23.01.2019 11:23 Uhr

Warum BVB-Trainer so begehrt sind - nur nicht beim BVB

Jan Siewert und David Wagner wechselt vom  BVB zu Huddersfield Town
Jan Siewert und David Wagner wechselt vom BVB zu Huddersfield Town

Jan Siewert wechselt von der U23 von Borussia Dortmund zum englischen Erstligisten Huddersfield Town, Hannes Wolf ist Chefcoach des HSV: Ehemalige BVB-Nachwuchstrainer sind in der Fußball-Welt heiß begehrt - nur nicht in der Dortmunder Profi-Abteilung. Die Analyse einer erstaunlichen Entwicklung.

Eigentlich sind es die Spieler, die tagtäglich im Nachwuchsbereich und insbesondere in der Zweitvertretung des BVB für eine große Karriere im Profi-Geschäft schuften.

"Das ist die Zielsetzung des Vereins: Wir wollen versuchen, über die U23 junge Spieler an die Profi-Abteilung zu bringen", erklärte Trainer Jan Siewert noch im vergangenen Mai gegenüber dem Fanzine "schwatzgelb".

Der Nachwuchs des Revierklubs entpuppt sich seit einigen Jahren jedoch vor allem für junge Trainer als Sprungbrett. Immerhin ist Siewert der vierte Coach hintereinander, der den BVB vor Vertragsende im Tausch für eine höhere Aufgabe verlässt.

Erst im Sommer 2017 ersetzte der 36-Jährige in Dortmund Daniel Farke, den es nach nur anderthalb Jahren ebenfalls auf die Insel zog.

Mit Norwich City kämpft Farke derzeit um den Aufstieg in die Premier League. Dank seines offensiv ausgerichteten Fußballs sorgt er dieser Tage für große Begeisterung bei den Canaries.

Farkes Aufstieg begann indes mit dem Abschied von David Wagner aus Dortmund. Er verließ die Schwarz-Gelben 2015 nach vier Jahren - und wurde Siewerts Vorgänger in Huddersfield.

Mit den Terriers schaffte Wagner, dicker Kumpel von Dortmunds Trainer-Ikone Jürgen Klopp, 2017 den Aufstieg in die Premier League. Er etablierte den Klub im Oberhaus, musste nach einer schwachen Hinrunde in der laufenden Spielzeit aber nun gehen.

Hannes Wolf ist der vierte im Bunde. 2016 kehrte der gebürtige Bochumer dem BVB den Rücken. Nach anderthalb Jahren beim VfB Stuttgart heuerte der langjährige Coach der Dortmunder U17 und U19, der 2011 einige Monate lang interimsweise auch die U23 betreute, beim Hamburger SV an. Dort arbeitet er nun am Aufstieg in die Bundesliga.

Sprung zu den BVB-Profis eine Nummer zu groß

Was auffällt: Keiner aus dem bei anderen Klubs begehrten Trainer-Quartett schaffte den Sprung zu den BVB-Profis. Der Grund liegt auf der Hand: Die Aufgabe beim zweiten Schwergewicht des deutschen Fußballs neben dem FC Bayern ist zu groß für einen Neuling.

Dabei hat es in Dortmund in den vergangenen Jahren nicht an Möglichkeiten gemangelt, einem der jungen Coaches eine Chance zu geben.

Doch Siewert wurde nach der Entlassung von Tuchel-Erbe Peter Bosz von den Dortmunder Machern noch nicht zugetraut, in einer unruhigen Zeit die ambitionierten sportlichen Ziele des BVB noch zu erreichen. Zudem war Siewert zu diesem Zeitpunkt selbst erst wenige Monate im Verein.

So beauftragten Sportdirektor Michael Zorc und Geschäftsführer Hans-Joachim Watzke den erfahrenen Peter Stöger, die Champions-League-Qualifikation noch zu sichern. Im Sommer starteten sie dann mit Lucien Favre einen kompletten Neu-Anfang.

Allesamt nachvollziehbare Entscheidungen, die wohl auch mit dem Selbstverständnis beim BVB zu erklären sind, kein Ausbildungsklub mehr zu sein - auch nicht auf der Trainer-Position.

Wolf hätten die Bosse im vergangenen Sommer dennoch gerne nach Dortmund zurückgeholt - allerdings nur in der Funktion als Co-Trainer hinter Favre. Der 37-Jährige sagte ab, um sich ein mögliches Engagement als Chef-Coach bei einem anderen Verein nicht zu verbauen. Ende Oktober wechselte er zum HSV.

BVB-Trainer haben einen Ruf in der Branche

Der nächste Schritt für Wolf, Wagner, Farke und Siewert kann daher zwangsläufig nicht der zu den Dortmunder Profis sein.

Eine Station wie Huddersfield ist dagegen wie gemacht für talentierte Übungsleiter: Ein Klub, der auch im millionenschweren Premier-League-Zirkus auf einen jungen, im Profi-Geschäft unerfahrenen Teammanager setzt.

"Wir haben unter unserem ehemaligen Coach Wagner großen Erfolg gefeiert und nun einen neuen Trainer verpflichtet, der große Gemeinsamkeiten aufweist: Ein junger, aufstrebender Coach von Borussia Dortmund II", freute sich Huddersfield-Besitzer Dean Hoyle über die Verpflichtung von Siewert.

Sein Klub habe den Coach schon seit mehreren Jahren auf dem Zettel gehabt, Siewerts Werdegang und die Stationen beim DFB, bei Rot-Weiss Essen und beim VfL Bochum mit Interesse verfolgt, erklärte Hoyle. "Sein Ruf ist sehr gut. Er hat große Ambitionen, große Qualitäten und eine starke Philosophie. Von daher war es für uns auch keine Überraschung, dass er zu einem der größten Klubs der Welt, Borussia Dortmund, wechselte."

Jan Siewert: Von "Traumverein" BVB zum nächsten Schritt

Das Schlusslicht der Premier League verspricht sich von Siewert, den Weg des Klubs mit jungen Profis weiterzugehen. "Ich glaube, ich habe einen guten Draht zu den Spielern", sagt der gebürtige Mayener selbst.

Der neue Mann in Huddersfield steht darüber hinaus - ähnlich wie die weiteren Trainer-Exportschlager der Borussia - vor allem für Offensivfußball.

Siewert präferierte beim BVB ein offensiv ausgerichtetes 4-3-3-System. Die Dortmunder erzielten in dieser Saison in 21 Spielen 36 Treffer - die drittmeisten in der Regionalliga West.

Für Siewert selbst ist der Wechsel in die Premier League ein großer Karriereschritt, auch wenn er dafür nach eigener Aussage seinen "Traumverein" freiwillig verlässt.

Genauso wird es wohl auch den anderen ehemaligen Nachwuchs-Trainern des Revierklubs ergangen sein. Der Traum von einem Job bei Borussia Dortmund ist das eine, eine Anstellung im Profi-Fußball das andere.

Gerrit Kleiböhmer