hat", freute sich Weinzierl.

Das magere Remis gegen den Tabellenzehnten der belgischen Jupiler League wollte der Coach nicht überbewerten. "Wir hätten natürlich gerne gewonnen. Aber wir haben die Führung nicht über die Zeit gebracht, weil wir schwere Beine gehabt und viel gewechselt haben. Es überwiegt definitiv das Positive."

VfB Stuttgart im Rückrunden-Check: Personal

Bis auf Benjamin Pavard (Muskelbündelriss) sind alle Spieler fit. Ein Fragezeichen steht weiterhin hinter Daniel Didavi. Den Offensivspieler plagten in der Hinrunde immer wieder Probleme an der Achillessehne. Didavi konnte entweder gar nicht spielen oder musste fitgespritzt werden.

Um eine Überbelastung zu vermeiden, muss Weinzierl seinen Hoffnungsträger nun langsam heranführen. "Ein Fehler, einmal zu viel, und es fliegt dir um die Ohren", beschrieb Didavi seinen Gesundheitszustand.

Innenverteidiger Marc Oliver Kempf plagten zuletzt Muskelprobleme. Sein Einsatz im Auftaktspiel gegen den FSV Mainz 05 ist nicht gefährdet. Auch Andreas Beck, der aufgrund von Kniebeschwerden im Trainingslager in La Manga fast nur individuell trainierte, will rechtzeitig zum Rückrundenstart bereit sein.

Beck droht auf der rechten Abwehrseite in den kommenden Wochen womöglich neue Konkurrenz: Gonzalo Castro durfte sich nach schwacher Hinrunde zuletzt mehrfach als Rechtsverteidiger versuchen - und machte seine Sache gut.

VfB Stuttgart im Rückrunden-Check: Transfers

Was die Spatzen schon lange und immer lauter von den Dächern pfiffen, ist seit Anfang Januar Gewissheit: Benjamin Pavard zieht es zum FC Bayern München. 35 Millionen Euro kassieren die Stuttgarter für den 22 Jahre alten Weltmeister. Der Wechsel wird Stand jetzt erst im Sommer vollzogen. Auch wenn die Bayern den Innenverteidiger gerne schon jetzt geholt hätten.

Der Nachfolger für Stuttgarts Abwehrzentrum ist bereits im Anflug: Ozan Kabak. Das 18-jährige türkische Talent wechselt von Galatasaray ins Ländle.

Pikant: Laut "kicker" ist auch der FC Bayern in den Deal involviert. Der Rekordmeister verhinderte durch seine Intervention angeblich einen Wechsel Kabaks nach England - und sicherte sich im Zuge dessen ein Vorkaufsrecht, ähnlich wie beim Wechsel von Serge Gnabry 2016 zu Werder Bremen.

Kabak ist aber nicht der einzige Winter-Neuzugang der Stuttgarter: Die Leihspieler Steven Zuber (1899 Hoffenheim) und Alexander Esswein (Hertha BSC) sollen mehr Wucht und Dynamik ins lahme Spiel der Schwaben bringen.

VfB Stuttgart im Rückrunden-Check: Das macht Sorgen

Fünf Gegentore in den beiden Testspielen gegen mittelmäßige Teams sprechen nicht dafür, dass der VfB seine Defensivschwäche aus der Hinrunde (35 Gegentreffer, zweitschlechtester Wert der Liga) überwunden hat.

Fraglich ist zudem, ob Zuber und Esswein, bei ihren Stammklubs nur Ergänzungsspieler, das Stuttgarter Offensivspiel wirklich auf ein neues Level hieven können. Denn mit nur 12 erzielten Treffern stellte der VfB in der ersten Halbserie den schwächsten Angriff im deutschen Oberhaus. Ein neuer Knipser, der Mario Gomez (fünf Treffer bislang) entlasten beziehungsweise Druck machen kann, ist nicht in Sicht.

Unruhe brachte in den letzten Tagen zudem das groteske Hin und Her im Fall Holger Badstuber. Der selbst nicht unumstrittene Sportvorstand Michael Reschke kündigte erst an, der Routinier könne den VfB verlassen. Kurze Zeit später ruderte Reschke zurück. Die Wahrscheinlichkeit, dass Badstuber bleibe, sei "extrem hoch".

VfB Stuttgart im Rückrunden-Check: Das macht Hoffnung

Die erfolgreiche Arbeit von Markus Weinzierl beim schwäbischen Nachbarn FC Augsburg zwischen 2012 und 2016 ist momentan wohl der größte Mutmacher für den VfB.

Bei den Fuggerstädtern formte der 44-Jährige mit vergleichsweise bescheidenen Mitteln eine äußerst schlagkräftige Truppe. Die Erfolgsfaktoren: hohes Tempo, herausragende Physis, strenge Disziplin.

Diese Fußball-Philosophie will Weinzierl auch in Stuttgart umsetzen. Schwerpunkt im Trainingslager waren dementsprechend mannschaftstaktische Abläufe, insbesondere das Offensivpressing. Entscheidend sei es, "immer nach vorne zu verteidigen, da nicht passiv zu sein", erläuterte Weinzierl seine Marschroute.

VfB Stuttgart im Rückrunden-Check: Prognose

Eine ähnlich brillante Rückrunde wie vor einem Jahr, als nur der FC Bayern mehr Punkte holte als der VfB, ist den Stuttgartern in dieser Saison nicht zuzutrauen.

Dennoch: Greifen die von Weinzierl angestrebten Änderungen, sollte die Qualität im Kader für den direkten Klassenerhalt reichen. Denn auf dem Papier sind mindestens drei Bundesligateams schwächer als Stuttgart.

Bereits der Auftakt mit den Partien gegen Mainz, Freiburg und Düsseldorf dürfte die Richtung aufzeigen, in die es geht. Holt der VfB dort genügend Punkte, kann man sich am 19. Spieltag auch eine (womöglich deutliche) Niederlage in München erlauben.

Tobias Knoop