17.04.2019 15:49 Uhr

Sané nur zweite Wahl: Guardiola sucht die Perfektion

Guardiola (l.) kritisiert Leroy Sané (r.) vor allem für dessen kleine Fehler
Guardiola (l.) kritisiert Leroy Sané (r.) vor allem für dessen kleine Fehler

Leroy Sané gilt als der kommende deutsche Superstar. Doch vor dem wichtigen Viertelfinale der Champions League scheint Trainer Guardiola das Vertrauen in ihn verloren zu haben. Was ist los?

Zur Sicherheit schaute Leroy Sané doch nochmal auf die Anzeigetafel des Assistenten, so als wolle er sagen: Eine Einwechslung in der 89. Minute, muss das sein? Manchester City verlor das Hinspiel im Viertelfinale der Champions League gegen Tottenham mit 0:1. Sané konnte daran auch in der Nachspielzeit nichts mehr ändern.

Manchester Citys Aufstellung hatte gut eine Stunde vor dem Spiel für große Verwunderung gesorgt: Spielmacher Kevin de Bruyne saß überraschend auf der Bank und Leroy Sané wurde durch Riyad Mahrez ersetzt. Die Guardiola-Jünger unter den Fans hofften auf einen genialen taktischen Kniff ihres Trainers, aber auch sie waren nach der Niederlage gegen die Spurs ernüchtert. Warum verzichtete der Spanier in so einem wichtigen Spiel auf Sané, den drittbesten Scorer der Citizens in der Premier League?

Die Antwort gibt Sanés Spielstatistik: Seit Neujahr hat er nur vier Spiele über 90 Minuten bestritten. Die Gegner hießen Schalke, Cardiff und Newport. Seinen letzten großen Auftritt hatte Sané Anfang Januar, als er beim 2:1 gegen Tabellenführer Liverpool den Siegtreffer schoss. Seitdem hat Trainer Pep Guardiola den 23-Jährigen in keinem Spiel gegen eine Top-Mannschaft mehr eingesetzt. Gegen Arsenal und Chelsea saß der Ex-Schalker 90 Minuten auf der Bank. 

Spätestens seit dem Hinspiel gegen die Spurs ist offensichtlich: Pep Guardiola hat das Vertrauen in Leroy Sané verloren.

Pep Guardiola kritisiert Leroy Sané

Vor dem Rückspiel wollte Guardiola diesen Eindruck aber nicht so stehen lassen. "Ich habe mehrfach gesagt, wie wichtig Leroy für uns ist." Der junge Angreifer mache aber zu viele leichte Fehler, erklärte der Trainer. "Fehler sind Teil des Spiels. Wir arbeiten mit Sané jeden Tag daran. Er hat eine einzigartige Qualität, seine Schnelligkeit, seine Aggressivität. Aber bei den einfachen Dingen verliert er den Ball." 

Diese Konzentrationsschwächen will Perfektionist Guardiola in einem Viertelfinale der Champions League keinem Spieler zugestehen. Schließlich geht es auch um seinen eigenen Ruf: Seit acht Jahren hat der vermeintlich beste Trainer der Welt keinen Titel in der Königsklasse gewonnen, sein letzter Auswärtssieg im Viertel- oder Halbfinale ist ebenso lang her.

Doch der ehemalige Barcelona-Trainer will nicht einfach nur wieder den Champions-League-Titel gewinnen, er will ihn vor allem mit beeindruckendem Fußball gewinnen. Er analysiert seine Gegner bis ins kleinste Detail. "Er will Perfektion", schrieb Kevin de Bruyne im "Player's Tribune".

Starke Konkurrenz für Leroy Sané

Guardiola bereitet seine Spieler akribisch vor und verlangt anschließend die perfekte Umsetzung auf dem Rasen. Die kann Leroy Sané ihm aber offenbar aktuell nicht bieten. Sein Chef bevorzugt deswegen die stark aufspielenden Raheem Sterling und Bernardo Silva auf den Außenbahnen. Doch selbst als Bernardo gegen Tottenham verletzt ausfiel, stand Sané nicht in der Startelf. Die Entscheidung für Mahrez fiel aus taktischen Gründen. Guardiola versprach sich vom Algerier sichere Ballkontrolle und bessere Defensivarbeit gegen schnell konternde Spurs.

"Natürlich gibt es Konkurrenz durch die anderen Spieler. Unter bestimmten Umständen bevorzuge ich einen anderen Typ Spieler, der mehr Kontrolle hat", erklärte der Katalane laut der "Times" und schob in Richtung Sané entschuldigend nach: "Meine Bewunderung und mein Vertrauen in ihn sind intakt. Aber ich will immer mehr, es tut mir Leid."

Manchester City im Rückspiel mit Sané?

Inwiefern sein Vertrauen in Sané tatsächlich noch vorhanden ist, könnte sich schon am Mittwochabend im Rückspiel gegen Tottenham zeigen. City muss das 0:1 aus dem Hinspiel wettmachen, um das Halbfinale der Königsklasse zu erreichen. Da könnte es nicht schaden, den mit vier Toren und fünf Vorlagen besten Königsklassen-Scorer der Citizens spielen zu lassen. Andererseits ist Stammspieler Bernardo Silva wieder fit.

Wie sich Guardiolas proklamierte Bewunderung für Sané dagegen mittelfristig entwickelt, wird Konsequenzen für die Kaderplanung haben. In den vergangenen anderthalb Jahren hat Manchester City Verträge mit zehn Schlüsselspielern verlängert. Im Falle von Sané blieb eine Vollzugsmeldung hingegen bislang aus. Sein Vertrag endet 2021. Laut "Mirror" soll City zuletzt immerhin mit einer satten Gehaltserhöhung gelockt haben.

Florian Pütz