21.01.2019 15:30 Uhr

Fährmann auf Schalke degradiert: Tedescos nächstes Opfer?

Domenico Tedesco (l.) hat Ralf Fährmann auf Schalke degradiert
Domenico Tedesco (l.) hat Ralf Fährmann auf Schalke degradiert

Torhüter Ralf Fährmann ist nur noch die Nummer zwei beim FC Schalke 04. Mit der Degradierung des Kapitäns traf Trainer Domenico Tedesco nicht zum ersten Mal in seiner Amtszeit eine risikoreiche und äußerst unpopuläre Personalentscheidung. Immer wieder in der Opferrolle: die Routiniers.

Am Sonntag gegen 17 Uhr platzte die Bombe endgültig: Der FC Schalke 04 veröffentlichte seine Startaufstellung für das erste Rückrundenspiel in der Fußball-Bundesliga gegen den VfL Wolfsburg. Nicht mit dabei: Ralf Fährmann.

Der etatmäßige Stammkeeper musste auf der Bank Platz nehmen. Youngster Alexander Nübel ersetzte Fährmann zwischen den Pfosten.

Natürlich musste Domenico Tedesco seine überraschende Maßnahme noch vor dem Anpfiff begründen. Er habe Fährmann "aus sportlichen Gründen" nicht berücksichtigt, erklärte der Coach gegenüber "Sky". "Wir hatten zuletzt das Gefühl, dass Ralf nicht ganz frei im Kopf ist." Fährmann sei "zu Recht unser Kapitän und bleibt es auch, ein super Mensch und super Torwart. Aber in den letzten Spielen waren ein paar Unsicherheiten dabei."

Ralf Fährmann patzte gegen Leverkusen und Stuttgart

Tedesco dürfte damit vor allem auf die Partien gegen Bayer Leverkusen (1:2) und den VfB Stuttgart (3:1) vor der Winterpause angespielt haben. Gegen die Werkself verschuldete Fährmann nicht zum ersten Mal in dieser Saison einen Gegentreffer. In Stuttgart führten zwei dicke Patzer des Schlussmannes zum Glück aus Schalker Sicht nicht zum Torerfolg für die Schwaben.

Bereits im Trainingslager im spanischen Benidorm soll Tedesco den vermeintlich unantastbaren Führungsspieler darüber informiert haben, dass sein Stammplatz künftig nicht mehr sicher sei.

In den Tagen vor dem Wolfsburg-Spiel fällte der Trainer dann die Entscheidung gegen Fährmann. Diese sei ihm "extrem schwergefallen", verkündete er.

Schalke-Routiniers und Domenico Tedesco - eine schwierige Beziehung

Der Fall Fährmann ist nicht der erste Beweis dafür, dass Tedesco nicht davor zurückschreckt, auch verdiente Schalker abzusägen, wenn er die Notwendigkeit dazu sieht.

2017 nahm er wenige Wochen nach seinem Amtsantritt Benedikt Höwedes die Kapitänsbinde ab. Kurze Zeit später teilte er dem Publikumsliebling mit, auch sportlich nicht mehr mit ihm zu planen. Höwedes wechselte zunächst auf Leihbasis zu Juventus Turin, vor der laufenden Saison dann zu Lokomotive Moskau.

Oder das Beispiel Naldo: Den Leistungsträger und Leitwolf der Vizemeister-Saison befand Tedesco nach Schalkes katastrophalem Start in die laufende Spielzeit als nicht mehr gut genug. Naldo saß für den Rest der Hinrunde überwiegend auf der Bank. Anfang des Jahres flüchtete er nach Monaco.

Tedesco will mit Degradierung von Fährmann ein Zeichen setzen

Woher kommt das schwierige Verhältnis Tedescos zu den Routiniers? Die Erklärung, der selbst erst 33 Jahre alte Coach könne aufgrund des fehlenden Altersunterschieds nicht mit erfahrenen Spielern, kursierte zwar nach Bekanntwerden der Fährmann-Degradierung im Schalker Fan-Lager. Sie greift aber wohl deutlich zu kurz. Immerhin arbeitete der Deutsch-Italiener in der vergangenen Saison sowohl mit Naldo als auch mit Fährmann erfolgreich zusammen. Atmosphärische Störungen wurden nicht bekannt.

Viel eher schien es Tedesco angesichts der schwierigen Situation und des Absturzes auf Rang 13 der Hinrundentabelle darum zu gehen, mit dem Fährmann-Hammer ein Zeichen zu setzen.

Der Tenor: Auf Schalke steht nach der miserablen Hinrunde alles auf dem Prüfstand. Kein Profi kann sich seines Stammplatzes mehr sicher sein.

Erste Eindrücke stützen Tedescos Entscheidung gegen Fährmann

Von der Hand zu weisen sind diese Gedankenspiele nicht. Der Fall Fährmann könne "eine Signalwirkung haben an die Mannschaft", einen "Denkprozess einleiten", lobte Ex-Profi Dietmar Hamann die Herangehensweise Tedescos bei "Sky".

Und auch sportlich stützen die Eindrücke des Wolfsburg-Spiels die Konsequenz des Coaches in der Torwart-Frage: Nübel zeigte in seinem ersten Einsatz als neue Nummer eins starke Paraden, strahlte Sicherheit aus. Kurz: Der U21-Nationaltorhüter überzeugte.

So sehr übrigens, dass die Schalker Anhänger nicht nur Fährmann mit aufmunternden Sprechchören feierten, sondern auch seinen acht Jahre jüngeren Konkurrenten.

Tobias Knoop