20.02.2019 11:31 Uhr

FC Bayern schwankt zwischen Euphorie und Argwohn

Der FC Bayern spielte beim FC Liverpool unentschieden
Der FC Bayern spielte beim FC Liverpool unentschieden

Bayern München hat dem Mythos Anfield Road mit viel Leidenschaft getrotzt. Dennoch herrschte nach dem 0:0 beim FC Liverpool vor dem Rückspiel in drei Wochen keine Euphorie.

Uli Hoeneß genoss zufrieden ein Glas Wein, Karl-Heinz Rummenigge plauderte entspannt mit Niko Kovac - und die Spieler gönnten sich das ein oder andere Bier: Die Stimmung beim Mitternachtsbankett im "The Rum Warehouse" im Titanic-Hotel von Liverpool war bei Riesengarnelen, glasiertem Rollbraten und Hähnchenbrustfilet in Pancetta-Mantel sichtlich gelöst. Selten hat eine Nullnummer bei Bayern München für derart gute Laune gesorgt.

"Es war ein großartiges Spiel. Wir haben die Tür für das Rückspiel ein Stück aufgestoßen", sagte Vorstandschef Rummenigge unter dem Beifall von rund 500 Münchner Edelfans. Doch bei aller Freude, dem Mythos Anfield Road und dem Power-Fußball von FC-Liverpool-Teammanager Jürgen Klopp getrotzt zu haben - Übermut kam beim deutschen Rekordmeister nach dem beachtlichen 0:0 im Achtelfinal-Hinspiel bei den Reds nicht auf.

"Ich warne davor, mit zu viel Euphorie ins Rückspiel zu gehen. Es ist kein Ergebnis, das gefahrlos ist", betonte Rummenigge mit Blick auf den zweiten Showdown am 13. März in der Allianz Arena. Er selbst habe 1981 zusammen mit Präsident Hoeneß nach einer Nullnummer in Liverpool schon einmal schlechte Erfahrungen gemacht. "Wir sind dann nach einem 1:1 in München ausgeschieden. Wir dürfen nicht den gleichen Fehler machen, wir müssen ein zweites sehr gutes Spiel machen", sagte der Bayern-Boss mit Nachdruck.

Neuer und Hummels loben Bayern-Defensive

Hoffnung macht den Bayern, die im Rückspiel auf den gesperrten Joshua Kimmich verzichten müssen, allerdings die äußerst kompakte Vorstellung der in dieser Saison oft anfälligen Defensive. "Alle haben diesmal mitgemacht", lobte Kapitän Manuel Neuer seine Vorderleute.

"Die Viererkette war eine Viererkette. Wir haben defensiv gedacht. Der Plan hat gut funktioniert", betonte Mats Hummels, der wie in besten Zeiten zusammen mit den bärenstarken Javi Martinez und Thiago die hoch gelobte Reds-Offensive mit Mo Salah, Roberto Firmino und Sadio Mané kaum zur Entfaltung kommen ließ.

Für Rummenigge ein Verdienst von Trainer Kovac, der das Team "sehr gut eingestellt" habe und der ganzen Mannschaft: "Sepp Herberger hätte große Freude daran gehabt: einer für alle, alle für einen."

Kovac: Offensive hätte "besser agieren können"

Der FC Bayern habe "bewiesen, dass wir es können", ergänzte Neuer nach dem ersten Zu-Null-Spiel des Jahres 2019: "Das war ein tolles Signal. Aber wir können nicht sagen, dass wir durch sind." Weshalb in der Kabine "auch keine Partystimmung herrschte", wie Rummenigge berichtete. Auch Hummels bremste jegliche Euphorie. Die Ausgangssituation sei lediglich "ein klein bisschen besser" geworden.

Eine Meinung, der sich Kovac nach einer "Klasseleistung" vorbehaltlos anschloss: "Es ist noch nichts geschafft. Wir nehmen das Ergebnis mit, bleiben aber bescheiden und fokussiert." Zumal es laut Kovac Verbesserungspotenzial gibt: "Wir hätten nach vorne anders und besser agieren können." In der Tat.

Das galt allerdings auch uneingeschränkt für die Reds, weshalb Klopp zerknirscht einräumen musste, dass dies nicht das Ergebnis sei, "von dem wir geträumt haben. Unser Problem war ungeachtet der Qualität des Gegners, dass der letzte Pass nicht unser bester Freund war." Dennoch, so der frühere Mainzer und Dortmunder Trainer: "Es ist kein schlechtes Ergebnis für uns."

Zunächst muss der Vorjahresfinalist, der in der Gruppenphase seine drei Auswärtspartien verlor, jedoch in der Premier League seine Spitzenposition verteidigen - am Sonntag im Topspiel bei Manchester United. Für die Bayern geht es am Samstag gegen Hertha BSC darum, weiter Druck auf den wankenden Tabellenführer Borussia Dortmund auszuüben.

"Wir haben jetzt entscheidende Wochen vor uns. Jetzt müssen wir schauen, dass wir was mitnehmen", betonte Rummenigge. Es sei "kein Zufall, dass wir den Rückstand auf Dortmund um sechs Punkte verkürzt haben. Aber es sind immer noch drei. Wir sind noch nicht da, wo wir hinwollen."