26.04.2019 13:56 Uhr

Schalke 04 in der Krise: Wo bleibt der Huub-Effekt?

Vor dem Derby beim BVB unter Druck: Trainer Huub Stevens vom FC Schalke 04
Vor dem Derby beim BVB unter Druck: Trainer Huub Stevens vom FC Schalke 04

Vor dem prestigeträchtigen und sportlich brisanten Revierderby bei Borussia Dortmund am Samstag steckt der FC Schalke 04 weiterhin im Abstiegskampf der Fußball-Bundesliga fest. Der Trainerwechsel von Domenico Tedesco hin zu Huub Stevens ist vollkommen verpufft. Schalkes "Jahrhundert-Trainer" wirkt zunehmend ratlos und lässt mit mysteriösen Andeutungen aufhorchen.

Was Huub Stevens in der Pressekonferenz des FC Schalke 04 zwei Tage vor dem Derby beim BVB mitteilte, war überwiegend nicht sonderlich spektakulär: Ja, er würde den Dortmundern zur Meisterschaft gratulieren. Ja, die erneute Strafversetzung von Nabil Bentaleb zur U23 sei alternativlos gewesen. Nein, im Derby wolle Schalke nicht nur auf Kampf, sondern auch auf "fußballerische Qualität" setzen.

Eine Aussage von Stevens jedoch schlug anschließend größere Wellen. Angesprochen auf den Zustand der Mannschaft, erklärte der Niederländer: "Ich kann und darf nicht alles ehrlich sagen. Vielleicht wird es noch einmal kommen, vielleicht intern, vielleicht in der Öffentlichkeit."

Die Probleme gingen "in mehrere Richtungen", einige habe das eigentliche Aufsichtsratsmitglied bereits vor der erneuten Übernahme des Traineramtes von der Tribüne aus erkannt, "aber wenn du nicht in der Kabine oder auf dem Platz bist, siehst und hörst du nicht alles. Von daher wirst du schon überrascht, wenn du damit arbeitest."

"Retter" Huub Stevens verzweifelt am FC Schalke 04

Was Stevens mit seinen verklausulierten Formulierungen genau meinte, blieb im Dunkeln. Fakt ist: Das Schalker Team ist als solches eigentlich seit Monaten gar nicht mehr zu bezeichnen.

Grüppchenbildung, Eifersüchteleien, fehlende Mentalität auf und neben dem Platz: Im Hinblick auf den Kader, mit dem Stevens arbeiten muss, drängt sich der Begriff "Sauhaufen" förmlich auf.

Dass der erfahrene und eigentlich mit allen Wassern gewaschene Coach die Rettung Schalkes bereits mehrfach als "bisher schwierigste Aufgabe" seiner Karriere bezeichnete, verwundert kaum.

Stevens, der im Fußball-Geschäft nach seinen Erfahrungen beim Hamburger SV und beim VfB Stuttgart bis dato als versierter "Retter" galt, verzweifelt ausgerechnet an "seinem" Schalke.

Stevens' Bilanz auf Schalke schlechter als die von Tedesco

Die Bilanz der Knappen seit dem Amtsantritt des Hoffnungsträgers liest sich desaströs, es ist ohne Wenn und Aber die eines ganz heißen Abstiegskandidaten. 

In den fünf Bundesligaspielen seit der Beurlaubung von Stevens' Vorgänger Domenico Tedesco gab es lediglich einen Sieg, das äußerst glückliche 1:0 bei Tabellenschlusslicht Hannover 96 am 27. Spieltag. Dem gegenüber stehen Niederlagen gegen RB Leipzig (0:1), Eintracht Frankfurt (1:2) sowie 1899 Hoffenheim (2:5) und ein mageres 1:1 beim 1. FC Nürnberg.

Auch der Blick hinter die reinen Ergebnisse verrät: Den erhofften "Huub-Effekt" gab es auf Schalke nicht.

Nach wie vor bringt der kleinste Gegenwind die Mannschaft aus dem Tritt. Gegen Hoffenheim zerbrach sie trotz ordentlicher Leistung in der guten Stunde zuvor nach dem Gegentreffer zum 1:3 in ihre Einzelteile. Weder defensiv noch offensiv sind echte Fortschritte zu beobachten. Die Frage muss erlaubt sein: Ist der Erfolgstrainer von gestern heute womöglich nicht mehr gut genug?

Frappierend: Unter Tedesco lag der Punkteschnitt in dieser Spielzeit immerhin noch bei 0,92, unter Stevens sammelt Schalke nur 0,8 Zähler pro Partie. Den auf Rang 15 abgestürzten Vizemeister trennen schlicht und ergreifend nur deswegen sechs Punkte vom Relegationsplatz, weil Stuttgart, Nürnberg und Hannover noch schlechter sind.

Revierderby beim BVB ein Schlüsselspiel für Schalke und Stevens

In dieser prekären Situation ist das Derby nicht nur für die Schalker Fans das Spiel des Jahres. Auch für den Erfolg von Stevens' Mission Klassenerhalt kommt der Partie eine Schlüsselrolle zu. "Das Derby ist immer wichtig", erklärte der Interimstrainer.

Gelingt den Königsblauen ein Überraschungserfolg beim BVB, wäre der Klassenerhalt wohl besiegelt - und, ein nicht zu unterschätzender Nebeneffekt für das Schalker Seelenleben, das Titelrennen für Dortmund verloren.

Ganz sicher ist sich Stevens allerdings nicht, dass seine Schützlinge die Zeichen der Zeit verstanden haben. "Ich kann nur sagen, was ich sehe. Die Jungs machen kleine Schritte. Der eine macht es schneller, andere verstehen es vielleicht immer noch nicht. Ich hoffe, dass die Spieler, die am Samstag spielen, wissen, was gefragt ist", sagte der 65-Jährige.

Tobias Knoop